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Nach einem verhaltenen Jahresbeginn hat der Steuergesetzgeber im zweiten Halbjahr 2023 v.a. mit der Mindeststeuer-Umsetzung und dem Wachstumschancengesetz den Turbo gezündet. Doch trotz ereignisreicher Wochen mitsamt Vermittlungsverfahren und Ausgliederung einzelner Teile in ein anderes Gesetz bleibt das Wachstumschancengesetz vorerst unvollendet. Der Jahresrückblick ruft darüber hinaus zahlreiche weitere Steuergesetze aus den letzten Monaten in Erinnerung und wirft einen Blick auf die steuerlichen Entwicklungen des kommenden Jahres.
Rückblick
Während in etlichen anderen EU-Mitgliedstaaten noch kein finales Umsetzungsgesetz vorliegt, ist die globale Mindeststeuer in Deutschland in trockenen Tüchern. Nach der Zustimmung durch den Bundesrat erfolgt in den kommenden Tagen die Verkündung im Bundesgesetzblatt (vgl. EY-Steuernachricht vom 15.12.2023)
CbCR-Austausch mit den USA endlich auf dauerhafter Basis: Damit in Deutschland tätige Tochtergesellschaften von US-Konzernen durch die länderbezogene Berichterstattung der US-Mutter von der Abgabe eines CbCR in Deutschland befreit sind, muss der bilaterale Austausch der CbCR sichergestellt sein. Mittlerweile findet dieser Austausch auf Basis eines dauerhaften bilateralen Abkommens statt (vgl. EY-Steuernachricht vom 09.02.2023), das seit dem 04.04.2023 wirksam ist (BGBl. II 2023, Nr. 129).
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (BGBl. I 2023, Nr. 354) gibt es insbesondere Verbesserungen bei der steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung (§§ 3 Nr. 39, 19a EStG), die allerdings weniger umfangreich ausfielen als anfangs geplant. Von der Fondsbranche lang ersehnt wurde die auf sämtliche Alternative Investmentfonds (AIF) ausgeweitete umsatzsteuerfreie Verwaltung dieser Fonds (§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG). Auf der Strecke geblieben ist dagegen eine ähnliche Regelung für die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber (vgl. EY-Steuernachricht vom 21.11.2023).
Um begleitende Maßnahmen zum Nachtragshaushalt 2023 und zum Bundeshaushalt 2024 umzusetzen, haben Bundestag und Bundesrat in der letzten Sitzungswoche in diesem Jahr ein Haushaltsfinanzierungsgesetz 2023 und ein Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 beschlossen. Letzteres enthält die für 2024 und 2025 erhöhte Stromsteuerentlastung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes (vgl. EY-Steuernachricht vom 15.12.2023) sowie die Anhebung des CO2-Preises auf 45 Euro/Tonne CO2 ab 2024 und 55 Euro/Tonne CO2 ab 2025 (vgl. EY-Steuernachricht vom 13.12.2023).
Die am 15.12.2023 vom Bundesrat bestätigte Steueroasen-Abwehrverordnung (StAbwV) wird auch im Jahr 2023 die zuletzt im Oktober aktualisierte EU-Blacklist für die Zwecke des deutschen Steueroasen-Abwehrgesetzes in nationales Recht umsetzen (vgl. EY-Steuernachricht vom 15.12.2023). Unabhängig von der StAbwV hat die EU-Blacklist direkte Auswirkung auf die Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen sowie das öffentliche CbCR.
Im Jahr 2023 wurden eine Reihe von DBA-Umsetzungsgesetzen auf den Weg gebracht. Das aktualisierte DBA mit Mexiko ist ab dem 01.01.2024 anwendbar. Bei den erneuerten DBA mit Bulgarien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Österreich und Schweden sind die Umsetzungsgesetze beschlossen, der exakte Anwendungszeitpunkt steht aber erst nach der erfolgten Ratifikation fest.
Der große Cliffhanger für 2024: Wie geht es mit dem Vermittlungsverfahren zum Wachstumschancengesetz weiter (vgl. EY-Steuernachricht vom 11.12.2023)? Da die unionsregierten Länder eine Verknüpfung mit dem Bundeshaushalt 2024 vorgenommen haben, dürfte mit der Aufnahme weiterer Gespräche nicht vor Mitte Januar 2024 zu rechnen sein, wenn der Haushaltsausschuss des Bundestags eine Anhörung durchführt und danach das Haushaltsgesetz finalisieren soll. Möglicherweise wird auch die Annahme des Haushaltsgesetzes durch Bundestag und Bundesrat abgewartet, die nach aktueller Planung bis zum 02.02.2024 erfolgen soll. Ob und in welcher Form eine Einigung auf das Wachstumschancengesetz gelingt, ist derzeit offen.
