OECD-Gebaeude in Paris

Warum die globale Steuer zu lokalen Komplikationen führt

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Unternehmen müssen nationale Sonderregeln berücksichtigen. Das macht Pillar II zu einem noch schwierigeren Projekt.

Überblick

  • Seit der ersten Veröffentlichung der OECD Model Rules für die globale Mindestbesteuerung sind mehr als zwei Jahre vergangen. 
  • Was zuerst nur eine lose Regelsammlung war, die mehr einem Konzeptpapier als einem Steuergesetz glich, hat sich in dieser Zeit zu einem unüberschaubaren Konvolut internationaler und nationaler Vorschriften entwickelt.
  • Die prozessualen Herausforderungen bei der Implementierung und im künftigen Reporting sind immens.

Seit der ersten Veröffentlichung der OECD Model Rules für die globale Mindestbesteuerung sind mehr als zwei Jahre vergangen. Was zuerst nur eine lose Regelsammlung war, die mehr einem Konzeptpapier als einem Steuergesetz glich, hat sich in dieser Zeit zu einem unüberschaubaren Konvolut internationaler und nationaler Vorschriften entwickelt. In Deutschland hat der Gesetzgeber die Umsetzung in nationales Recht Ende 2023 abgeschlossen. Andere EU-Mitgliedstaaten sind noch dabei, etwa das Nachbarland Polen. Das macht die Befolgung für multinationale Konzerne schon schwieriger. Noch komplizierter wird es dadurch, dass jedes Land selbst innerhalb der EU die EU-Richtlinie ein wenig anders auslegen kann. Vollends vertrackt wird Pillar II durch ein anfangs wenig beachtetes Detail: die Erhebung einer nationalen Ergänzungssteuer.

Die Crux mit der nationalen Ergänzungssteuer

Falls in ihrem Land eine Niedrigbesteuerung unterhalb von 15 Prozent vorliegt, bekommen die nationalen Finanzbehörden die Möglichkeit, die Steuerbelastung der jeweiligen Unternehmensgruppe mittels einer „nationalen Ergänzungssteuer“ selbst auf das Mindestlevel anzuheben. Die OECD hat zwar die Richtung vorgegeben, wie eine nationale Ergänzungssteuer auszugestalten ist, aber keine 1 : 1-Blaupause entwickelt, die alle Details regelt. Nun zeichnet sich ab: Nationale Ergänzungssteuern unterscheiden sich in ihrer Umsetzung tatsächlich von den allgemeinen Pillar-II-Regeln. Unternehmen müssen daher nicht nur die OECD-Regelungen und die Umsetzung im jeweiligen Heimatland sorgfältig analysieren, sondern auch prüfen, nach welcher Rechnungslegungsnorm beispielsweise die nationale Ergänzungssteuer – (Qualified) Domestic Minimum Top-up Tax, kurz (Q)DMTT – zu berechnen ist.

Gilt die Safe-Harbour-Regel?

Und damit nicht genug: Handelt es sich überhaupt um eine „qualifizierende“ nationale Ergänzungssteuer, für die in Deutschland die Safe-Harbour-Regelung in Anspruch genommen werden kann? Denn nur dann ist die lokale Steuer vollumfänglich in die Pillar-II-Systematik integriert und wird auch nur dann hierzulande vom Fiskus systemgerecht berücksichtigt. In der laufenden Implementierung und Erstanwendung müssen Konzerne daher diesen zusätzlichen Länderaspekt berücksichtigen. Nur durch den Einsatz geeigneter IT oder durch zusätzliche (interne oder externe) Kapazitäten lässt sich ermitteln, welche Abweichungen vorliegen und welche Auswirkungen sich daraus ergeben.

Das Inclusive Framework on BEPS hat sein viertes Verwaltungsleitlinienpaket zur globalen Mindestbesteuerung veröffentlicht.


Es geht um Daten, Daten, Daten

Die prozessualen Herausforderungen bei der Implementierung und im künftigen Reporting sind immens.

Neben den diversen fachlichen Themen bei der Implementierung von Pillar II stehen Unternehmen vor umfangreichen prozessualen Herausforderungen. Denn beim Reporting geht es insbesondere um die Beschaffung und Separierung der erforderlichen Datenpunkte und die Spezifikation der jeweiligen Datenquelle. Dafür müssen Konzerne ihre Buchhaltungssysteme, die Entity-spezifischen Gesellschaftsdaten und die Ermittlung der laufenden und latenten Steuern in vielerlei Hinsicht anpassen. Darüber hinaus müssen sie zumindest für die ersten Jahre sicherstellen, dass sie die Safe Harbours bestmöglich nutzen können. Dies macht häufig ein Update der CbCR-Prozesse erforderlich.

