Geld ist nicht mehr leicht und unbegrenzt verfügbar. Wer jetzt refinanzieren muss, steckt tief in der Zwickmühle. Gerade bei scharf kalkulierenden Private-Equity-Unternehmen sind massive Kostensenkungsprogramme zu beobachten, um insbesondere die Cash-Situation zu verbessern. Stand in den vergangenen Jahren die Rendite allein im Vordergrund, geht es nun um Liquidität first! Der Cashflow-Forecast für die nächsten drei bis sechs Monate wird zum unverzichtbaren Führungsinstrument. Ganze Geschäftsmodelle werden infrage gestellt, ertragsschwache Sparten geraten unter existenzgefährdenden Druck.
Schnelles Geld lässt sich in gewissen Maßen durch Factoring generieren, durch ein besseres Management von Forderungen und Verbindlichkeiten oder in der Lagerhaltung. Es geht um die Optimierung von Working Capital, ein Aspekt, der in den fetten Zeiten der vergangenen Jahre zu oft vernachlässigt wurde. Zum Instrumentarium zählen etwa auch Patronatserklärungen, Rangrücktritte, Forderungsverzichte mit Besserungsschein bis hin zu Debt-Equity-Swaps oder Debt-Mezzanine-Swaps. Im globalen Sturm kommt es auch vermehrt zu Distressed-M&A-Deals. „Welche Sparten kann ich schnell abstoßen, um Cash zu generieren?“, so lautet in einigen Vorstands- und Geschäftsführungsetagen die brennende Frage.
Was den Umgang mit defizitären Geschäftsbereichen angeht, gilt der altbekannte Grundsatz: „Fix it, close it or sell it!“ Wichtig ist eine frühzeitige Kosten-Nutzen-Abwägung. Meist geht es darum, einen drohenden Verlust zu minimieren. Hierzu ein plakatives Beispiel: Eine Restrukturierung würde 100 Millionen Euro kosten, eine Liquidation 140 Millionen, eine geregelte Insolvenz 90 Millionen und ein Verkauf brächte einen Verlust von 60 bis 70 Millionen Euro. Damit läge ein Carve-out, ob intern oder extern separiert, auf der Hand, der mit einem parallel laufenden Kostensenkungsprogramm vorzubereiten wäre. Dabei bleibt zu beachten, dass es in der Beratungspraxis häufig eine entscheidende Rolle spielt, ob es sich um ein Unternehmen handelt, welches kapitalmarktorientiert agiert oder nicht. Erstere müssen sich im Interesse der Anteilseigner eher von defizitären Bereichen trennen („Sell it or close it“), Letztere bemühen sich aus persönlichen Gründen stärker um ein „Fix it“.
Ein Carve-out ist ein komplexes Projekt. Ungenügende Vorbereitung und fehlendes Know-how bergen hohe Risiken bei der Durchführung der Transaktion. Sämtliche M&A-Prozesse müssen zielgenau und effizient ablaufen. Bei EY beispielsweise würde ein Team aus verschiedenen Services und Fachleuten zusammenarbeiten: M&A, Tax & Legal, Real Estate, ESG, Strukturierung, Arbeitsrecht, Branchenkenner, Dealmaker, Haircut-Profis und Fachleute aus allen betroffenen Ländern, die die jeweilige Rechtslage kennen.
Dabei gilt es insbesondere, steuerliche Fragestellungen frühzeitig in die Planungen einzubinden. Denn einerseits kann bei einem Carve-out steuerliches Optimierungspotenzial gehoben werden, andererseits ist es wichtig, steuerliche Fallstricke zu kennen. Trennt man sich von einem Verlustgeschäft, geht es insbesondere um die steuerlich effiziente Verlustnutzung. Ist profitables Geschäft Gegenstand des Carve-outs, geht es insbesondere darum, steuerpflichtige Umstrukturierungen, die zur Aufdeckung stiller Reserven führen, von vornherein zu vermeiden. Das heißt, ein besonderes Augenmerk muss möglichen stillen Reserven im abzuspaltenden Vermögen gelten, die bei einem Verkauf zu versteuern wären. Während ein Asset-Deal regelmäßig steuerpflichtig ist, kann durch bestimmte vorangestellte Umwandlungsvorgänge wie beispielsweise eine Ab- oder Aufspaltung möglicherweise eine steuerneutrale Übertragung gelingen. Denn unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen und im Geltungsbereich des Umwandlungsteuergesetzes ist es möglich, Geschäftsbereiche zu separieren und steuerneutral auf andere Rechtsträger zu übertragen.
