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Erwarten Sie dabei Veränderungen?
In den zurückliegenden Jahren waren wir vor allem im Umfeld von Projektentwicklungen aktiv, sind mit Bauträgern gewachsen und haben Lösungen für die grüne Wiese konzipiert. Im Bestand kommt man nicht umhin, sich mit dem Gebäude als Ganzem zu beschäftigen. Da spielt die Musik nicht mehr nur in den Kellern der Gebäude, sondern aufgrund der veränderten Technologien zum Beispiel auch auf deren Dächern. Wir sprechen nicht mehr nur von einem Gaskessel oder dem Blockheizkraftwerk. Neben der Wärmepumpe gibt es nun auch noch die Photovoltaikanlage auf dem Dach, idealerweise perspektivisch einen Batteriespeicher oder andere Speichermöglichkeiten und in der Tiefgarage steht das zu ladende E-Auto usw. All das müssen wir vernetzt denken und intelligent umsetzen.
Energieversorger sehen große Synergiepotenziale mit der Wohnungswirtschaft, tun sich aber schwer, außerhalb des Commodity-Geschäfts große Renditen in dezentralen Lösungen zu erzielen. Was macht die GETEC anders?
Hier komme ich noch einmal auf unsere DNA zurück und auf die Tatsache, dass wir von Anfang an im Wettbewerb standen, keineswegs gesetzt waren und daher mit kundenorientierten Lösungen antreten mussten. Wer dagegen lange Zeit als Monopolist unterwegs war, kann das nicht einfach abschütteln. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen weiterhin politisch gesteuert sind, was den angestoßenen Kulturwandel tendenziell eher verlängert.
Der zweite Aspekt ist, dass wir als GETEC durch die Vielzahl von Projekten eine wahnsinnige Lernkurve erlebt haben. Gerade kleinere und mittlere Stadtwerke haben Anwendungsfälle in dieser Breite naturgemäß gar nicht. Gegenüber den großen Energieversorgern wiederum ist unser Vorteil, dass wir schnell entscheiden und finanzierungsseitig trotzdem die nötige Firepower haben. Bei der GETEC können wir im Grunde innerhalb von 14 Tagen alle Gremien passieren und loslegen.
Die Stadtwerke sehen geringere Synergieeffekte mit der Wärmeindustrie – dies ist ein Trend, der sich seit einigen Jahren fortschreibt. Wie arbeitet die GETEC derzeit mit Stadtwerken zusammen bzw. wie sehen Sie zukünftige Synergiepotenziale oder Kooperationsmöglichkeiten mit Stadtwerken?
Grundsätzlich sind solche Potenziale vorhanden und wir haben sie auch schon gehoben, etwa im Pioneer Park, einer ehemaligen Kaserne in Hanau. Bei diesem großen Entwicklungsprojekt war schnell klar, dass ein gemeinsames Vorgehen sinnvoll ist. In Gestalt einer Gesellschaft mit konkreter Aufgabenteilung und langfristigem Ansatz gehen die Stadtwerke Hanau und die GETEC das gemeinsam an. Auch auf Sylt gibt es ein Beispiel, wo wir zwar ohne gemeinsame Gesellschaft, aber mit klarer Arbeitsteilung hinsichtlich Erzeugung und Verteilung operieren.
Es gibt nicht die eine richtige Konstellation. Wichtig ist zu schauen, welche Aufgabe gelöst werden muss und wer dafür welche Kompetenzen mitbringt. Hier sind die Stadtwerke meiner Beobachtung nach sehr unterschiedlich aufgestellt. Sicherlich können sie kleinere und dadurch weniger komplexe Projekte genauso gut bewerkstelligen wie eine GETEC. Unterm Strich ergibt es aber immer mehr Sinn, miteinander zu marschieren als gegeneinander. Das gilt insbesondere für komplexe Themen, die mit Blick auf die Dekarbonisierung von bestehenden Versorgungslösungen in Bestandsquartieren zunehmen werden. Nicht zuletzt die Aufgabenfülle der Stadtwerke, der politische Erwartungsdruck und die Frage der Finanzierung schreien geradezu danach, jemanden wie uns ins Boot zu holen. In der Tat sehen wir auch, dass wir inzwischen leichter ins Gespräch kommen als noch vor einiger Zeit und dass sich die Stadtwerke offener zeigen, die Möglichkeiten auszuloten.
Welche Vorteile haben die Stadtwerke gegenüber der GETEC aus Ihrer Sicht?
Ein großer Vorteil ist natürlich die Vernetzung vor Ort und auch die Unterstützung, die Stadtwerke genießen. Man sieht sich regelmäßig auf Veranstaltungen und die Kommune ist in der Regel Anteilseigner. Oberbürgermeister und Gemeinderäte haben ein hochrangiges Interesse daran, dass die Stadtwerke an der Wertschöpfung von energetischen Projekten in der jeweiligen Kommune partizipieren. Die enge Verzahnung betrifft auch die Kunden – die Einbindung der Stadtwerke ist hier oftmals auch ein stark politisch motiviertes Instrument im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben. Auch vor diesem Hintergrund sehe ich große Vorteile in Partnerschaften.