Auf den letzten Metern ausgegliedert wurden u.a. die Neufassung der Zinsschranke, diverse steuerrechtliche Anpassungen an das MoPeG sowie die Streichung der Besteuerung der sog. Dezemberhilfe (vgl. EY-Steuernachricht vom 13.12.2023). Diese Punkte treten zum 01.01.2024 in Kraft.
In einer Übersicht haben wir die aus dem WtChancenG ausgegliederten Bestandteile zusammengestellt.
Ausblick
Als Teil der Einigung zum Bundeshaushalt 2024 will die Bundesregierung sog. klimaschädliche Subventionen abbauen und damit Steuermehreinnahmen erzielen. Voraussichtlich zeitnah ist dafür mit Gesetzentwürfen zu folgenden Maßnahmen zu rechnen:
Umlage der EU-Plastikabgabe auf die Verursacher (bisher wurde die Abgabe von der Allgemeinheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler getragen).
Abschaffung des Absenkungsmechanismus bei der Luftverkehrsabgabe und Erhöhung der Luftverkehrsabgabe, um zusätzliche Einnahmen in Höhe der Privilegierung bei der Energiebesteuerung von Kerosin im nationalen Luftverkehr zu generieren.
Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für Fahrzeuge in der Land- und Forstwirtschaft und der Steuerbegünstigung für Agrardiesel.
Bereits im Sommer 2023 beschlossen, wirkt sich das Gesetz zur Offenlegung von Ertragsteuerinformationen (pCbCR) in Deutschland erst auf nach dem 21.06.2024 beginnende Geschäftsjahre aus und ist damit erstmals ab dem kommenden Jahr zu beachten (vgl. EY-Steuernachricht vom 22.06.2023).
Anfangs schon für den Herbst 2023 angekündigt, wurde das nächste Jahressteuergesetz dem Vernehmen nach auf das zweite Quartal 2024 verschoben und dürfte demnach als Jahressteuergesetz 2024 firmieren. Über Inhalte ist noch nichts Belastbares bekannt.
Ebenfalls schon länger im Gespräch ist ein Bürokratieentlastungsgesetz IV. Laut den seit Oktober 2023 vorliegenden Eckpunkten ist aus steuerlicher Sicht bislang lediglich vorgesehen, die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen von 10 auf 8 Jahre zu verkürzen.
Im Sommer 2023 zwischenzeitlich auf Basis eines Eckpunktepapiers und eines kursierenden Diskussionsentwurfs diskutiert wurde eine umfangreiche Neufassung der grunderwerbsteuerlichen „Share Deal“-Regelungen in einem Grunderwerbsteuer-Novellierungsgesetz. Grundlage war ein Anfang 2023 von einer Arbeitsgruppe vorgestelltes „Modernisierungsmodell“. Offen ist, ob die Diskussion im Jahr 2024 neu aufgenommen wird.
Das MLI-Anwendungsgesetz (vgl. EY-Steuernachricht vom 21.12.2023) wird voraussichtlich ab dem 01.01.2025 Auswirkungen auf erste deutsche DBA haben.
Sofern im Lichte der ersten Erfahrungen mit der neuen Mindeststeuer gesetzliche Anpassungen erforderlich sind, hat das BMF die Bereitschaft erkennen lassen, mit einer „Mindeststeuer-Reparaturgesetzgebung“ kurzfristig nachzubessern. In diesem Zug könnte auch eine neue OECD Administrative Guidance umgesetzt werden (vgl. EY-Steuernachricht vom 21.12.2023).
In den kommenden Monaten steht die Veröffentlichung bedeutsamer Verwaltungsvorschriften an. Mit dem finalen AStG-Erlass ist kurzfristig noch in diesem Jahr zu rechnen. Die finalen Fassungen des UmwSt-Erlasses (Entwurf vom 11.10.2023, vgl. EY-Steuernachricht vom 11.10.2023) sowie der BMF-Schreiben zu § 4k EStG (Entwurf vom 13.07.2023, vgl. EY-Steuernachricht vom 17.07.2023) und zum Steueroasen-Abwehrgesetz (Entwurf vom 30.11.2023, vgl. EY-Steuernachricht vom 30.11.2023) sind voraussichtlich im ersten Halbjahr 2024 zu erwarten.
Aus steuerpolitischer Sicht kündigt sich damit ein ereignisreiches Jahr 2024 an. Ob es auch zu wesentlichen steuergesetzlichen Neuerungen kommt, hängt maßgeblich vom Ausgang des Vermittlungsverfahrens zum Wachstumschancengesetz sowie davon ab, mit welchen Überraschungen die steuerpolitischen Taktgeber im kommenden Jahr aufwarten.
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