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Kund:innen im Fokus: Wie sich der Gesundheitsbereich nachhaltig verändert

Das Gesundheitswesen wird zunehmend digital. Wie die Patient:innen dazu stehen, zeigt die EY-„Global Consumer Health“-Studie 2023.


Überblick

  • Im Spannungsfeld von technologischer Innovation und individuellen Kundenbedürfnissen liegt das größte Wettbewerbspotenzial im Gesundheitswesen.
  • Trotz hoher Kundenzufriedenheit in Bezug auf das Gesundheitssystem gibt es Verbesserungspotenzial im Service.
  • Die digitale Transformation birgt großes Potenzial. Neben praktischen Fragen ist die Sorge um Datenschutz jedoch eine hohe Hürde.

Das heutige Gesundheitswesen unterliegt einer sich ständig ändernden Dynamik aus Innovationen in der medizinischen Versorgung, neuen Regularien, individuellen Kundenerwartungen und vielfältigen technologischen Möglichkeiten der Digitalisierung und Datennutzung. Daraus ergeben sich umfassende Transformationsprozesse. Insgesamt dürfte die gesundheitliche Versorgung in den kommenden Jahren massiv von den Vorteilen digitaler und datenbasierter Lösungen profitieren.

Umso wichtiger ist es, dabei im Blick zu behalten, wo Kund:innen gerade stehen und wie ihre Gesundheitsreise bestmöglich gestaltet werden kann. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs ermöglicht dies eine effektivere Positionierung auf dem Markt. Zugleich wird damit die Grundlage zur digitalen Befähigung und somit zur Steigerung der Adoptionsrate  medizinischer und technologischer Innovationen gelegt.

Um bessere Ergebnisse in patientenzentrierten Systemen zu erzielen, ist es entscheidend, auf die Bedürfnisse der Kund:innen zu achten. Dafür hat EY Ende des ersten Quartals 2023 eine quantitative Studie mit mehr als 6.000 Personen in sechs Ländern durchgeführt. Im Fokus standen dabei Menschen aus den USA, Australien, Kanada, Irland, England und Deutschland, die in den vorangegangenen zwölf Monaten Kontakt mit ihrem Gesundheitssystem hatten.

Studie: Kundenfokus im Healthcare - Daten als Gamechanger

Perspektiven auf das digitale Gesundheitswesen der Zukunft

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Das Gesundheitssystem: Performance und Optimierungspotenziale

Das deutsche Gesundheitssystem gilt als eines der besten der Welt. Doch wie sehen die Kund:innen die Leistung des eigenen Gesundheitssystems? Grundsätzlich zeigt sich ein positiver Eindruck: Die Mehrheit der Befragten ist derzeit zufrieden. So bewerten 56 Prozent das Gesundheitssystem als überdurchschnittlich, 20 Prozent bewerten es als durchschnittlich und 24 Prozent als unterdurchschnittlich. Im Ländervergleich hat Deutschland damit nach Australien die zufriedensten Kund:innen. Deutlich negativer sieht die Bewertung in Irland aus, wo nur rund ein Drittel der Befragten das Gesundheitssystem als überdurchschnittlich bewertet.

Besonders positiv äußern sich die Befragten in Deutschland bei Fragen zum Zugang zur medizinischen Versorgung und wenn es um das Lindern von Schmerzen und Ängsten geht. Eine Mehrheit findet außerdem, dass das Gesundheitssystem einfach zu nutzen ist. Demnach ist das Gesundheitssystem gut aufgestellt, wenn es um prozessuale Aspekte wie etwa Terminvereinbarungen oder die Abstimmung zwischen Gesundheitsdienstleistern geht.

Aufholbedarf besteht dagegen im Hinblick auf Servicethemen. Geht es etwa darum, ob sie genug Gehör finden oder ob ihre Bedürfnisse ausreichend berücksichtigt werden, äußern sich die Befragten vermehrt negativ. Auch bei Aspekten wie Personalisierung, Mitspracherecht oder der aktiven Beteiligung am Versorgungsprozess sehen viele von ihnen Verbesserungspotenzial. Nur knapp über die Hälfte (52 Prozent) ist zufrieden mit dem Grad ihrer Beteiligung an ihrer eigenen Gesundheitsreise durch Diagnose und Therapie.



Zu den Kernaufgaben eines kundenzentrierten Gesundheitswesens gehört es, angesichts steigender Komplexität Orientierung zu bieten und Kund:innen aktiv zu beteiligen.