Die GETEC verfügt über ein großes Portfolio an gasbetriebenen Wärmeanlagen – wie haben Sie das Jahr 2022 wahrgenommen?
Unsere Welt hat sich massiv gedreht, zum einen weil sich mit der Zinswende und den galoppierenden Baupreisen für die Immobilienwirtschaft und damit unsere Kunden das wirtschaftliche Umfeld dramatisch verändert hat, zum anderen weil die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Gaskrise für maximale Unsicherheit bei der Entscheidung für die richtige Wärmeversorgung gesorgt hat. Dies hatte zur Folge, dass ab dem 24. Februar 2022 quasi in jedem Projekt, auch in jenen auf der Zielgerade, auf die Bremse getreten wurde. Alle Projekte mussten noch einmal neu angepackt und die Frage beantwortet werden, ob die geplante Versorgungslösung die beste ist. Gleichzeitig standen wir vor dem Problem, dass die Kunden keine Präferenz hatten. Sie wollten vielfach nur die Alternativen sehen, ohne dass das zwingend zu einer Entscheidung geführt hat. Im Ergebnis haben wir einen hohen Aufwand betrieben, die Projekte blieben dennoch oftmals „on hold“ und wir haben dies natürlich auch in Form eines zurückgehenden Auftragseingangs gespürt.
Im Laufe des Jahres 2022 hat sich zwar bereits herauskristallisiert, wohin die Lösungen gehen. Wir sind im Neugeschäft zu 90 Prozent mit Wärmepumpen und elektrisch unterwegs. Was aber bleibt, ist ein höherer Aufwand als in der Vergangenheit, weil die Lösungen komplexer und die Untersuchungen drum herum deutlich aufwendiger sind. Insgesamt ist das nicht weniger als eine komplette Kehrtwende.
Sie deuten es bereits an – wie wird die Wärmeversorgung 2030 aussehen?
Im Neubau ist die Sache im Prinzip schon klar – hier basiert die Wärmeversorgung nahezu vollständig auf der Wärmepumpe, ist also voll elektrisch. Der Schlüssel liegt hier in einer möglichst netzdienlichen Einbindung, auf Einzelobjekt- wie auch auf Quartiersebene, und der Kombination etwa mit Photovoltaik und entsprechenden Speicher- und E-Lademöglichkeiten. Ohne eine solche intelligente Vernetzung vom Kleinen ins Große, inklusive mitgedachter Beschaffung und Einspeisung, wird es nicht funktionieren, vor allem mit Blick auf die Verteilnetze. Die große Frage wird sein, wie man mit dem Bestand umgeht. Hier ist die Herausforderung ungleich höher. Das wird länger dauern, bis er in die elektrische Welt überführt ist, aber genau deshalb müssen wir da jetzt ran.
Ein Blick vielleicht noch auf Wasserstoff: Während dieser als Energiequelle in der Immobilienwirtschaft nur vereinzelt eine pilotartige Rolle spielt und bis 2030 wohl von untergeordneter Bedeutung bleiben wird, sieht das in der Industrie natürlich deutlich anders aus. Dort wird eben nicht alles elektrisch funktionieren und Wasserstoff für die Temperaturniveaus dringend gebraucht.
Wie positioniert sich die GETEC im Bereich der Wärmeversorgung 2030, zum Beispiel mit Blick auf neue Produkte im Aufbau, Unterstützungsleistung bei kommunalen Wärmeplanungen etc.?
Wir gehen es technologieagnostisch an und schauen, was im regulatorischen Umfeld wirtschaftlich Sinn ergibt und dem Kundenwunsch entspricht. Wir legen uns weder auf eine Technologie fest noch stellen wir sie selbst her. Dadurch bleiben wir komplett offen und können schnell reagieren.
Bei der kommunalen Wärmeplanung werden wir als Netzbetreiber und Versorger heute schon einbezogen, indem wir etwa dazu beitragen, Daten zu erheben. Das ist eine zwingende Voraussetzung, um auf einer validen Datenbasis überhaupt einen Prozess aufzusetzen. Auch in der Umsetzung sind wir dann gerne an Bord. Gleichzeitig ist es unser Anspruch, in unseren eigenen Netzen Dekarbonisierungsmöglichkeiten auszuloten und umzusetzen und dadurch unseren eigenen Bestand Stück für Stück zu dekarbonisieren. In diesem Zusammenhang können und wollen wir dann auch den Stadtwerken anbieten, sie bei der Dekarbonisierung ihrer Infrastruktur zu unterstützen.