Safe Harbours
Die im Detail äußerst komplexen Regelungen sollen durch eine Reihe von Vereinfachungen abgemildert werden, die zum Großteil erst nach der Veröffentlichung der finalen EU-Richtlinie im Inclusive Framework on BEPS vereinbart und dort als sog. Safe Harbours ausformuliert wurden. Wird beispielsweise die ausländische nationale Ergänzungssteuer in Übereinstimmung mit einem anerkannten Rechnungslegungsstandard der obersten Muttergesellschaft oder auf der Grundlage der IFRS erhoben, wird der für dieses Land zu veranschlagende Steuererhöhungsbetrag für die Zwecke des MinStG auf null reduziert („QDMTT Safe Harbour“). Zudem ist im Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums ein weiterer Safe Harbour für aus Wesentlichkeitsgründen nicht konsolidierte Gesellschaften (sog. unwesentliche Geschäftseinheiten) enthalten.
Übergangszeit: CbCR-Safe-Harbour
Darüber hinaus enthält das MinStG insbesondere zeitlich befristete CbCR-Safe-Harbour-Regelungen. Diese erlauben es, die Hochbesteuerung anhand der länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-Country Reporting, kurz CbCR) nach § 138a AO nachzuweisen, sofern der länderbezogene Bericht auf einem qualifizierten Konzernabschluss beruht (sog. qualifizierter länderbezogener Bericht). Die zeitlich befristeten CbCR-Safe-Harbour-Regelungen sollen allerdings nur während einer Übergangszeit – bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr von 2024 bis 2026 – gewährt werden.
Auf Antrag wird der nationale Steuerhöhungsbetrag für ein Land mit null angesetzt, wenn einer der drei folgenden Tests für dieses Land erfüllt wird:
- Die gesamten Umsatzerlöse in diesem Gebiet betragen weniger als 10 Millionen Euro und der gesamte Gewinn/Verlust vor Steuern weniger als 1 Million Euro (vereinfachter Wesentlichkeitstest).
- Der vereinfacht berechnete effektive Steuersatz (vereinfachter Effektivsteuersatztest) beträgt mindestens 15 Prozent (2024), 16 Prozent (2025) bzw. 17 Prozent (2026).
- Der Gewinn/Verlust vor Steuern gemäß dem qualifizierten länderbezogenen Bericht ist höchstens so hoch wie der sogenannte substanzbasierte Freibetrag (Substanztest).
Stellt die Unternehmensgruppe für ein Geschäftsjahr keinen Antrag oder erfüllt sie für ein Geschäftsjahr nicht die Voraussetzungen, sollen die CbCR-Safe-Harbour-Regeln für alle folgenden Geschäftsjahre nicht mehr in Anspruch genommen werden können. Sofern nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt waren, entfällt rückwirkend sowohl für das betroffene Geschäftsjahr als auch für alle folgenden Geschäftsjahre der Safe Harbour.
Mindeststeuer-Erklärung ans Finanzamt und Mindeststeuer-Bericht ans BZSt
Um das Verfahren zu zentralisieren, sieht der Diskussionsentwurf die Einführung einer Mindeststeuergruppe vor, die alle inländischen Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe umfasst. Der Gruppenträger (z. B. eine in Deutschland belegene zwischengeschaltete Muttergesellschaft) ist für die elektronische Abgabe der Steuererklärung beim zuständigen Finanzamt verantwortlich. Bei der Mindeststeuer-Erklärung müssen die Unternehmen selbst die fällige Steuer berechnen. Diese ist einen Monat nach der Erklärungsabgabe fällig.
Darüber hinaus muss jede Geschäftseinheit (oder eine Geschäftseinheit im Auftrag für die Unternehmensgruppe) grundsätzlich einen Mindeststeuer-Bericht elektronisch beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) einreichen. Dieser Bericht muss umfassende Informationen zur Unternehmensgruppe und alle für die Berechnung des effektiven Steuersatzes und der Ergänzungssteuerbeträge notwendigen Informationen enthalten. Der Mindeststeuer-Bericht ist im ersten Jahr der Mindeststeuerpflicht 18 Monate, danach 15 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres an das BZSt zu übermitteln. Die Verpflichtung zur Abgabe kann unter bestimmten Bedingungen entfallen, z. B. wenn bereits eine gebietsfremde oberste Muttergesellschaft einen Mindeststeuer-Bericht in ihrem Belegenheitsstaat abgegeben hat.
Sanktionen für Pflichtverletzung offen
Die in der EU-Richtlinie nicht näher definierten Sanktionen sind auch im Diskussionsentwurf im Rahmen der Bußgeldvorschrift bislang noch unvollständig: Wer vorsätzlich oder leichtfertig den Mindeststeuer-Bericht nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt, handelt zwar ordnungswidrig, die maximal mögliche Geldbuße lässt der Entwurf jedoch derzeit noch offen.
Zeitliche Anwendung des MinStG
Wie von der EU vorgegeben, soll das MinStG für Geschäftsjahre anwendbar sein, die nach dem 30. Dezember 2023 beginnen. Die Sekundärergänzungssteuerregelung soll grundsätzlich ein Jahr später greifen und auf Geschäftsjahre anwendbar sein, die nach dem 30. Dezember 2024 beginnen.