Phase 3: Umsetzung
In dieser neuralgischen Phase werden alle ausführlichen Planungen und Vorbereitungen umgesetzt. Alle Maßnahmen müssen ineinandergreifen, vom Beginn der konkreten Vorbereitungen bis zum Stichtag des Wirksamwerdens des Carve-outs („Day 1“ oder „Go-live“).
Tax
Aus steuerlicher Sicht muss eine enge Abstimmung mit allen beteiligten Workstreams sicherstellen, dass das angedachte Konzept wie geplant umgesetzt wird. Dies ist umso wichtiger, wenn im Rahmen der Detailplanung (Phase 2) erfolgreich ein Ruling beantragt wurde, dessen Bindungswirkung an die tatsächliche Umsetzung des dargelegten Sachverhalts geknüpft ist. Hierbei kommt es regelmäßig auf Details an, die im Rahmen der steuerlichen Durchsicht der Transaktionsdokumente zu prüfen sind. Auch steuerliche Compliance-Pflichten sind zu erfüllen, insbesondere mit Blick auf Transaktions- oder Stempelsteuern. Um einen reibungslosen Ablauf der operativen Prozesse ab Day 1 zu gewährleisten, ist es aus umsatzsteuerlicher Sicht essenziell, dass die IT-System-technischen Voraussetzungen für die Rechnungsstellung in der neuen Struktur gegeben sind. Hierfür ist eine enge Abstimmung zwischen Accounting, Tax und IT erforderlich.
Legal
Zentrales Element für die Umsetzung ist der zuvor entwickelte digitale Micro Plan. Die darin enthaltenen Schritte werden nicht nur abgearbeitet. Der Micro Plan dient mithilfe maßgeschneiderter Dashboards und KPIs via DTS auch als Live-Tracker des jeweiligen Status quo. Diese Funktionen bieten allen Beteiligten jederzeit eine transparente Nachverfolgung des Projektfortschritts. Unseren deutschen EY-Lead-Teams ermöglicht DTS zentral die effiziente Steuerung der diversen lokalen Teams. Globale Entwürfe (beispielsweise von standardisierten Kauf- und Übertragungsverträgen) werden automatisiert anhand der auf DTS eingespeisten Informationen zu den beteiligten Gesellschaften vorbereitet und nur so weit an lokale Anforderungen angepasst, wie es rechtlich zwingend erforderlich ist. Der Umfang der Dokumentation und die Komplexität der rechtlichen Umsetzung hängen im Einzelfall von der gewählten Gestaltungsoption und dem anzuwendenden Recht ab. Jeder Carve-out bringt eigene Herausforderungen mit sich, beispielsweise erfordern Transaktionen in regulierten Branchen und komplexen Jurisdiktionen (wie China) einen erheblich höheren Aufwand.
Valuation
Der Fokus liegt nun auf der Erstellung belastbarer Bewertungsgutachten für die lokalen Teile des auszugliedernden Geschäftsbereichs für steuerliche Zwecke. Steuerliche und rechtliche Erfordernisse werden ebenso wie nationale Besonderheiten bei der Erstellung dieser Bewertungsgutachten berücksichtigt. Als Ansatzpunkt dienen die in der Planungsphase durchgeführten indikativen Bewertungen. Für Deutschland basieren die Gutachten auf den berufsständischen Grundsätzen des IDW S 1. Diese erfordern eine Plausibilisierung der Planungsrechnung. Als Maßstab werden zum einen die rechnerische und formelle Plausibilität und zum anderen die interne und externe Plausibilität genannt.
Die rechnerische und formelle Plausibilität bezieht sich insbesondere auf die Fehlerfreiheit der Berechnungen und die Würdigung der getroffenen Annahmen hinsichtlich der Konsistenz einzelner Teilpläne. Zu prüfen ist etwa Folgendes: Steht die Planungsrechnung im Einklang mit den Erläuterungen des Managements und mit der Ist-Entwicklung in der Vergangenheit? Sind Veränderungen im Plan nachvollziehbar? Intern erfolgt eine Plausibilisierung anhand historischer Ist-Werte, von Soll-Ist- und Year-to-Date-Analysen der finanziellen Leistungsindikatoren. Wichtig sind überdies ein länderübergreifender Vergleich der wesentlichen KPIs nach dem jeweiligen Funktionsprofil und eine Sum-of-the-Parts-Betrachtung der auszugliedernden Geschäftsbereiche pro Land in Bezug auf den globalen Unternehmensplan.
