Corona, Energieengpässe, Inflation, Ukrainekrieg – die Krisen, mit denen die Ampelkoalition in ihren ersten Monaten zu kämpfen hat, reichen für mehr als eine ganze Legislaturperiode. Zu den ersten Opfern des permanenten Krisenmodus gehört der Bundeshaushalt. Im laufenden Jahr wollte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eigentlich langsam die Normalisierung einläuten und die Nettoneuverschuldung auf 100 Milliarden Euro zurückfahren. Stattdessen plant die Regierung jetzt zusätzlich ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro und einen Ergänzungshaushalt im zweistelligen Milliardenbereich. Den Staatshaushalt belasten obendrein die schlechteren Konjunkturprognosen. Die vor einem halben Jahr im Wahlkampf vorgetragenen Steuersenkungsideen der FDP erscheinen in dieser Situation wie von einem anderen Stern.
Akute Hilfspakete
Schon bei den Koalitionsverhandlungen konnten sich die Liberalen damit kaum durchsetzen und mussten sich darauf konzentrieren, Steuererhöhungen zu verhindern. Ähnlich wie die vorangegangenen beiden großen Koalitionen hat sich die Ampelkoalition auf eine Steuerpolitik des kleinsten gemeinsamen Nenners geeinigt. Eher technisch und wenig inspirierend stellen sich die aktuellen steuergesetzlichen Arbeitspakete der Koalition dar. Das 4. Corona-Steuerhilfegesetz verlängert im Wesentlichen aus den Vorjahren bekannte Krisenmaßnahmen und fügt lediglich einen dauerhaft auf zwei Jahre verlängerten Verlustrücktrag hinzu. Das Steuerentlastungsgesetz 2022 enthält drei kleinere Verbesserungen nur für Privatpersonen. Im Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Zinsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeichnet sich eine minimalinvasive Lösung ab, die sich allein auf Verzugs- und Erstattungszinsen beschränkt und beispielsweise die Abzinsung von (Pensions-)Rückstellungen nicht aufgreift.
Anreize für Investitionen
Die verbliebenen Hoffnungen der Wirtschaft ruhen insbesondere auf der angekündigten Superabschreibung, die mittlerweile als „Klima- und Investitionszulage“ firmiert. Würde die Koalition hier klotzen und nicht kleckern, könnte sie einen starken Anreiz für Investitionen auch in Krisenzeiten setzen. Ein solcher Impuls wäre im Bereich der Digitalisierung nach der De-facto-Rücknahme der sogenannten Digi-AfA für bilanzierende Unternehmen auch dringend nötig. Allerdings steht ein derartiges Förderinstrument unter dem Vorbehalt, dass die EU-Kommission keinen Verstoß gegen das europäische Beihilferecht sieht. Harte Verhandlungen mit Brüssel sind hier absehbar – was ein Grund dafür sein dürfte, dass sich Finanzminister Lindner mittlerweile davon verabschiedet hat, die Zulage bereits im laufenden Jahr zu gewähren.