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Warum EFTERM der Anfang vom Ende sein könnte

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Die Auswirkungen einer Euro Forward-Looking Term Rate (EFTERM) auf die Finanzindustrie können gravierend sein.


Überblick

  • Die Welt der globalen Referenzzinssätze befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch.
  • Die Auswirkungen eines EFTERM auf die Finanzindustrie können gravierend sein.
  • Banken sollten ihr Exposure in Bezug auf Referenzzinssätze in Nebenwährungen genauestens verfolgen.

Die Welt der globalen Referenzzinssätze befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch: Als Reaktion auf umfangreiche Marktmanipulationen löste das Financial Stability Board (FSB) mit seiner im Jahr 2014 ausgesprochen Empfehlung zur Reform von marktrelevanten Referenzzinssätzen die Überarbeitung globaler regulatorischer Rahmenwerke aus. Dieses fortan unter dem Begriff „IBOR-Reform“ bezeichnete Unterfangen begann in Europa mit der Ablösung des europäischen Zinssatzes EONIA durch einen robusten, aufsichtsrechtlich anerkannten Nachfolgezinssatz, den €STR.

Der korrespondierende zukunftsorientierte Terminzinssatz EURIBOR wurde konzeptionell überarbeitet und hat voraussichtlich noch bis mindestens 2025 Bestand. Der zuständige Benchmark-Administrator des EURIBOR, das European Money Markets Institute (EMMI), hat sich als künftiger Administrator einer zukunftsorientierten Referenzwertalternative zum EURIBOR positioniert – mit Blick auf ein mögliches Ende des EURIBOR einerseits und auf das Wirken der EZB-Arbeitsgruppe für risikolose, zukunftsorientierte Referenzzinssätze andererseits. Die vom EMMI vorgestellte Alternative zum EURIBOR wird als Euro Forward-Looking Term Rate, kurz EFTERM, bezeichnet und in Zusammenarbeit mit der ICE Benchmark Administration (IBA) berechnet. Der EFTERM ist zunächst nur als Betaversion und rein zu Informationszwecken verfügbar.

Euro Forward-Looking Term Rate – der Anfang vom Ende?

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Lesen Sie hier, welche immensen Auswirkungen auf die Finanzindustrie die Einführung der Euro Forward-Looking Term Rate haben könnte.

    Datenqualität des EURIBOR

     

    In einer Analyse von EY zum Fortbestehen des EURIBOR wurde bereits dargelegt, auf welch unsicherem Fundament dessen Zukunft steht. Die maßgebliche Ursache hierfür liegt in der Qualität der Preisquellen, die im Rahmen der neu eingeführten hybriden Kalkulationsmethodik nach dem Wasserfallprinzip für die Berechnung herangezogen werden. Trotz Modernisierungsbemühungen des Administrators EMMI beruhen die Eingangsdaten, mit Ausnahme des 1-Wochen-Tenor, zu 75 Prozent und mehr auf veralteten Preisdaten (sogenannte Level-2.3-Daten) oder auf Preisdaten, die nicht auf tatsächlich ausgeführten Transaktionen des Zielmarktes oder auf Transaktionen angrenzender Zielmärkte basieren (sogenannte Level-3-Daten).

     

    EURIBOR-Nachfolger à la EZB

     

    Die EZB-Arbeitsgruppe für risikolose Referenzzinssätze (Working Group on Euro Risk-Free Rates) hat im Rahmen ihres Mandats €STR-basierte Terminzinsstrukturen konzipiert:

    1. Zukunftsorientiert („forward-looking“), basierend auf ausführbaren Quotes und Transaktionen des Derivatemarktes: Der Zinssatz gibt eine vorausschauende Zinsprognose ab. Die Höhe des Zinssatzes ist zu Beginn der Zinsperiode bekannt.
    2. Vergangenheitsorientiert („backward-looking“), basierend auf vergangenen, tatsächlich ausgeführten Transaktionen des Cash-Marktes: Der Zinssatz bildet die Zinsentwicklung der Vortage ab. Die Höhe des Zinssatzes ist erst am Ende der Zinsperiode bekannt.

    Der neue EFTERM fällt unter Variante 1 und ist, analog dem heutigen EURIBOR, bereits am Anfang der Zinsperiode bekannt. Zu den Vorteilen des EFTERM zählen, dass die Funktionsweise eines zukunftsorientierten Zinssatzes allen Marktteilnehmern bekannt ist und Produkte, Handels- und Abwicklungssysteme auf die zukunftsorientierte Natur ausgelegt sind. Die Verfügbarkeit eines solchen Terminzinssatzes würde dessen Verwendung und die Adaption des Marktes deutlich beschleunigen.