Doch was sagt es über ein Gesundheitssystem aus, wenn es einerseits einen höheren Grad an Patientenorientierung anstrebt, andererseits aber mehr als zwei von fünf Kund:innen keine Möglichkeit sehen, sich im gewünschten Umfang an der eigenen gesundheitlichen Versorgung zu beteiligen? Hinzu kommt, dass engagierte Kund:innen in der Regel bessere Gesundheitsergebnisse erzielen – sie sind motivierter, sich aktiv zu beteiligen, Behandlungspläne zu befolgen, Medikamente einzunehmen und sich stärker präventiv zu engagieren. Je stärker sie also eingebunden sind, desto mehr Verantwortung werden sie übernehmen. Daher sollte es sich für sämtliche Akteure im Gesundheitswesen lohnen, innovative und interaktive Strategien zur Einbindung ihrer Kund:innen zu entwickeln, um sie stärker einzubinden. Tatsächlich betrachten wir es sogar als eine der Kernaufgaben eines kundenzentrierten Gesundheitswesens, den Kund:innen angesichts steigender Komplexität Orientierung zu bieten und sie aktiv zu beteiligen.

Kundenorientierung und Preis -Leistungs-Verhältnis sind vorrangige Ansätze für Verbesserungen im deutschen Gesundheitssystem

Daten als wertvolles Gut im Spannungsfeld aus Sinnhaftigkeit, Kontrolle und Sicherheit 

Im Zuge der digitalen Transformation des Gesundheitswesens sind der zunehmende Wert von Patientendaten und ihr potenzieller Nutzen unbestritten. Die praktische Umsetzung scheitert jedoch noch häufig am fehlenden Vertrauen seitens der Patient:innen. Um deren Akzeptanz zu erhöhen, ist es notwendig, ihre Komfortzone besser zu verstehen: Welche Daten würden sie in welchen Situationen für welche Zwecke weitergeben?

Fast drei von vier Befragten stimmen der Aussage zu, dass Unternehmen im Gesundheitswesen deutlich machen müssen, wie sie die erhobenen medizinischen Daten verwenden und wie sie die Datensicherheit gewährleisten. Interessanterweise sind 56 Prozent der Kund:innen damit einverstanden, ihre medizinischen Daten weiterzugeben, wenn dies einem höheren Zweck dient, beispielsweise der Forschung. Gleichzeitig sind 50 Prozent der Meinung, dass medizinische Forschung für die menschliche Entwicklung zwar notwendig ist, das individuelle Recht auf die Kontrolle der eigenen medizinischen Daten jedoch nicht übersteigt.

Forschung und Privatsphäre im Widerspruch
der Befragten würden ihre Daten der Forschung überlassen. Gleichzeitig hält die Hälfte der Befragten die Datenhoheit des Einzelnen für wichtiger als den medizinischen Fortschritt.

Ein Ländervergleich zeigt an dieser Stelle, dass die Deutschen weit weniger dazu bereit sind, ihre Gesundheitsdaten zu teilen, als die Menschen in den anderen Ländern. Der Unterschied zeigt sich insbesondere in der Bereitschaft, die eigenen Daten für einen höheren Zweck zu teilen. England ist hier deutlich aufgeschlossener und führend: 71 Prozent der Befragten wären dazu bereit, ihre Daten zu teilen. Deutschland ist hier mit knapp 10 Prozentpunkten unter dem Durchschnitt das Schlusslicht.

Dies ist ein Versäumnis, denn Wearables und digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) wie auch die elektronische Patientenakte sind potenziell sehr ergiebige Quellen für neue, individualisierte Gesundheitsdaten. Die Bereitschaft zur Weitergabe dieser Daten hängt aber vom Zweck, von den Zielen der Verwendung und vom Schutz der Privatsphäre des einzelnen Menschen ab: Weil Daten die Grundlage für intelligente Gesundheitssysteme bilden, ist es wichtig, dass die Nutzerinnen und Nutzer darauf vertrauen können, dass ihre Daten sicher sind und sinnvoll genutzt werden. Zum wesentlichen Erfolgsfaktor für Unternehmen im Gesundheitswesen wird es somit, in dieser Hinsicht Vertrauen und Integrität zu vermitteln und die notwendigen technischen und rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.

