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Workation: Welche rechtlichen Fallstricke zu beachten sind

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Bei Workation sind Arbeiten und Freizeit eng verwoben. Der neue Trend für Mitarbeitende hat jedoch einige rechtliche Fallstricke. 


Überblick
  • Das Konzept Workation ähnelt der mobilen Arbeit, kombiniert mit Urlaub.
  • Es ergeben sich sowohl für die Unternehmen als auch für die Beschäftigten eine Reihe von Risiken, die es zu managen gilt.
  • Workation-Konzepte brauchen zwingend eine Betriebsvereinbarung, die Richtlinien und einen konkreten Rahmen enthalten.

Nach Homeoffice und Remote Work erobert grenzüberschreitende „Workation“ die Arbeitswelt. Arbeiten unter Palmen oder in den Bergen wird zum großen Trend. Der neue Begriff ist ein sogenanntes Kofferwort aus „work“ und „vacation“. Das Konzept ähnelt der mobilen Arbeit, kombiniert mit Urlaub. Berufliche Verpflichtungen und Entspannung vom Arbeitsalltag werden zusammengeführt. Und da immer mehr Unternehmen ihre Prozesse digitalisieren und eine ständige persönliche Anwesenheit im Büro oder beim Kunden nicht mehr nötig ist, wird das Thema für immer mehr Beschäftigte in vielen Branchen interessant. Einer Studie des Branchenverbandes Bitkom zufolge kann zukünftig jeder Dritte seinen Arbeitsplatz frei wählen – und zahlreiche Arbeitnehmer zieht es in Urlaubsregionen. Allerdings ergeben sich sowohl für die Unternehmen als auch für die Beschäftigten eine Reihe von Risiken, die es zu managen gilt – insbesondere bei Steuern und Sozialversicherung, Arbeitsrecht, Aufenthaltsregeln und der Betriebsstättenproblematik.

Einkommensteuer/Lohnsteuer

Arbeiten aus dem Ausland kann einerseits eine Einkommensteuerverpflichtung des Arbeitnehmers und andererseits auch eine Lohnsteuerverpflichtung des Arbeitgebers auslösen. Allgemein lässt sich sagen, dass der Arbeitnehmer dort einkommensteuerpflichtig ist, wo er seine Tätigkeit ausführt. Bei Doppelbesteuerungsabkommen ist die berühmte 183-Tage-Regelung relevant. Sie besagt, dass der Arbeitnehmer im Heimatland einkommensteuerpflichtig bleibt, wenn er sich nicht länger als 183 Tage im Ausland aufhält und die Vergütung nicht von einem ausländischen Arbeitgeber oder einer ausländischen Betriebsstätte gezahlt wird. Eine genaue Dokumentation des Reiseverhaltens, die erlaubte Länderkombination und mögliche, nationale Besonderheiten sind daher genau im Blick zu behalten, um eventuelle Verpflichtungen zu vermeiden bzw. auszuschließen.

Andere Länder, andere Regeln

Sozialversicherung

Löst ein freiwilliger Aufenthalt eine Sozialversicherungspflicht aus und wie wirkt sich dies auf den Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen Leistungen aus? Grundsätzlich bestimmen Urlaubsland und -dauer die Sozialversicherungspflicht. Verlegt ein Mitarbeiter eines deutschen Arbeitgebers seine Tätigkeiten nur für einen kürzeren Zeitraum ins Ausland, weil er im Rahmen von Workation seinen Urlaub durch Arbeitstage verlängert, so wird er regelmäßig in der deutschen Sozialversicherung versichert bleiben können. Doch bedeutet dies nicht, dass das Unternehmen in dem anderen Land keinerlei Verpflichtungen hat. Reist ein Mitarbeiter beispielsweise nach Argentinien und möchte von dort aus eine Workation machen, dann tritt ab dem ersten Tag eine Sozialversicherungspflicht ein, die der Arbeitgeber bedienen muss. Auch können Unfälle während der Arbeitszeit passieren. Deshalb ist vorab zu prüfen, ob der Mitarbeiter während der Tätigkeit im Ausland ausreichenden Versicherungsschutz hat, der gegebenenfalls mit privaten Policen ergänzt werden sollte.

Arbeitsrecht

Die Arbeitsgesetze beliebter Workation-Länder unterscheiden sich häufig, etwa mit Blick auf tägliche Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten, Feiertagsregelungen und Mindestlohnvorschriften. Das anwendbare Recht bestimmt sich innerhalb der EU-Mitgliedstaaten (außer Dänemark) nach der Rom-I-Verordnung. Danach unterliegt der Arbeitsvertrag dem Recht des Landes, in dem oder von dem aus der Arbeitnehmer für gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Das anwendbare Recht ändert sich dabei nicht, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit nur vorübergehend in einem anderen Land verrichtet. Bei einer Workation-Tätigkeit von ca. vier Wochen sollte daher weiterhin das deutsche Recht Anwendung finden. Jedoch gilt hinsichtlich Mindestarbeitsschutzvorschriften der Günstigkeitsvergleich, das heißt, es gilt die Regelung, die für den Arbeitnehmer günstiger ist. Außerhalb der EU-Mitgliedstaaten muss ebenfalls im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs die entsprechend anwendbare Regelung ermittelt werden. Sind die lokalen gesetzlichen Arbeitnehmergesetze für den Mitarbeiter im Vergleich zu seiner vertraglichen Regelung günstiger, finden diese Anwendung. 

