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Pillar II: Was bei Vermögensübertragungen zu beachten ist

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Bei aktuellen Vermögensübertragungen müssen Unternehmen mit einer zukünftigen Mindestbesteuerung rechnen.


Überblick

  • Eine Übergangsregelung für konzerninterne Übertragungen von Vermögenswerten nach dem 30. November 2021 führt dazu, dass einzelne Vermögensübertragungen, die jetzt stattfinden, zu einer Top-up Tax in der Zukunft führen können. 
  • Die betroffenen Unternehmen müssen die drohende Top-up Tax ernst nehmen und schon jetzt handeln. 
  • Dazu gehört die Dokumentation dieser Transaktionen, um später in der Lage zu sein, die neue Steuer korrekt zu ermitteln.

Noch steckt die nationale Umsetzung der OECD-Regeln zur globalen Mindestbesteuerung in den Kinderschuhen. Doch wenn sie wie geplant ab 2024 gelten, werden einige Unternehmen mit den Härten der GloBE Model Rules eine Begegnung der dritten Art erleben. Dann können einzelne Vermögensübertragungen, die jetzt stattfinden, zu einer Top-up Tax in der Zukunft führen. Grund hierfür ist eine Übergangsregelung für konzerninterne Übertragungen von Vermögenswerten nach dem 30. November 2021.

Ernst nehmen

Diese Übergangsregelung durchbricht die korrespondierende Behandlung der Übertragung von Vermögensgegenständen bei der veräußernden und der erwerbenden Geschäftseinheit (CE), nämlich Entstehung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns bei der abgebenden CE und erfolgsneutraler Anschaffungsvorgang bei der erwerbenden CE. Die dann drohende Top-up Tax müssen betroffene Unternehmen ernst nehmen und schon jetzt handeln. Dazu gehört die Dokumentation dieser Transaktionen, um später in der Lage zu sein, die neue Steuer korrekt zu ermitteln. Auch sollten Unternehmen diesen Kostentreiber bei Transaktionen in der Übergangszeit berücksichtigen.

Übergangsvorschrift

Im OECD-Regelwerk ist eine Übergangsvorschrift enthalten, die Übertragungen von Vermögenswerten nach dem 30. November 2021 und vor Beginn des ersten Jahres der Mindestbesteuerung betrifft. Bei konzerninternen Übertragungen von Vermögenswerten (mit Ausnahme von Vorratsvermögen) sind danach die bilanzierten Buchwerte der übertragenden Gesellschaft für GloBE-Zwecke bei der erworbenen Gesellschaft anzusetzen. Dieser sogenannte GloBE-Wert gilt unabhängig von den nach Verrechnungspreisgrundsätzen maßgeblichen und steuerbilanziell anzusetzenden Verkehrswerten. Bei Abweichungen zwischen dem IFRS- und dem GloBE-Wert sind in Höhe von zukünftigen Abschreibungsunterschieden Anpassungen bei der Einkommensermittlung vorzunehmen.

Ein Beispiel

Sachverhalt: Gesellschaft A (Land A) veräußert an Gesellschaft B (Land B) selbst erstelltes IP (z. B. Lizenz) zum Verkehrswert in Höhe von 20.000 Währungseinheiten (WE). Der Buchwert bei Gesellschaft A betrug sowohl für IFRS- als auch für steuerliche Zwecke 0 WE. Der Steuersatz in Land A und Land B beträgt jeweils 15 Prozent und keines der Länder ist ein Niedrigsteuerland. Der Vermögenswert wird auf der Ebene der Gesellschaft B nach IFRS über zehn Jahre linear abgeschrieben. Anschaffungskosten sowie Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode sind im Beispiel für steuerliche Zwecke identisch und es gibt nach IFRS weder temporäre Differenzen noch latente Steuern. Gesellschaft B hat auch keine außerbilanziellen Korrekturen, sodass das IFRS-Ergebnis vor Steuern dem zu versteuernden Einkommen entspricht.