Kaum Akzeptanz für Innovationen

 

Durch Technologie sind viele gesundheitliche Dienste virtuell nutzbar geworden. Zuletzt hat die COVID-19-Pandemie die Nachfrage nach telemedizinischen Beratungen und Behandlungen stark befeuert. Allerdings hat sich dieser Trend nicht im gleichen Maße in den Alltag nach der Pandemie übertragen. Mehr als drei von vier Kund:innen bevorzugen die persönliche Beratung gegenüber der virtuellen Sprechstunde. Als Gründe dafür nennen die Befragten, dass sie so Probleme physisch besser darstellen und eine persönlichere Verbindung mit den Ärzt:innen aufbauen können.

 

Anwendungsfälle für Telemedizin, gegenüber denen die Befragten aufgeschlossen sind, beziehen sich eher auf Themen abseits der eigentlichen Behandlung. Dazu gehören beispielsweise die Erneuerung von Rezepten oder das Besprechen von Testergebnissen. Um telemedizinische Angebote erfolgreich zu etablieren, bedarf es demnach geeigneter Onboarding-Strategien, um über klare Mehrwertkommunikation die Akzeptanz und das Verständnis der Kund:innen zu steigern. Virtuelle Versorgung muss also ansprechender gestaltet werden, um sie attraktiver zu machen. Im Falle von hybriden Versorgungsmodellen müssen persönliche und virtuelle Elemente optimal verbunden und damit Einstiegshürden gesenkt werden.

 

Die Kund:innen bevorzugen die persönliche Beratung gegenüber der virtuellen Beratung.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich im Interesse an beziehungsweise in der Bereitschaft zur Nutzung neuer digitaler Gesundheitstechnologien. Neben personalisierten Medikamenten (62 Prozent) und Gentests (61 Prozent) zeigen sich die Befragten tendenziell durchaus offen für die Nutzung von Wearables zur Sammlung und Übermittlung von Daten (56 Prozent). Auch bei nichttraditionellen Versorgungsformen wie der Versorgung in Apotheken und Sanitätshäusern sind sie nicht grundsätzlich abgeneigt (50 Prozent). Weniger aufgeschlossen sind sie gegenüber der Behandlung im eigenen Zuhause (47 Prozent), neuen Technologien wie Apps, die Diagnosen erstellen, oder online verschriebenen Medikamenten (43 Prozent) und der Behandlung mit sogenannten Smart Pills (36 Prozent). Diese neuen Technologien und Innovationen verlangen viel Aufklärungsarbeit und ein Bewusstsein für die Mehrwerte, um die Akzeptanz zu stärken.

Handlungsempfehlungen für eine höhere Kundenzentrierung

Manche Probleme, die das deutsche Gesundheitswesen derzeit aus Kundensicht aufweist, könnten durch bereits bestehende digitale Produkte und Services behoben werden. Beispiele sind einerseits die unzureichende Abstimmung zwischen Gesundheitsdienstleistern, die durch eine einheitliche Nutzung der elektronischen Patientenakte optimiert werden könnte, und andererseits die langen Wartezeiten auf Arzttermine, die sich durch virtuelle Terminvermittlung und Konsultationen gegebenenfalls auch reduzieren ließen. Diese Potenziale wurden vom Markt bereits erkannt und in Produkte und Services übersetzt.

Ein wirklicher Durchbruch ist damit bei den meisten Kund:innen jedoch noch nicht gelungen. Es gilt daher, stärker auf die persönlichen Wege und Bedürfnisse der Kund:innen einzugehen und diese zu verstehen. So können Daten heute vielfältig nutzbar gemacht werden, um Erkenntnisse aus den persönlichen Situationen der Kund:innen zu gewinnen und Angebote genau dann zu unterbreiten, wenn sie wirklich gebraucht werden.

Die Ergebnisse der Umfrage deuten außerdem darauf hin, dass Unternehmen im Gesundheitswesen noch viel Arbeit vor sich haben, wenn es darum geht, Vertrauen in neue Technologien und Innovationen bei den Kund:innen aufzubauen. Daher ist es für alle Aktivitäten grundlegend, über die Funktionsweisen innovativer Verfahren und Technologien umfassend aufzuklären, Risiken proaktiv anzusprechen und die jeweiligen Mehrwerte zu generieren und hervorzuheben.

Fazit

Die Digitalisierung im Gesundheitsbereich birgt große Potenziale für umfassende Verbesserungen. Der EY-„Global Consumer Health“-Studie 2023 zeigt jedoch, dass es besonders in Deutschland noch viele Vorbehalte gibt. Unternehmen im Gesundheitsbereich sollten ihren Kund:innen deshalb nicht nur deutlich signalisieren, dass sie von den neuen digitalen Lösungen profitieren können, sondern auch ihre Bedenken im Hinblick auf den Datenschutz ernst nehmen.

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