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Wachsen, aber nachhaltig: Worauf Unternehmenschefs immer stärker achten

Die Nachhaltigkeitsperformance von Firmen hat einen immer größeren Einfluss auf deren Wert. Welche Rolle Portfoliomanagement dabei spielt.


Überblick

  • Tendenz steigend: Über 90 Prozent der Entscheider sind sich sicher, dass Nachhaltigkeitsthemen noch wichtiger werden.
  • Nachhaltigkeit wird damit zu einer zentralen Wertdeterminante.
  • Im Portfoliomanagement sind Nachhaltigkeitsaspekte derzeit noch eine Geheimzutat.

Deutsche Unternehmenslenker sind sich einig: Die Bedeutung von Nachhaltigkeit für den Wert des eigenen Unternehmens und für Investitionsentscheidungen verändert sich fundamental. Das zeigen die Ergebnisse der EY-Studie „Sustainability Portfolio Review“, für die 208 Unternehmen in Deutschland zur Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten im Rahmen von Investitionsentscheidungen befragt wurden.

Nachhaltigkeit darf kein Lippenbekenntnis sein

Die Europäische Union hat sich mit dem European Green Deal ambitionierte Ziele bis 2050 gesetzt. Um dieses Ziel zu erreichen, sind nicht nur die Bürgerinnen und Bürger der EU gefragt, sondern auch die Industrie, Handel, Landwirtschaft und Verkehr. Schon jetzt ist fast allen befragten Unternehmen bewusst, dass es gravierende Veränderungen geben wird.

Mehr als ein Lippenbekenntnis
der befragten Unternehmen erwarten Auswirkungen des Green Deal auf das eigene Geschäftsmodell.

Dies bedeutet im Klartext: Der Zeitpunkt für Unternehmen, sich den Herausforderungen und Chancen von Nachhaltigkeit zu stellen, ist genau jetzt. Hierbei darf der Fokus nicht allein auf die Dekarbonisierung gesetzt werden, sondern es bedarf der Berücksichtigung verschiedener strategisch relevanter Aspekte in den ESG-Dimensionen:

  • Umwelt (E): beispielsweise der effiziente Umgang mit seltenen Rohstoffen oder neue Lösungen für Produkte am Ende des Lebenszyklus
  • Soziales (S): beispielsweise die Achtung der Menschenrechte oder eine zielgerichtete Verbesserung von Diversität
  • Governance (G): beispielsweise die Etablierung effektiver Risikokontrollen oder eine angemessene und mit Nachhaltigkeit verknüpfte Vergütung

Dabei kann es nicht darum gehen, bei einzelnen Projekten erste Erfahrungen zu sammeln; vielmehr müssen Prozesse eingeführt werden, die das gesamte Unternehmen betreffen und das Geschäftsmodell auf Nachhaltigkeit hin überprüfen und optimieren.

Das Ökosystem treibt die Nachhaltigkeitstransformation

Um das Portfolio an Geschäftsaktivitäten ganzheitlich – d. h. inklusive Nachhaltigkeit – zu bewerten und Anpassungsbedarfe zu identifizieren, müssen Unternehmen verstehen, welche positiven und negativen Effekte sie durch ihr eigenes Handeln oder das Handeln ihrer Geschäftspartner auf die verschiedenen Stakeholder haben – und welche nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen für das bestehende Geschäftsmodell entstehen.

Die Studienergebnisse bestätigen, dass Nachhaltigkeit nicht länger nur eine regulatorische Herausforderung darstellt, sondern dass eine Vielzahl von Stakeholdern aus dem Ökosystem die Nachhaltigkeitstransformation von Unternehmen treibt.

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So haben beispielsweise die Ansprüche von Kunden an die Nachhaltigkeitsbemühungen von Unternehmen deutlich zugenommen. In der aktuellen Ausgabe des „EY Future Consumer Index“ gaben sechs von zehn Kundinnen und Kunden an, dass sie darauf achten, ob Anbieter von Produkten und Dienstleistungen hohe ökologische und soziale Standards erfüllen. Das sich verändernde Kaufverhalten ist einer der zentralen Treiber für die Nachhaltigkeitstransformation von Unternehmen.

Zusätzlich gehen neun von zehn der in der vorliegenden Studie befragten Firmen davon aus, dass Investoren zukünftig stärker noch als heute Wert auf Nachhaltigkeitsthemen legen werden, wenn sie Anlage- oder Finanzierungsentscheidungen treffen. Zwei von drei Befragten sind sogar der Meinung, dass diese Aspekte zukünftig „deutlich“ wichtiger für Investoren werden. Die Integration von Nachhaltigkeit in die strategische Ausrichtung macht somit die Kapitalmarktgeschichte attraktiver.

 

Um den wachsenden Anforderungen entsprechen zu können, greifen die regionalen, nationalen oder supranationalen Regulierungen nicht nur durch Rahmenwerke ein, sondern bieten zudem attraktive Programme zur Finanzierung der Nachhaltigkeitstransformation an: Verschiedene Fonds und Fördermittelprogramme im Wert von Hunderten Milliarden Euro setzen erhebliche finanzielle Anreize.