Pillar II: Verkauf eines IP (Lizenz) von A nach B zum Fair Market Value (FMV)

Verkauf eines IP (Lizenz) von A nach B zum Fair Market Value (FMV) von 20.000 (Buchwert 0)

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Auswirkung Gesellschaft A

Hier fällt bei der Übertragung eine Steuer in Höhe von 3.000 WE (15 Prozent von 20.000 WE) an. Weitere Korrekturen sind auf der Ebene der Gesellschaft A nicht vorzunehmen.

Auswirkungen Gesellschaft B

Bei Übertragung des IP in der Übergangsperiode (dargestellt in der linken Spalte der Tabelle) gilt die Korrekturvorschrift von Artikel 9.1.3 der OECD Model Rules. Für GloBE-Zwecke ist der Buchwert der abgebenden Gesellschaft A fortzuführen. Das bedeutet, dass die nach IFRS vorgenommenen Abschreibungen auf die Anschaffungskosten zu eliminieren sind. Dies führt zu einem höheren GloBE-Einkommen, ohne dass hier eine entsprechende Covered Tax zu berücksichtigen ist. Es ergibt sich eine GloBE ETR von nur 9 Prozent und deshalb eine Top-up Tax in Höhe von 6 Prozent.

Bei Übertragung vor dem 1. Dezember 2021 oder nach Beginn des ersten Jahres, in dem die GloBE-Regeln gelten, wird hingegen die Abschreibung ergebnismindernd berücksichtigt und die GloBE ETR entspricht dem lokalen Steuersatz von 15 Prozent. Es fällt keine Top-up Tax an.

Brisant ist hierbei, dass alle Transaktionen von Vermögenswerten innerhalb des Konzerns zwischen Geschäftseinheiten im Übergangszeitraum betroffen sind. Insbesondere bei Übertragungen von Unternehmenseinheiten in Form von Asset Deals wirft diese Regelung viele Fragen auf.

Aufwendige Bestandsführung

Zunächst macht diese Vorschrift eine sehr aufwendige Bestandsführung von Vermögenswerten für GloBE-Zwecke erforderlich. Es ist zu überlegen, ob die Vermögenswerte in einem eigenen GloBE Ledger erfasst und fortgeführt werden, um die spätere Nachvollziehbarkeit vorzunehmender Korrekturen sicherzustellen.

Top-up Tax als Strafsteuer für Pre-GloBE-Transaktionen

Außerdem führt diese Vorschrift in vielen Fällen zu einer Top-up Tax ab Beginn der Gültigkeit der GloBE-Regeln, im Falle von Transaktionen also schon vor Beginn der globalen Mindestbesteuerung. Zweck dieser Regelung soll sein, Last-Minute-Vermögensübertragungen aus Niedrigsteuerländern in Hochsteuerländer zu erfassen und zu besteuern. Allerdings trifft diese Regelung sämtliche Übertragungen von Vermögenswerten in der Übergangsperiode. Bemerkenswerterweise kommt es im Falle der identischen Übertragung nach Beginn des ersten GloBE-Jahres zu keiner Top-up Tax. Eine Spezialregel gilt im Fall einer Übertragung im Rahmen einer sogenannten GloBE-Reorganisation (Verschmelzung, Abspaltung, Liquidation, Ausgliederung oder ähnliche Transaktion). Hier werden in der Regel die Buchwerte des Übertragenden fortgeführt.

Autor:innen: Eva Stauske, Martin Ellerbusch, Daniela Kemme

Mehr Infos zu Pillar II finden Sie hier.

Fazit

Schließlich stellt sich die Frage, warum nur Vermögenswerte und nicht auch Schulden in diese Vorschrift mit einzubeziehen sind. Auch in Fällen, in denen eine Unternehmensgruppe nicht ab dem ersten Jahr in den Anwendungsbereich der GloBE-Regeln fällt, kann hier ein langer Zeitraum mit vielen Anpassungen zu berücksichtigen sein. Übertagungen in der Übergangsperiode sind daher genau zu analysieren und es ist abzuwägen, ob diese erst nach Beginn des ersten GloBE-Jahres durchgeführt werden.

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