Zum Beispiel Dividenden

Buchhaltungsspezifische Daten können vielfach nicht 1 : 1 aus dem ERP-System bereitgestellt werden. Dies liegt daran, dass relevante Transaktionen häufig nicht auf separaten Konten und mit den erforderlichen Zusatzangaben gebucht werden. Beispielsweise sind Dividenden zu qualifizieren nach Schachteldividenden sowie Langzeitbeteiligungen (§ 20 MinStG). Während bei der Erstellung der Körperschaftsteuererklärung ausreichend Zeit zur Beurteilung der Dividenden besteht, ist im Rahmen der Ermittlung des Steuererhöhungsbetrags gerade im Reporting eine systemseitige Zulieferung bzw. Unterscheidung der relevanten Dividenden wünschenswert. Hierzu sind entsprechende Auswertungen erforderlich, um die innerhalb der Gruppe erhaltenen Dividenden auf Ebene des Empfängers mit der ausschüttenden Gesellschaft, beispielsweise über den Tradingpartner, zu verbinden.

Wer hat wann welche Beteiligung?

Beteiligungsquoten sowie die Dauer der Beteiligungen könnten weiterhin aus einer Datenbank oder Gesellschaftsliste abgerufen werden, sodass sich aus der Verknüpfung der Dividende mit dem Tradingpartner und hier über die Beteiligungshöhe und -dauer die entsprechenden Rückschlüsse ziehen lassen. Dies wiederum bedingt, dass innerhalb der Gruppe einheitlich mit entsprechenden Tradingpartnern gebucht wird und darüber die Auswertungen gesteuert werden können. Gerade in Konzernen, in denen unterschiedliche ERP-Systeme zur Anwendung kommen, kann dies Schwierigkeiten mit sich bringen.

Währungseffekte

Weitere prozessuale Anforderungen ergeben sich aus Late Adjustments oder Top-Side-Buchungen. Häufig werden Boni oder Mitarbeitervergütungspläne nicht in die einzelnen Buchungskreise, sondern auf einer aggregierten Ebene für die Gesamtgruppe gebucht. Hier sind Prozesse aufzusetzen, die die Allokation der gesellschaftsspezifischen Informationen zur jeweiligen Constituent Entity erlauben. Wenn diese Buchungen im Folgejahr im Buchungskreis der lokalen Entity nachgeholt werden, müssen nun die manuell im Vorjahr berücksichtigten Informationen für Zwecke des Reportings wieder revidiert werden, um Doppelerfassungen zu vermeiden. Sollten die Buchungen wiederum auf aggregierter Top-Side Ebene beispielsweise in Euro erfolgt sein, die lokalen Buchungen im Folgejahr jedoch in anderer nationaler Währung nachgeholt werden, ergeben sich aus der Umkehr im Folgejahr Währungseffekte, deren Auswirkung ebenfalls zu untersuchen sind.

Latente Steuern

Wenn es um die Datenpunkte in Bezug auf laufende und latente Steuern, sei es Qualifikation der Steuerrückstellungen, Anpassung, Eliminierung oder Umbewertung von latenten Steuern, geht, stellt sich die Frage, wie dies im Rahmen des Reportings sowie der künftigen Steuererklärungserstellung abzubilden ist. Es scheint sinnvoll, die Ermittlung der laufenden und latenten Steuern fürs Konzernreporting mit der Ermittlung der erforderlichen Spezifika und Anpassungen für Zwecke des MinStG zu kombinieren. Bei Informationen zu den Steuerrückstellungen, beispielsweise in Bezug auf das Jahr der Bildung und das erwartete Jahr der Zahlung oder in Bezug auf ungewisse Steuerrückstellungen, bietet es sich an, diese im Zuge eines erweiterten Steuerreportings einzusammeln. Dies gilt auch für die erforderliche Kennzeichnung und Qualifikation von steuerpflichtigen temporären Differenzen in Bezug auf den Zeitraum der Umkehr oder für die Umbewertung.

