- Investitionssumme steigt im Vergleich zu 2023 um 17 Prozent
- Die Zahl der Finanzierungsrunden sinkt dagegen im Vergleich zu 2023 um 12 Prozent auf 755
- Bayern überholt bei der Investitionssumme erstmals Berlin
- Dr. Thomas Prüver: „Die Tatsache, dass Bayern Berlin als führenden Standort für Risikokapitalinvestitionen überholt hat, zeigt die dynamische Entwicklung innerhalb der Szene“
Die Kurve zeigt wieder nach oben: Jungunternehmen aus Deutschland erhielten im Jahr 2024 mehr als sieben Milliarden Euro von Investoren – knapp eine Milliarde mehr als in den zwölf Monaten zuvor (plus 17 Prozent). Dies bedeutet zwar immer noch ein Minus von fast 60 Prozent im Vergleich zum Rekordjahr 2021, als 17,4 Milliarden Euro an heimische Startups flossen. Allerdings: Nach zwei Jahren im Sinkflug steigt die Investitionssumme wieder. Die Anzahl der Finanzierungsrunden bleibt dagegen im dritten Jahr in Folge rückläufig: 755 Deals bedeuten zwölf Prozent weniger Abschlüsse als 2023 (861). Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2021 lag die Zahl der Investitionsrunden noch bei 1.160.
Die positive Entwicklung bei der Investitionssumme ist auf die Zunahme großer Deals zurückzuführen: Im Gesamtjahr 2024 gab es 29 Großinvestitionen mit einem Finanzierungsvolumen von jeweils mindestens 50 Millionen Euro – immerhin acht mehr als im Vorjahr. Auch in der Größenkategorie von Deals mit einem Finanzierungsvolumen zwischen 10 und 50 Millionen Euro stieg die Anzahl der Abschlüsse: von 95 im Vorjahr auf 102 im Jahr 2024.
Das zeigt das Startup-Barometer der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Die Studie basiert auf einer Analyse der Investitionen in deutsche Startups. Als Startups werden dabei grundsätzlich Unternehmen gewertet, die nicht älter als zehn Jahre sind.
Dr. Thomas Prüver, Partner bei EY: „Hohen Zinsen, zurückhaltenden Investoren und einer schwachen Konjunkturentwicklung zum Trotz hat sich die Startup-Szene in Deutschland nach einer Talsohle in den vergangenen Jahren im Jahr 2024 stabilisiert. Das zweite Halbjahr könnte sogar die Trendwende gebracht haben.“ In der zweiten Jahreshälfte lagen erstmals seit dem Jahr 2021 sowohl die Zahl der Investitionsprojekte als auch das Investitionsvolumen über dem Wert des vorangegangenen Halbjahrs. „Mehr als sieben Milliarden Euro an Investments zeugen von der Innovationsstärke der Jungunternehmen, die sich in den vergangenen Jahren noch stärker auf die schnelle und gleichzeitig langfristige wirtschaftliche Umsetzbarkeit ihrer Geschäftsmodelle konzentrieren mussten – und das offenbar mit Erfolg, über die verschiedenen Sektoren und Regionen hinweg.“
Die drei größten Investitionssummen in den vergangenen zwölf Monaten gingen an Startups aus dem Bereich Tech: So konnte Helsing aus Bayern (Künstliche Intelligenz) 450 Millionen Euro an Risikokapital sammeln. Wie im Vorjahr geht damit die größte Finanzspritze des Jahres nicht in die Hauptstadt – die erstmals seit Beginn der Erhebung überhaupt nicht in der Deal-Top-10 vertreten ist. Hinter Helsing folgen DeepL aus Köln (Online-Übersetzung) mit einer Finanzierungssumme von 277 Millionen Euro und Black Semiconductor aus Aachen (Halbleiter) mit 250 Millionen Euro. Insgesamt kommt die Hälfte der Top 10 aus Bayern, zwei Unternehmen aus NRW und jeweils eines aus Hamburg, Hessen und Baden-Württemberg.
Investitionssummen: Berlin verliert Spitzenplatz im Länderranking
Schon im vergangenen Jahr schmolz der Vorsprung – jetzt muss Berlin den Startup-Staffelstab an Bayern übergeben: Jungunternehmen aus dem Freistaat im Süden Deutschlands sammelten im Jahr 2024 insgesamt 2,3 Milliarden Euro ein (plus 614 Millionen Euro). Berliner Jungunternehmen kamen im selben Zeitraum auf 2,2 Milliarden Euro (minus 204 Millionen Euro). Bei der Zahl der Finanzierungsrunden liegt allerdings weiterhin Berlin vorn – trotz eines Rückgangs um zehn Prozent auf 256 Finanzierungen. Dahinter folgen Bayern mit 164 Finanzierungsrunden (minus fünf Prozent) und NRW mit 78 Runden (minus 31 Prozent).
Prüver: „Dass Bayern erstmals Berlin bei der Finanzierungssumme überholt hat, ist auf den Tech- und KI-Boom zurückzuführen – hier liegt Bayern vorn. Gleichzeitig sehen wir einen deutlichen Rückgang bei E-Commerce-Investitionen, der traditionellen Stärke des Standorts Berlin.“ Prüver betont allerdings: „Berlin bleibt eine der wichtigsten Startup-Metropolen in Europa, mit einem sehr diversen und vielfältigen Mix an Jungunternehmen aus den verschiedensten Bereichen. Der Fakt, dass die Hauptstadt weiterhin die höchste Anzahl an Deals erzielt, unterstreicht dies.“
Aktuell stehen Bayern mit 33 Prozent und Berlin mit 31 Prozent für fast zwei Drittel der Gesamtfinanzierungssumme im deutschen Startup-Ökosystem. Auf Rang drei folgt die Startup-Szene Nordrhein-Westfalens, die einen Zustrom an Risikokapital von 951 Millionen Euro verzeichnete (plus 620 Millionen Euro) und damit einen Marktanteil von 14 Prozent erreicht
Große Investitionssummen bei KI-Startups
Künstliche Intelligenz bleibt aus Investorensicht eines der vielversprechendsten Themen: Deutsche Jungunternehmen aus dem Bereich Software & Analytics erzielten ein Gesamtinvestitionsvolumen von gut 2,2 Milliarden Euro – fast 200 Millionen mehr als im Vorjahr. Dahinter folgt der Health-Sektor, dessen Startups ein Gesamtvolumen von 958 Millionen Euro realisierten – und damit mehr als doppelt so viel wie 2023. Platz drei belegt der Bereich Energy: Startups aus diesem Sektor konnten 841 Millionen Euro Risikokapital sammeln, knapp 160 Millionen Euro weniger als 2023. Prüvers Fazit: „Das Startup-Ökosystem hat aus den Krisen der Vergangenheit gelernt und vielfach die richtigen Schlüsse gezogen und Entscheidungen getroffen, um sich für die Zukunft – die wirtschaftlich, geopolitisch und gesellschaftlich weiter herausfordernd bleibt – neu aufzustellen. Schlüsselsektor ist dabei der Technologie-Bereich, der immer deutlicher zum wichtigsten Wachstumsmotor der Szene wird.“
Die komplette Analyse können Sie hier kostenlos herunterladen.