Das zweite Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SDG II) betrifft auch ausländische Rechtsträger, die – unmittelbar oder mittelbar – Eigentum an deutschen Immobilien besitzen. Sie müssen nun Meldepflichten in Deutschland hinsichtlich ihrer wirtschaftlich Berechtigten (Ultimate Beneficial Owners, kurz UBOs) erfüllen, sofern diese nicht bereits befreiend an ein UBO-Register in der EU gemeldet wurden. Hintergrund sind u. a. Fälle, in denen deutsche Immobilien auf Briefkastenfirmen in Steueroasen registriert sind, hinter denen sanktionierte russische Oligarchen vermutet werden. Im Zuge des SDG II werden die Daten der Grundbuchämter, z. B. zu Eigentümern und Flurstücken, in das Transparenzregister integriert und dort den jeweiligen Rechtsträgern zugeordnet. Für ausländische Rechtsträger mit bestehendem deutschen Grundbesitz bleibt nicht mehr viel Zeit, da die Meldung bereits bis zum 30. Juni 2023 erfolgen muss.
Integration der Grundbuchdaten
Das Transparenzregister wird künftig nicht nur Informationen über die UBOs enthalten, sondern auch über alle inländischen Immobilien, die im Eigentum des Rechtsträgers stehen oder gestanden haben. Die Übertragung der Daten muss vom Grundbuchamt bis zum 31. Juli 2023 vorgenommen werden. Die Öffentlichkeit wird aber keinen Zugang zu diesen Immobilieninformationen im Transparenzregister haben, sondern nur Behörden und die nach dem Geldwäschegesetz verpflichteten Stellen wie Banken, Rechtsanwälte, Steuerberater oder Notare. Letztere müssen ab 2026 Unstimmigkeiten melden, wenn sie Abweichungen zwischen den Grundstücksdaten im Transparenzregister und den bei ihnen gespeicherten Daten feststellen.
Bußgelder
Ein Verstoß gegen die UBO-Meldepflicht kann erhebliche Bußgelder nach sich ziehen. Diese reichen bei erstmaligem Verstoß bis zu 150.000 Euro, bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen sogar bis zu 1 Million Euro oder bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen Vorteils. Darüber hinaus wird ein rechtskräftig gewordener Bußgeldbescheid im Sinne eines „naming and shaming“ auf der Internetseite des Bundesverwaltungsamtes veröffentlicht, wo bereits mehr als 1.200 Einträge vorhanden sind. Ausländische Rechtsträger sollten nun zeitnah prüfen, ob und in welchem Umfang sie den neuen Meldepflichten unterliegen (Impact Assessment). Neben dem direkten Eigentum an deutschen Immobilien sollten auch alle mindestens 90-prozentigen Beteiligungen an Immobiliengesellschaften, die am 28. Dezember 2022 bestanden, in die Prüfung einbezogen werden.
Wer ist ein UBO?
Grundsätzlich ist eine Meldung der UBOs durch ausländische Rechtsträger keineswegs neu. Bereits nach der bis zum 27. Dezember 2022 geltenden Regelung waren ausländische Rechtsträger seit dem 1. Januar 2020 verpflichtet, ihre UBOs an das Transparenzregister zu melden, wenn sie sich zum Erwerb von Grundstücken in Deutschland verpflichteten. Diese Verpflichtung wurde dann zum 1. August 2021 auch auf Share Deals nach § 1 Abs. 3 oder 3a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ausgeweitet. Als UBO gilt grundsätzlich jede natürliche Person, die direkt oder indirekt mehr als 25 Prozent der Anteile des Rechtsträgers hält, direkt oder indirekt mehr als 25 Prozent der Stimmrechte des Rechtsträgers innehat oder den Rechtsträger in ähnlicher Weise kontrolliert. Kann nach Abschluss der Prüfung keine natürliche Person als UBO identifiziert werden, gilt als UBO der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführende Gesellschafter oder der Partner des betreffenden Rechtsträgers.
Auch Altbestand betroffen
Die UBO-Meldepflicht für ausländische Rechtsträger wird durch das SDG II auf bereits bestehende deutsche Immobilieninvestments und bestehende deutsche Immobilienstrukturen ausgeweitet. Ein ausländischer Rechtsträger muss seine UBOs nun auch dann grundsätzlich an das deutsche Transparenzregister melden, wenn er
- seit einem Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2020 unmittelbares Eigentum an einer deutschen Immobilie hält,
- seit einem Zeitpunkt vor dem 1. August 2021 Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG an einem Rechtsträger mit deutschem Grundbesitz bei sich vereint oder
- seit einem Zeitpunkt vor dem 1. August 2021 eine wirtschaftliche Beteiligung im Sinne des § 1 Abs. 3a GrEStG an einem Rechtsträger mit deutschem Grundbesitz innehat.
Ausnahme von der Meldepflicht und deren Reichweite
Die neuen Meldepflichten betreffen jedoch nicht ausnahmslos alle ausländischen Rechtsträger, die unmittelbares oder mittelbares Eigentum an einer Immobilie in Deutschland halten. Diejenigen ausländischen Rechtsträger, die die entsprechenden Angaben zu ihren UBOs bereits an ein anderes UBO-Register in einem EU-Mitgliedstaat gemeldet haben, müssen ihre UBOs nicht mehr an das deutsche Transparenzregister melden. Fraglich ist allerdings, ob dies auch dann gilt, wenn in dem UBO-Register des betreffenden Vertragsstaates andere UBOs eingetragen sind, als sich nach deutscher Auslegung des UBO-Begriffs ergeben. Denn in den EU-Mitgliedstaaten herrscht keine einheitliche Auffassung darüber, wie der UBO eines Rechtsträgers zu bestimmen ist. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen eine natürliche Person nur mittelbar (über einen oder mehrere zwischengeschaltete Rechtsträger) an dem betreffenden Rechtsträger beteiligt ist. Zudem kommt dem persönlich haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft nach Auffassung des Bundesverwaltungsamtes regelmäßig eine besondere Stellung zu, die eine UBO-Eigenschaft bei der Personengesellschaft (und deren Tochtergesellschaften!) begründen kann. Dies kann in Personengesellschafts- und Fondsstrukturen zu Abweichungen führen.
Autor:innen: Dr. Pinkas Fußbroich, Dr. Anja Raabe, Maik Nießen