Bei der Prüfung der externen Plausibilität wird die Planungsrechnung im Vergleich zu den erwarteten Markt- und Branchenentwicklungen analysiert und auch die künftige Entwicklung der Wettbewerber (Peergroup) in Bezug auf Wachstums- und Profitabilitätserwartungen betrachtet. Die Einordnung des Unternehmenswerts wird des Weiteren anhand marktorientierter Wertbandbreiten durch Börsen- und Transaktionsmultiplikatoren unterstützt.
SaT/Change
Zu den zentralen Aufgaben gehören die Umsetzung der Separationspläne und die Mobilisierung der Teams über unterschiedliche Fachbereiche und Ländergrenzen hinweg. Dabei ist immer eine Balance zwischen dem Carve-out, anderen laufenden Projekten und dem normalen Geschäftsbetrieb zu wahren, um die Arbeitsbelastung für die eigenen Mitarbeitenden handhabbar zu halten.
Erfahrungen aus der Umsetzungsphase
In der Umsetzungsphase geht Legal in den Lead. Gefüttert mit den Vorgaben der anderen Fachbereiche aus den vorherigen Phasen, insbesondere dem steuerlichen Carve-out-Konzept, muss jeder Schritt in rechtliche Mikroschritte aufgeteilt und die notwendigen Vertragsentwürfe zunächst erstellt und dann von den Fachbereichen geprüft werden. Ohne Plattformlösungen hat dieser Abstimmungsprozess das Potenzial, die E-Mail-Fächer der handelnden Personen zu sprengen.
Noch größere Sprengkraft birgt ein Umsetzungsprozess, der nicht von einem zentralen Legal-Team gesteuert wird. In diesen Fällen kommt es nicht selten dazu, dass so manche Umwandlungsart „Lost in Translation“ geht. Der zu separierende Geschäftsbereich landet dann auf einmal in der Tochtergesellschaft statt in der Schwestergesellschaft, da beispielsweise ein „Spin-off“ mit dem Hintergrund unterschiedlicher Rechtssysteme durchaus eine abweichende Bedeutung haben kann.
Neben der Vermeidung solcher Fauxpas gilt es bei der vertraglichen Umsetzung aber vor allem auch, darauf zu achten, dass die Unterschiede in den lokalen Rechtssystemen nicht zu Missverständnissen mit der deutschen Betriebsprüfung führen. So findet sich beispielsweise in US-amerikanischen Verschmelzungsverträgen häufig der Hinweis, dass diese eine Liquidation darstellen. Hiermit ist zwar lediglich die für deutsche steuerliche Zwecke unbeachtliche US-steuerliche Behandlung gemeint, es braucht aber nicht sonderlich viel Vorstellungskraft, dass in der deutsche Betriebsprüfung hieraus eine nicht vergleichbare Umwandlung konstruiert werden könnte (Verschmelzung = Auflösung ohne Abwicklung) mit dem Potenzial eines erheblichen Steuerschadens für den deutschen Gesellschafter (nicht vergleichbare Umwandlung = voll körperschaftsteuerpflichtige Sachausschüttung). Es empfiehlt sich daher, solche „Stolperfallen“ beim steuerlichen Review der Verträge zu beseitigen.
Wenn alle anderen Fachbereiche dann bereits zu neuen Ufern aufgebrochen sind und das Management sich über den erfolgreichen Carve-out-Prozess freut, stehen häufig noch einige steuerliche Compliance-Schritte aus. Die Abbildung in den Jahressteuererklärungen erfolgt in manchen Ländern bis zu zwei Jahre später. So manche Befreiung von Transaktionssteuern (beispielsweise britische Stempelsteuer oder deutsche Grunderwerbsteuer) muss mühsam bei den zuständigen Behörden beantragt und durchgesetzt werden. Wirklich abgeschlossen ist der Carve-out für die Steuerabteilung ohnehin erst, wenn das letzte Land festsetzungsverjährt ist.