 

Für Unternehmen leiten sich aus den unterschiedlichen Stakeholder-Interessen konkrete Handlungsbedarfe ab:

  • Es braucht einen aktiven Stakeholder-Dialog, um verschiedene Bedürfnisse zu verstehen und sie in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen.
  • Regulatorik, Interessen und das Sentiment der Stakeholder können sich schnell wandeln, daher bedarf es eines aktiven Nachverfolgens der Entwicklungen, um rechtzeitig strategische Weichen zu stellen und durch gezielte Maßnahmen gegenzusteuern. In anderen Worten: Nachhaltigkeit muss ein aktiver Bestandteil der strategischen Überlegungen werden.

Steigende Transparenz reduziert die Möglichkeit, Dinge zu verstecken

Alle Befragten gehen zusätzlich davon aus, dass die Transparenz bei der Kommunikation von Nachhaltigkeitsaspekten in Zukunft weiter zunehmen wird.

Kein Verstecken mehr
erwarten eine steigende Transparenz bezüglich Nachhaltigkeitsaspekten.

Dies wird insbesondere getrieben durch neue und weiter standardisierte Offenlegungsvorschriften im Rahmen der Corporate Sustainabilitiy Reporting Directive (CSRD), die ab 2024 in Kraft tritt und große kapitalmarktorientierte europäische Unternehmen betrifft. Hierdurch werden auch die zu berichtenden Themenfelder konkretisiert und erweitert (z. B. doppelte Wesentlichkeit). Diese werden es den verschiedenen Stakeholdern erlauben, einfacher Drittvergleiche hinsichtlich der Nachhaltigkeitsperformance anzustellen – woraus sich ein direkter Wettbewerbsnachteil für einzelne Unternehmen ergeben kann. Unternehmen sollten daher schon heute die steigenden Transparenzanforderungen von morgen verstehen, um aktiv Maßnahmen zu ergreifen, die für die Außendarstellung relevant sind.

Nachhaltigkeit wird zu einer Wertdeterminanten

Nachhaltigkeit zeigt zudem die höchste Dynamik in Bezug auf die Wertentwicklung von Unternehmen. So geben 94 Prozent der Befragten an, dass die Bedeutung von Nachhaltigkeit für den Unternehmenswert steigen wird. Nachhaltigkeit liegt damit mit Abstand auf dem ersten Platz, noch vor der strategischen Ausrichtung (68 Prozent), der Qualität des Top-Managements/der Governance (52 Prozent) und Finanzkennzahlen (35 Prozent).

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Dies deckt sich mit den empirischen Ergebnissen, die sich am Kapitalmarkt in den letzten Jahren beobachten lassen. Die nachfolgende Darstellung unterteilt Unternehmen gemessen an ihrer Nachhaltigkeitsperformance in vier Gruppen. Für die Einteilung wird das ESG-Rating als Schätzgröße herangezogen. Bei Betrachtung der Bewertungsmultiplikatoren – eine Bewertungsmetrik, die den Unternehmenswert mit einer Finanzgröße ins Verhältnis setzt – zeigt sich, dass grüne Unternehmen vor drei Jahren im Durchschnitt einen Bewertungsabschlag hinnehmen mussten („Green Discount“). In den letzten Monaten hingegen zeigen sich „Greeniums“, d. h. höhere positive Bewertungsunterschiede für grüne Unternehmen.

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Nachhaltigkeit ist somit eine der zentralen Stellschrauben für die Steigerung des Unternehmenswertes. Dabei geht es nicht nur darum, dass sich die Außenwahrnehmung verbessert; auch operative Effekte spielen eine wichtige Rolle. Die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft erhöht beispielsweise die Materialeffizienz, und eine höhere Diversität oder verbesserte Arbeitsbedingungen steigern die Produktivität der Belegschaft. Dies treibt die positive Entwicklung von Umsatz und Margen.

Um den Unternehmenswert zu maximieren, müssen Konzerne das Thema Nachhaltigkeit also in ihrer strategischen Kapitalallokation berücksichtigen – dies umfasst die Analyse der aktuellen Aktivitäten wie auch die Bewertung strategischer Handlungsoptionen. Dies bedeutet ein neues Paradigma im Management des eigenen Portfolios: Sustainable Portfolio Management.

Fazit

Die dynamischen Veränderungen in den verschiedenen Umweltsphären verdeutlichen: Nachhaltigkeit ist längst nicht mehr nur ein „Nice-to-have“, sondern für viele Unternehmen überlebenswichtig. Es ist daher essenziell, die Nachhaltigkeitsperformance des Portfolios und der einzelnen Geschäftsbereiche zu verstehen. Bestehende Prozesse sollten durch modulare und agile Portfolioansätze angereichert werden. Dies erlaubt es, die ambivalenten Effekte einzelner exogener Faktoren auf das bestehende Geschäft zu analysieren und strategische Handlungsoptionen abzuleiten. Dies verstärkt die Fokussierung auf die Bedürfnisse der Geschäftseinheiten und erhöht die Flexibilität in der Ausgestaltung wie auch die Effektivität in der Umsetzung. Dies führt im wahrsten Sinne des Wortes zu einer nachhaltigen Transformation und Wertsteigerung.

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