Forderungsverzicht eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft gegen Besserungsschein

Der Verlust aus einem Forderungsverzicht gegen Besserungsschein ist laut BFH bereits im Zeitpunkt des Verzichts zu berücksichtigen und nicht erst, wenn feststeht, dass die auflösende Bedingung nicht mehr eintreten wird.  

Im konkreten Fall (Streitjahr 2009) verzichtete ein Gesellschafter einer GmbH auf seine gegenüber der GmbH bestehende Darlehensforderung. Der Verzicht erfolgte unter der auflösenden Bedingung, dass die GmbH wirtschaftlich und finanziell in der Lage sei, sämtliche Darlehen in vollständiger Höhe aus einem Bilanzgewinn oder einem Liquidationsüberschuss zurückzuzahlen („Besserungsschein“). Den hieraus entstandenen Verlust machte der Gesellschafter als Werbungskosten im Verzichtsjahr geltend. Uneinigkeit herrschte insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts, in dem der Verlust zu berücksichtigen ist.

Der BFH entschied mit Urteil vom 19.11.2024 (VIII R 8/22), dass der Verlust aus dem nicht werthaltigen Teil der Darlehensforderung bereits im Zeitpunkt des Verzichts gemäß § 20 Abs. 2 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist. Für die Verlustberücksichtigung im Zeitpunkt des Forderungsverzichts gegen Besserungsschein als punktuellem Ereignis spricht die Endgültigkeit des Verzichts. Der Forderungsverzicht unter Besserungsvorbehalt führt zivilrechtlich zum sofortigen Wegfall der Forderung. Im Verzichtszeitpunkt erfolgt eine Umqualifikation des Darlehens von Fremd- in Eigenkapital. Ein ggf. späterer Besserungsfall begründet einen neu zu beurteilenden Sachverhalt. Damit widersprach der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die steuerlichen Rechtsfolgen des bedingten Verzichts erst zu berücksichtigen seien, wenn und sobald feststehe, dass die Bedingung nicht mehr eintrete. Insoweit steht die Entscheidung des BFH wohl auch im Widerspruch zum BMF-Schreiben vom 19.05.2022 zu den Einzelfragen der Abgeltungsteuer (Rz. 62), wonach der Verlust erst im Zeitpunkt des endgültigen Verzichts (d.h. Wegfall des Besserungsscheins ohne dass die Besserung eingetreten ist) realisiert wird. 

Weiter führt der BFH aus, dass der Verlust aus dem Forderungsverzicht auch nicht wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht unbeachtlich war. Im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer wird diese widerlegbar vermutet. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung von Gesellschafterdarlehen und Gesellschafterbeteiligung sind neben den Zinseinkünften auch Gewinnchancen aus der Beteiligung zu berücksichtigen (vgl. bereits BFH-Urteil v. 20.06.2023, IX R 2/22). Im Streitfall wurde die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht widerlegt.

Der BFH äußerte sich auch zum Vorrangverhältnis von § 17 EStG gegenüber § 20 Abs. 2 EStG unter Berücksichtigung von § 20 Abs. 8 EStG. § 20 Abs. 2 EStG ist demnach nur insoweit gesperrt, als dass sich der Verlust im Rahmen des § 17 EStG auswirkt. Dies setzt nach Ansicht des BFH insbesondere voraus, dass die Tatbestände des § 20 Abs. 2 EStG und des § 17 Abs. 4 EStG im selben Veranlagungszeitraum verwirklicht werden.

Zu § 17 Abs. 2a EStG (nachträgliche Anschaffungskosten) musste der BFH keine Stellung beziehen, da die Vorschrift im Streitjahr (2009) zeitlich noch nicht anwendbar war. 

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier

You are visiting EY deu-aut (de)
deu-aut de