Am 1. März 2023 ist das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze (UmRUG) in Kraft getreten. Damit können erstmals grenzüberschreitende Spaltungen und Formwechsel von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) rechtssicher durchgeführt werden. Einen Monat zuvor war bereits das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG) in Kraft getreten. Damit einher gehen grundlegende Änderungen des Umwandlungsgesetzes (UmwG) auch für rein nationale Vorgänge. Die neuen Bestimmungen orientieren sich an den bereits bestehenden Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung. Allerdings regelt das UmwG (wie schon bisher) nur die deutsche Seite der grenzüberscheitenden Umwandlung. Das heißt, für die beteiligte Auslandsgesellschaft ist auf das jeweils anwendbare ausländische Recht abzustellen. Hierzu ist indes anzumerken, dass die meisten EU- bzw. EWR- Mitgliedstaaten die Umwandlungsrichtlinie bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist Ende Januar 2023 noch nicht umgesetzt hatten.
Spaltung zur Aufnahme
Während die Umwandlungsrichtlinie lediglich die grenzüberschreitende Spaltung zur Neugründung regelt, hat sich der deutsche Gesetzgeber entschieden, auch die grenzüberschreitende Spaltung zur Aufnahme zuzulassen – jedoch nur dann, wenn die an der Spaltung beteiligten Gesellschaften jeweils weniger als 400 Beschäftigte haben und im Fall der Spaltung einer ausländischen Gesellschaft zur Aufnahme nur dann, wenn die beteiligten Gesellschaften jeweils weniger als vier Fünftel der Zahl der Beschäftigten haben, die für eine Mitbestimmung nach dem Recht des Staates der übertragenden Gesellschaft maßgeblich sind. Darüber hinaus muss der jeweils beteiligte EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat ebenfalls eine grenzüberschreitende Spaltung zur Aufnahme zulassen.
Grenzüberschreitender Formwechsel
Neu geregelt ist der grenzüberschreitende Formwechsel. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits in mehreren Entscheidungen zur Niederlassungsfreiheit festgestellt, dass solche Umwandungsmaßnahmen grundsätzlich zulässig sind – zuletzt in der Rechtssache „Polbud“ (Urteil vom 25. Oktober 2017, Az. C-106/16). Das UmwG normiert nunmehr den Wechsel einer nach dem Recht eines EU- oder EWR-Mitgliedstaates gegründeten Kapitalgesellschaft in eine Rechtsform eines anderen Mitgliedstaates unter Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes in diesen Staat.
Erleichterte Verfahren
Das bisherige Grundkonzept für Umwandlungen wird beibehalten. Es umfasst die Erstellung eines Umwandlungsplans und dessen Offenlegung, die Erstellung eines Umwandlungsberichts und dessen Prüfung sowie eine Beschlussfassung und Rechtmäßigkeitskontrolle. Für konzerninterne grenzüberschreitende Umwandlungen sind jedoch zahlreiche Erleichterungen vorgesehen. Das gilt insbesondere für den Fall, dass sich alle Anteile der übertragenden Gesellschaft in der Hand der übernehmenden Gesellschaft befinden (z. B. Upstream-Verschmelzung) oder dieselbe Person alle Anteile der beteiligten Gesellschaften besitzt (z. B. Sidestream-Verschmelzung). Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass bei einer Ausgliederung zur Aufnahme nunmehr auf eine Kapitalerhöhung verzichtet werden kann.
Notar und Registergericht
Nicht geändert hat sich das Erfordernis, den Umwandlungsplan und die Umwandlungsbeschlüsse notariell zu beurkunden. Da die übrigen EU- bzw. EWR-Mitgliedstaaten regelmäßig ebenfalls eine notarielle Beurkundung vorsehen, entstehen nach wie vor doppelte Beurkundungskosten. Das Registergericht hat drei Monate Zeit zu prüfen, ob für die übertragende Gesellschaft die Voraussetzungen vorliegen. Dabei hat es im Rahmen der Missbrauchskontrolle bei Anhaltspunkten zusätzlich zu prüfen, ob die grenzüberschreitende Umwandlung missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken dient. Hierunter kann im Einzelfall auch die gezielte Entziehung oder Umgehung von Arbeitnehmerrechten fallen.
Schutz der Gläubiger
Für grenzüberschreitende Umwandlungen gilt ein vorgelagerter Gläubigerschutz. Gläubiger einer übertragenden deutschen Gesellschaft können Sicherheiten für ihre Forderungen verlangen, wenn deren Erfüllung durch die Umwandlung gefährdet wird. Die Frist, Sicherheit zu verlangen, wurde von zwei auf drei Monate ab Bekanntmachung des Umwandlungsplans verlängert. Dafür muss der Anspruch auf Sicherheitsleistung nun gerichtlich geltend gemacht werden. Das Risiko einer Blockade des Registervollzugs durch Sicherheitsleistungsklagen „räuberischer“ Gläubiger sollte im Vorfeld einer Umwandlungsmaßnahme sorgfältig geprüft werden.
Schutz der Arbeitnehmer
Dem Schutz der Arbeitnehmer dienen besondere Informations- und Konsultationsrechte. Neu ist die Möglichkeit der Betriebsräte (oder der Arbeitnehmer, sofern kein Betriebsrat vorhanden ist), Bemerkungen zum Umwandlungsplan an die Gesellschaft zu übermitteln. Betriebsräte (hilfsweise die Arbeitnehmer) können zudem Stellungnahmen zum Umwandlungsbericht bei der Gesellschaft einreichen. Die mitbestimmungsrechtlichen Regelungen finden sich für grenzüberschreitende Verschmelzungen im Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) und für den grenzüberschreitenden Formwechsel und die grenzüberschreitende Spaltung in dem neu geschaffenen MgFSG. Hierbei gilt das bewährte Grundkonzept aus Verhandlungsmodell und Auffanglösung.
Autoren: Dr. Patrick Nordhues, Nina Reinecke