Korrektur nach den Korrekturen

Besondere Anforderungen ergeben sich zudem aus der erforderlichen Steuerkorrektur im Zusammenhang mit Beträgen, die bei der Ermittlung des Mindesteuergewinns oder -verlusts zu korrigieren sind (§ 50 (1) 1 MinStG). Um dies gesamthaft für Zwecke der Ergebnis- und der Steuerkorrektur abbilden zu können, bedarf es eines ineinandergreifenden Prozesses bei der Ermittlung der laufenden und latenten Steuern sowie des Mindeststeuerbetrags. Dies gilt erst recht dann, wenn bisher die Zuständigkeit bei Mitarbeitern in lokalen Tochtergesellschaften liegt, die häufig nicht über die erforderliche Gesamtexpertise verfügen. Je integrierter die Abläufe von der Datenbereitstellung bis zum Reporting sind, desto eher ist sichergestellt, die erforderlichen Anpassungen umfassend identifizieren und vornehmen zu können. Ein vordefiniertes Mapping der Zulieferdaten zu den Datenpunkten je Constituent Entity ist in allen Fällen unabdingbar und für jegliches Reporting nötig.



EY GloBE Engine

Mit dem neu entwickelten Tool behalten Unternehmen den Überblick und können die globale Mindeststeuer meistern.

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EY GloBE Engine – Datenbank mit allen BEPS-Pillar-II-Regularien weltweit

Mit dem neu entwickelten Tool EY GloBE Engine behalten Unternehmen den Ueberblick und koennen die globale Mindeststeuer meistern.

EY GloBE Engine – Key-Informationen im Überblick

EY hat mit der GloBE Engine eine Technologielösung entwickelt, um die weltweiten Pillar-II-Regelungen effizient zu managen und die Compliance im Konzern zu gewährleisten. Mit der EY GloBE Engine lassen sich auch Rückstellungsberechnungen und Simulationen für die Unternehmensgruppe durchführen. Zu den positiven Merkmalen von EY GloBE Engine zählen beispielhaft:

  • maximale Effizienz und Flexibilität beim Datenimport
    Die EY GloBE Engine ermöglicht verschiedene Formen des Datenimports, sei es über API-Schnittstellen, File-Upload in beliebigem Format oder manuelle Eingaben mittels flexibel gestaltbarer, webbasierter Abfragebögen, über die komplexe, nicht im Konsolidierungssystem vorhandene Datenpunkte bei den lokalen Ansprechpersonen eingesammelt werden können. Integrierte Validierungsprüfungen gewährleisten die Qualität und Vollständigkeit der importierten Daten.
  • Berücksichtigung sämtlicher lokaler Vorschriften
    Unter Einbeziehung unseres globalen EY-Netzwerks pflegen wir eine umfangreiche Regeldatenbank, die laufend aktualisiert wird und sicherstellt, dass anerkannte nationale Ergänzungssteuern und andere lokale Besonderheiten bei allen Berechnungen im Tool berücksichtigt werden.
  • hoher Grad der Automatisierung
    Die EY GloBE Engine ermöglicht ein hohes Maß der Automatisierung im Hinblick auf Datenimport, Datenverarbeitung und Berechnungen. Gleichzeitig sind nachträgliche manuelle Anpassungen zu jedem Zeitpunkt möglich.
  • nutzerfreundliche Anwenderoberfläche und flexible Zugriffsmöglichkeiten
    Die EY GloBE Engine bietet eine zentrale Plattform, über die verschiedene Anwender die für die Berechnungen erforderlichen Daten über eine intuitive und nutzerfreundliche Oberfläche bereitstellen können. Über ein granulares Nutzer- und Rechtemanagement lässt sich flexibel steuern, dass die jeweiligen Anwender nur die Daten und Bereiche einsehen können, für die sie berechtigt sind.
  • Präsentation der Ergebnisse mittels aussagekräftiger Visualisierungen
    Verschiedene Dashboards ermöglichen einen effizienten Überblick über sämtliche Ergebnisse der Pillar-II-Berechnungen sowie eine schnelle Identifizierung möglicher Ausreißer und entsprechender Gründe. 

Pillar 2 - Wo bloß anfangen?

Die globale Mindestbesteuerung (Pillar II) stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen, da sie nationale Sonderregeln weltweit und die unterschiedliche Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten beachten müssen. 

Die Sonne geht am Himmel ueber Brisbane unter, waehrend die Stadt im Nebel liegt.

Fazit

Die unterschiedliche Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung in nationales Recht – und die damit verbundenen Abweichungen von den OECD Model Rules – erhöhen die Komplexität für Unternehmen. Ohne eine zuverlässige technologische Unterstützung können Unternehmensgruppen ihre neuen Verpflichtungen nicht erfüllen. EY hat mit der GloBE Engine eine Technologielösung entwickelt, um die weltweiten Pillar-II-Regelungen effizient zu managen und die Compliance im Konzern zu gewährleisten. 

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