Panoramablick auf Panama City, hohe Gebaeude gegen blauen Himmel, vor blauem Meer.

Wie Deutschland durch die neueste Steueroasen-Abwehrverordnung internationale Geschäftspraktiken beeinflusst

Das BMF erklärt die Abwehrmaßnahmen gegen Steueroasen und Russland. 

Es geht um folgende Länder: Amerikanisch-Samoa, Anguilla, Antigua und Barbuda, Bahamas, Belize, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Russland, Samoa, Seychellen, Trinidad und Tobago, Turks- und Caicosinseln, Amerikanische Jungferninseln und Vanuatu. Sie alle stehen auf der Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke, die der ECOFIN-Rat im Oktober 2023 aktualisiert hat. Nun überträgt Deutschland die EU-Blacklist in die Steueroasen-Abwehrverordnung (StAbwV). Zudem hat das Bundesfinanzministerium Ende November den Entwurf eines Anwendungsschreibens veröffentlicht.

Wann greifen die Abwehrmaßnahmen?

Bei einer Aktualisierung bis zum Jahresende um die vier neu gelisteten Staaten Antigua und Barbuda, Belize, Seychellen und Russland greifen für diese Länder ab 1. Januar 2024 die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung, erweiterte Quellensteuern, die Verweigerung von Abkommensvorteilen und gesteigerte Mitwirkungspflichten für Unternehmen. Ab 2026 ist eine begünstigte Besteuerung von Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen zu verweigern und ab 2027 ist das Betriebsausgabenabzugsverbot bei Zahlungen an Unternehmen in den gelisteten Jurisdiktionen anzuwenden.

Wie verhält es sich mit den Quellensteuern?

Der BMF-Entwurf äußert sich umfassend zu der erweiterten beschränkten Steuerpflicht und zum Quellensteuereinbehalt. Diese Maßnahme greift beispielsweise, soweit Zinsen in ein nicht kooperatives Hoheitsgebiet gezahlt werden und diese nicht schon nach § 49 EStG steuerpflichtig sind. Hinsichtlich der Tatbestände grenzt das Entwurfsschreiben z. B. Produktionstätigkeiten oder Rohstoffgewinnung vom quellensteuerpflichtigen Warenhandel ab. Auch der Handel mit Immobilien oder Rechten fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 10 StAbwG. Laut BMF ist der Dienstleistungsbegriff weit auszulegen. Bei gemischten Verträgen muss aufgeteilt werden. 

 

Grafik: Anwendung von Abwehrmassnahmen
je nach Zeitpunkt der Aufnahme der Jurisdiktion in die StAbwV

Erleichterungen für den Tourismus

Da fast alle Steueroasen tatsächlich dem Klischee einer Palmeninsel entsprechen, kommt die Tourismuswirtschaft zwangsläufig mit dem Gesetz in Berührung. Der Entwurf erläutert, wann und in welchem Umfang Reiseveranstalter dann den Quellensteuermaßnahmen unterliegen. Reine Nutzungsüberlassungen (z. B. Hotelzimmer, Mietwagen) sind nicht dabei. Damit zusammenhängende Dienstleistungen bei Vollpension oder All-inclusive-Reisen sind dagegen betroffen. Am Beispiel von Hotelleistungen führt der Entwurf Aufteilungsmaßstäbe an, die dann heranzuziehen sind. 

Noch freie Fahrt durch den Panamakanal

Panama steht seit 2021 in der StAbwV. Deutsche Schifffahrtsunternehmen mussten daher fürchten, dass ihre Kanalgebühren unter die Abwehrmaßnahmen fallen. Zumindest hier gibt der BMF-Entwurf Entwarnung. Steuern und Gebühren für öffentlich-rechtliche Leistungen sollen nicht unter die beschränkte Steuerpflicht fallen. Damit wäre das Durchfahren des Panamakanals wohl quellensteuerfrei. Die ab 2025 drohende Verweigerung des Betriebsausgabenabzugs, sofern Panama bis dahin auf der Blacklist verbleibt, scheint das Schreiben dagegen nicht auszuschließen. Hier besteht noch Klarstellungsbedarf.

Konkurrenzverhältnisse

Auf einen Geschäftsvorfall soll immer nur eine Abwehrmaßnahme anzuwenden sein. Dementsprechend trifft die Finanzverwaltung Aussagen zum Verhältnis der Regelungen untereinander sowie zu anderen innerstaatlichen oder DBA-Regeln. So könnten die Bestimmungen zu erweiterten Quellensteuern grundsätzlich neben der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 AStG anwendbar sein. Daneben sollen die Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen die Anwendung des Kürzungsbetrags nach § 11 AStG nicht ausschließen. Das Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 8 StAbwG soll auch neben anderen Abzugsverboten wie § 4k EStG anwendbar sein.

Co-Autorin: Anna Peterich

Fazit

Der BMF-Entwurf stuft Absetzungen für Abnutzung als laufende Aufwendungen ein, die damit grundsätzlich vom Abzugsverbot erfasst werden. Offen ist dabei die Frage, wie es sich mit Wirtschaftsgütern verhält, die eine Gesellschaft etwa 2020 in einem Land erworben hat, das ein Jahr später zur Steueroase erklärt wurde. Das BMF-Schreiben könnte man so verstehen, dass auch in diesem Fall die Abschreibung nicht mehr abzugsfähig wäre. Rechtsstaatlich wäre dies aber kaum vertretbar, da eine Strafmaßnahme für einen Vorgang verhängt würde, der zum Zeitpunkt der Durchführung rechtlich nicht zu beanstanden war („nulla poena sine lege praevia“). Die Verbände können diese und weitere Zweifelsfragen bis zum 9. Januar 2024 an das BMF adressieren. Mit der Veröffentlichung des finalen BMF-Schreibens dürfte im Verlauf des ersten Halbjahrs 2024 zu rechnen sein.

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