Wesentliche Voraussetzung für eine steuerneutrale Abspaltung ist, dass ein „Teilbetrieb“ übertragen wird und ein (weiterer) Teilbetrieb bei der Gesellschaft verbleibt. Es müssen also mindestens zwei Teilbetriebe vor der Abspaltung vorliegen (sog. doppeltes Teilbetriebserfordernis). In der Praxis ist es häufig – insbesondere aufgrund von Sachverhaltsunschärfen – umstritten und auch regelmäßig Gegenstand von Diskussionen in Betriebsprüfungen, ob die strikten Anforderungen an einen Teilbetrieb erfüllt sind.
Alternativ, bei entsprechender Vorbereitungsstrukturierung, kann eine steuerneutrale Separierung von Geschäftsbereichen auch ohne die Erfüllung des doppelten Teilbetriebserfordernisses erreicht werden. Überdies ist es möglich, dass bei einem anschließenden Verkauf etwaige Sperrfristen, ausgelöst durch eine vorangegangene Separierung, nicht verletzt werden und es somit nicht zur unerwünschten Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven kommt. Maßgeblich dafür sind insbesondere die aktuellen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 15. Juli 2021 (Az. IV R 36/18) und vom 18. August 2021 (Az. XI R 20/19). Daher ist es hier wichtig, stets auf dem neuesten Stand der Gesetzgebung und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zu sein.
Auf der Basis der ergangenen höchstfinanzgerichtlichen Rechtsprechung kann beispielsweise aus dem Gesamtbetrieb zunächst ein (fiktiver) Teilbetrieb gebildet werden. Dazu überträgt die Kapitalgesellschaft den zu separierenden Geschäftsbereich (der ggf. nur aus einzelnen Wirtschaftsgütern besteht) steuerneutral auf eine Tochter-Personengesellschaft unter Fortführung der Buchwerte (§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG). Anschließend kann der Mitunternehmeranteil als fiktiver Teilbetrieb beispielsweise in eine Tochter-Kapitalgesellschaft unter Fortführung der Buchwerte eingebracht werden (§ 20 UmwStG). Im Fall der Einbringung bleibt es ebenfalls bei der Steuerneutralität, weil der Bundesfinanzhof anerkannt hat, dass es mangels eines Wechsels der stillen Reserven aus dem Einkommensteuer- in das Körperschaftsteuerregime nicht zu einer Sperrfristverletzung kommt.
Zu beachten ist hierbei allerdings, dass die Anteile an der Tochter-Kapitalgesellschaft für sieben Jahre sperrfristbehaftet sind, sodass die vorherige Einbringung im Falle einer Veräußerung innerhalb von sieben Jahren rückwirkend steuerpflichtig wird. Ein eventueller Veräußerungsgewinn schmilzt aber über die Siebenjahresfrist ab, sodass beispielsweise bei einer Veräußerung nach zwei Jahren nur fünf Siebtel der stillen Reserven zu versteuern wären. Rechtzeitige Planung und Vorbereitung lohnt sich daher. Weiterhin würde die Sperrfrist nicht verletzt, wenn man die Anteile nicht an den potenziellen Erwerber veräußert, sondern diesen über eine Kapitalerhöhung als Joint-Venture-Partner ins Boot holt.
Auch wenn es nicht zu Carve-outs und anderen M&A kommt, sollte die Steuerfunktion die Erhöhung von Inflation und Zinsen genau im Blick behalten. Zwischen Konzerngesellschaften könnte es geboten sein, die Verrechnungspreise zu ändern, um den geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Auch gewinnt die sog. Zinsschranke, also die beschränkte steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen, an Bedeutung. Betroffene Unternehmen könnten reagieren, indem sie die Zinshöhe steuereffizient ausgestalten, Sachdarlehen einsetzen, den Zinsaufwand im Konzern geschickt verteilen und andere Maßnahmen, wie die Justierung von Eigenkapitalquoten bei einzelnen Konzerngesellschaften, ergreifen.