Mit einem Handicap muss die Steuerabteilung wohl immer leben: Sie ist für die meisten Außenstehenden eine Black Box und ihre Tätigkeiten und Leistungen sind für Nichtfachleute nur schwer nachzuvollziehen. Das macht die Definition von Erfolgskennzahlen umso wichtiger. Zu den bekanntesten Key Performance Indicators (KPIs) in fast jeder Zielvereinbarung gehört die Entwicklung der Konzernsteuerquote (Effective Tax Rate, ETR). Diese KPI würdigt jedoch nur ansatzweise die Leistungen der Steuerabteilung, die wie keine andere Unternehmensfunktion in drei zeitlichen Dimensionen glänzen muss: in der Vergangenheitsbewältigung zusammen mit der Betriebsprüfung, bei den aktuellen Herausforderungen im Hier und Heute sowie bei der strategischen Ausrichtung in der Zukunft. Insofern liegt es nahe, die Steuerfunktion in all ihren Facetten mit KPIs zu würdigen. Die aktuellen technologischen Entwicklungen und der digitale Wandel geben dabei Anlass, die Erfolgskennzahlen zu überprüfen und neu auszurichten.
Die ETR – der Klassiker
Die Senkung der Steuerlast ist seit jeher fest im Target Operating Model der Steuerabteilungen verankert. Schließlich haben die direkten Steuern die größten Auswirkungen auf den Jahres- und Konzernabschluss. Die ETR ist gut messbar und macht einen Vergleich mit anderen Unternehmen möglich. Wichtig ist es bei diesem KPI-Klassiker, die Vergleichsgruppe richtig zu justieren, um branchenspezifischen, regionalen und auch zeitlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen.
Risikominimierung
Neben der ETR ist die Minimierung von Risiken die wahrscheinlich wichtigste KPI – wobei beide in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander stehen. Eine Senkung der ETR kann die Risiken bei der Betriebsprüfung erhöhen. Welchen Mehraufwand muss man investieren, um die Risiken bestmöglich zu reduzieren?
Dabei stellt sich wiederum die Frage nach den richtigen Indikatoren, um die Risikominimierung zu messen. Das kann die Höhe und Häufigkeit von Steuernach- und Strafzahlungen oder Ordnungswidrigkeiten sein. Aber auch die Höhe und Veränderung der Uncertain Tax Positions im Konzernabschluss sowie der Vergleich zwischen zurückgestellten und tatsächlich gezahlten Steuern sind objektive messbare Kennzahlen.
Reputation
Das öffentliche Interesse an Steuerzahlern ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die öffentliche Transparenz steigt durch die aktuellen OECD- bzw. BEPS-Initiativen z. B. zum Public Country-by-Country Reporting. Steuertransparenz ist zum Faktor für Good Governance und Teil der nichtfinanziellen Berichterstattung geworden (GRI 207). Eine negative Presse schadet derweil dem ganzen Unternehmen. Entsprechend erhöht sich der Aufwand für die Steuerabteilung und muss bei den KPIs entsprechende Berücksichtigung finden.
Qualitätskontrollen
Qualitätskontrollen werden ebenfalls immer wichtiger, zumal auch die Finanzbehörden digital aufrüsten. Global agierende Unternehmen müssen sich auf einen vermehrten Echtzeitzugriff des Fiskus einstellen, sodass die Steuerfunktion eine hohe Datenqualität im Accounting sicherstellen muss.
Als KPIs kommen z. B. die Höhe der Nachbuchungen nach Abgabe der Steuererklärungen (Return-to-Provision Adjustments) infrage, die rechtzeitige Abgabe der Steuererklärungen oder die Höhe der Verspätungszuschläge. Denkbar sind auch die Häufigkeit der Aktualisierungen des internen Kontrollsystems (Tax CMS) oder die Anzahl steuerbezogener Kundenbeschwerden im Bereich der indirekten Steuern (insbesondere Zoll und Umsatzsteuer).
Liquiditätsmanagement
Verstärkt durch COVID-19 sind Sicherung und Planung der Liquidität für Unternehmen essenziell, um Zahlungsfähigkeit sicherzustellen und den Cashflow zu optimieren. Eine Stellschraube ist die möglichst genaue Planung von Steuervorauszahlungen. Ihr Anteil an der Gesamtsteuerzahllast und die Planungstreue können also auch eine KPI sein.
Technologie
Für die Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist der rechtzeitige und bestmögliche Einsatz neuer Technologien überlebenswichtig. Insofern ist die Messung des Digitalisierungserfolgs auch für die Steuerabteilung folgerichtig. Aber wie kann man ermitteln, ob Technologien und Prozesse für das Unternehmen angemessen oder Mitarbeiter mit ihnen vertraut sind? Objektiv messbar ist z. B. die Anzahl der technologienahen Fortbildungen der Mitarbeiter. Darüber hinausgehende KPIs (wie z. B. Implementierungsgrad oder auch Art der Technologielösungen) können aus dem Target Operating Model abgeleitet werden.
Off-Shoring, Near-Shoring und Outsourcing
Gerade im Zuge der Digitalisierung kann es für die Steuerabteilung sinnvoll sein, bestimmte Funktionen und Prozesse auszulagern. Als KPI bietet sich der Anteil der ausgelagerten Prozesse an. Auch der Anteil der Kosten der Steuerabteilung in Relation zu den gesamten Verwaltungskosten oder zu anderen Abteilungen kann als objektiv messbares Indiz dienen.
Personal
Training, Weiterentwicklung und Mitarbeiterzufriedenheit sind in der Vergangenheit so mancher Steuerabteilung von untergeordneter Bedeutung gewesen. Die Verantwortung dafür gehört jedoch in die Hände der Handelnden – der Steuerabteilung – und sollte auch dort gemessen werden. Die digitale Transformation ist im Wesentlichen auch eine Transformation der Mitarbeiter, weshalb Mitarbeiterkennzahlen auch Einzug in die Erfolgskennzahlen der Steuerabteilung gefunden haben.
Nicht unberechtigt ist es auch über Soft KPIs wie Same Day Response auf Anfragen anderer Abteilungen nachzudenken, was vor allem an interne Kommunikationsrichtlinien des Gesamtunternehmens gekoppelt sein sollte.