Aufzeichnungen
Bei der Umsetzung des BEPS-Aktionspunktes 13 wurde der dreistufige Ansatz für die Verrechnungspreisdokumentation bereits im nationalen Recht verankert: das Country-by-Country Reporting in § 138a AO, das Master File (Aufzeichnung über die weltweite Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und die angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung) und das Local File (landesspezifische, unternehmensbezogene Dokumentation über Geschäftsvorfälle des Unternehmens mit verbundenen Unternehmen) in § 90 Abs. 3 AO. Begleitet wird die gesetzliche Regelung von der korrespondierenden Gewinnabgrenzungsaufzeichnungs-Verordnung (GAufzV). Diese konkretisiert für die Steuerpflichtigen die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation.
Ohne gesondertes Verlangen
Dieses Gefüge hat der Gesetzgeber nun neu justiert. Gemäß § 90 Abs. 4 AO kann die Finanzbehörde jederzeit die Vorlage der Local Files und Master Files verlangen, etwa bei Beantragung eines Vorabverständigungsverfahrens. Bei Außenprüfungen sind zudem anders als bislang die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Laut Gesetzesbegründung wird damit die bereits bestehende Beweisvorsorgepflicht der Steuerpflichtigen unterstrichen. Sie soll dazu beitragen, den Ablauf der Außenprüfung zu beschleunigen.
Nur noch 30 Tage
Auch beträgt die Frist für die Vorlage der Aufzeichnungen in allen Fällen nur noch 30 Tage nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung. Bislang galt eine Frist von 30 Tagen nur bei Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle, beispielsweise bei Vermögensübertragungen im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen und Funktionsverlagerungen. In allen anderen Fällen hatten Steuerpflichtige Aufzeichnungen innerhalb von 60 Tagen vorzulegen. Die Fristverkürzung dürfte insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor Herausforderungen stellen. Konzerne oberhalb der KMU-Schwelle haben nämlich häufig bereits standardisierte Prozesse für den dreistufigen Ansatz der Verrechnungspreisdokumentation gemäß BEPS etabliert und werden die Unterlagen bei Bekanntgabe der Prüfungsanordnung oftmals bereits vorliegen haben.
Probleme für KMU
KMU sind dagegen häufig nicht in vergleichbarer Form aufgestellt. Sie erstellen die Aufzeichnungen oft erst auf Anforderung der Finanzbehörde bei einer Außenprüfung. Selbst für außergewöhnliche Geschäftsvorfälle, für die bereits nach derzeitiger Gesetzeslage eine zeitnahe Aufzeichnungspflicht besteht und deren Dokumentation innerhalb von 30 Tagen nach Anfrage vorzulegen ist, gewährt die GAufzV in der bisherigen Fassung für die Erstellung selbst eine Frist von sechs Monaten nach Ende des Wirtschaftsjahres, in dem die zu dokumentierende Transaktion stattfand. Die allgemeine Fristverkürzung führt faktisch zu einer zeitnahen Aufzeichnungspflicht durch die Hintertür. Genau dies wollte aber der Gesetzgeber bei Einführung der Aufzeichnungspflichten im Jahr 2003 vermeiden, um zu viel administrativen Aufwand zu verhindern.
Am Zweck vorbei
Die Verkürzung der Vorlagefrist auf 30 Tage dürfte den Ablauf der Außenprüfung nicht beschleunigen. Verzögerungen gibt es vielmehr dann, wenn Steuerpflichtige und Betriebsprüfer Sachverhalte unterschiedlich beurteilen oder wenn die Frage, ob die Verrechnungspreise einem Fremdvergleich standhalten, von der Betriebsprüfung anders beurteilt wird als vom Steuerpflichtigen. Diese Diskussionen sind oft zeitintensiv und erfordern Analysen und Sachverhaltsermittlungen, die weit über das hinausgehen, was die Steuerpflichtigen im Rahmen ihrer Aufzeichnungspflicht nach § 90 Abs. 3 AO zu dokumentieren haben. Auch wird die Vorschrift einer vorsorglichen Dokumentation nicht sofort umsetzbar sein. Etwaige Prozesse zur vorsorglichen Vorbereitung der Daten müssen zunächst eingeführt und standardisiert werden. Zwar gibt es eine De-minimis-Regelung, wonach für kleine Unternehmen die Aufzeichnungspflichten als erfüllt gelten, diese dürfte aber nur für einen geringen Teil der betroffenen Unternehmen Abhilfe schaffen.
Höhere Strafen
Verschärfungen drohen auch beim Strafzuschlag. Dieser beträgt bei Nichtvorlage oder Unverwertbarkeit der Aufzeichnungen mindestens 5.000 Euro, bei verspäteter Vorlage mindestens 100 Euro pro Tag bis insgesamt 1.000.000 Euro. Laut Gesetz ist der Zuschlag wie bisher nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen, bei verspäteten Vorlagen kann er bereits nach der Fristüberschreitung in Teilbeträgen festgesetzt werden. Letzteres soll die Unternehmen dazu anhalten, die Aufzeichnungspflichten pünktlich zu erfüllen. Tatsächlich könnte die Regelung allerdings dazu beitragen, die Außenprüfung weiter in die Länge zu ziehen, wenn sich Steuerpflichtige gegen die Sanktionierung gerichtlich zur Wehr setzen.
Co-Autor:innen: Dr. Juliane Sassmann, Sophia Schuhmann