Immigration

Für jedes Workation-Land muss geprüft werden, ob Beschäftigte eine Arbeitserlaubnis benötigen, um sowohl zivil- als auch strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Unionsbürger haben das Recht, ohne Visum in die Mitgliedstaaten der EU, des EWR (EU plus Island, Liechtenstein und Norwegen) und die Schweiz einzureisen. Sie haben auch das Recht, sich nahezu ohne Beschränkungen und ohne besondere Erlaubnis in den anderen Staaten aufzuhalten und dort erwerbstätig zu sein. Sie werden dabei in fast jeder Hinsicht den Staatsangehörigen des jeweils anderen Staates rechtlich gleichgestellt. Dieses Recht bezeichnet man als Freizügigkeit. Aber auch hierbei sind melderechtliche Verpflichtungen des jeweiligen Staates zu beachten. Unionsbürger müssen im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein, um ihr Freizügigkeitsrecht nachzuweisen.

Im Zuge der Corona-Krise haben sich viele Länder bereits mit dem Thema Workation auseinandergesetzt und sogenannte „Remote working“-Visa eingeführt (z. B. Vereinigte Arabische Emirate). Diese schaffen einen legalen Rahmen für Menschen, die bei einem deutschen Unternehmen tätig sind und für eine gewisse Zeit im Ausland arbeiten möchten. Wie genau die Rahmenbedingungen des Visums gestaltet sind, ist von Land zu Land unterschiedlich. 

Grafik: Neun von zehn sehen ihre Zukunft im Homeoffice, Antworten auf die Frage „An welchem Ort moechten Sie nach der Pandemie arbeiten?“

Vor allem jüngere Menschen spricht Workation an. Laut der EY-Studie „Work Reimagined Employee“ von 2022 wünscht sich mehr als die Hälfte der Befragten mehr Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort und wäre möglicherweise bereit, den Arbeitgeber danach auszuwählen. Bei den Millennials ist die Wahrscheinlichkeit dafür doppelt so hoch wie bei den Babyboomern aus den 1960er-Jahren.

Betriebsstätte

Steuerbehörden legen bei Prüfungen vermehrt ihr Augenmerk auf mögliche Betriebsstättenbegründungen durch Beschäftigte, die vorübergehend außerhalb des Ansässigkeitsstaates ihres Arbeitgebers tätig werden. Mit der Ausübung von geschäftlichen Aktivitäten im Rahmen eines Workation-Aufenthalts im Ausland kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Betriebsstätte begründet werden. Zu den Mitarbeitergruppen mit hohem Risiko gehören insbesondere Organmitglieder, Führungskräfte und andere Mitarbeitende, die Verträge für das Unternehmen abschließen können. Die Konsequenzen einer möglichen Betriebsstättenbegründung erschöpfen sich dabei längst nicht in bürokratischem Mehraufwand bezüglich Anmeldung und laufenden Erklärungsverpflichtungen der möglichen Betriebsstätte. Im Zweifel sind eine Gewinnallokation ins Ausland und sogar die Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinnen möglich.

Zudem entsteht arbeitgeberseitig durch die versehentliche Begründung einer Betriebsstätte meist eine Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtung im Ausland und es muss zusätzlich eine entsprechende Gehaltsabrechnung aufgesetzt werden. Pauschale Aussagen zur Begründung einer Betriebsstätte können nicht getroffen werden, da meist eine Einzelfallbeurteilung von Land, Funktion der betroffenen Person und ausführender Tätigkeit notwendig wird.

Was ist zu tun?

Alle Punkte verdeutlichen: Workation-Konzepte brauchen zwingend eine Betriebsvereinbarung, die sowohl Richtlinien als auch einen konkreten Rahmen für derartige Tätigkeiten enthalten. Welche Dauer dürfen Workation-Aufenthalte haben? Welche Tätigkeiten dürfen ausgeführt werden? Sind bestimmte Personengruppen von vornherein ausgenommen? Welche Länder sind für Workation-Aufenthalte vorgesehen? Da nicht alle Fragen zu Steuern, Sozialversicherung, Arbeitsrecht und Betriebsstättenbegründung für alle Länder eindeutig zu klären sind, gehen die Unternehmen gewisse Risiken ein. Ein einfaches Kopieren bereits implementierter Workation-Programme anderer Unternehmen ist daher meist nicht möglich. Auch ist eine Abfrage nationaler Regeln dringend anzuraten.

Co-Autorinnen: Heidi Schindler, Xenia Rupp

Fazit

EY kann Unternehmen dabei unterstützen, das passende Konzept auszuarbeiten und eine Workation-Policy zu implementieren, um den Beschäftigten ein gewisses Maß an Flexibilität einzuräumen und gleichzeitig den Bedürfnissen des Unternehmens nach Compliance zu entsprechen. 

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