    Der EFTERM: Funktionsweise

    Das EMMI hat in Zusammenarbeit mit der IBA den EFTERM entwickelt. In dem dreistufigen Wasserfallmodell werden auf der ersten Stufe €STR-referenzierende, handelbare (explizit keine indikativen) OIS-Quotierungen (Kursofferten) auf elektronischen Handelsplätzen verwendet. Dazu gehören zum aktuellen Zeitpunkt die BGC Trader Platform, die Tradition Trad-X Platform und die ICAP i-Swap Platform. Auf der zweiten Stufe werden €STR-referenzierende OIS-Dealer-to-Client-Quotierungen und auf der dritten Stufe €STR-referenzierende Futures-Preise mit einer Laufzeit von einem Monat verwendet. Der EFTERM soll die durchschnittlich erwarteten €STR-Sätze über die Laufzeiten 1 Woche, 1 Monat, 3 Monate, 6 Monate und 12 Monate abbilden.

    Der EFTERM: Liquidität

     

    Im Rahmen einer sechsmonatigen Testphase haben das EMMI beziehungsweise die IBA die Berechnung des EFTERM durchgeführt und analysiert. Während dieses Zeitraums standen keine Level-1-Quotierungen zur Verfügung. Konkret wurde der EFTERM mit allen Laufzeiten und über die gesamte Testphase hinweg ausschließlich aus Level-2-Quotierungen aufgebaut. Ein Blick auf den ISDA-Clarus RFR Adoption Indicator und insbesondere der Vergleich mit dem wohl am weitesten fortgeschrittenen RFR-Swap-Markt zeigen ein verhältnismäßig geringes Handelsvolumen im €STR. Während auf dem britischen Swap-Markt 100 Prozent des gehandelten Volumens auf SONIA entfallen, bewegen wir uns im Euroraum auf nur knapp einem Fünftel.

     

    Kritische Stimmen deuten an, dass der Zeitpunkt für einen zukunftsorientierten €STR-Terminzinssatz noch verfrüht sei. Das wird mit der bereits aufgezeigten und vergleichsweise geringen Liquidität im €STR-Swap-Markt begründet.

    Vergleich EURIBOR vs. EFTERM

    Die Transaktionsdaten des EURIBOR setzen sich teilweise aus unbesicherten Geldmarkttransaktionen, aber zum überwiegenden Teil aus indikativen Quotierungen zusammen. Der EURIBOR enthält ein implizites Kreditrisiko, da er ausschließlich aus den Transaktionsdaten von 18 Panelbanken gebildet wird. Mit einem Moody’s-Durchschnittsrating von A2 sind die Panelbanken von sehr guter Bonität. Dennoch besteht ein Kontrahentenausfallrisiko aufgrund nicht vorhandener Besicherung der Geschäfte.

    Der EFTERM bezieht, sofern der Optimalfall eintritt und Level-1-Daten verfügbar sind, Transaktionsdaten aus handelbaren Geld- und Briefkursen. Die Geschäfte sind aufgrund des zentralen Clearings entsprechend mit Sicherheiten unterlegt. Das Kontrahentenausfallrisiko wird minimiert und der EFTERM beinhaltet (wenn überhaupt) nur noch eine marginale Kreditrisikokomponente. Er ist folglich nahezu „risikofrei“. Demnach folgt aus den unterschiedlich stark eingepreisten Kreditrisikoprämien auch, dass der EURIBOR höher ausfallen muss als der EFTERM. Ein Blick auf den aktuellen Spread seit Publikation des EFTERM am 1. Juni 2022 zwischen EURIBOR und EFTERM bestätigt dies. Ausnahmen finden sich im einwöchigen und einmonatigen Laufzeitenband. Dies lässt sich jedoch durch die geringe Laufzeit und das damit auch geringere Ausfallrisiko erklären.

    Ausblick

    Die Betaversion des EFTERM befindet sich noch in Evaluation. Das EMMI wertet Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge von Marktteilnehmern im Rahmen seiner Konsultation aus. Dann sollte sich auch zeigen, inwiefern der EFTERM von Marktteilnehmern als mögliche vorausschauende Referenzzinsrate akzeptiert würde. Bei einem positiven Votum wäre der EFTERM die erste geeignete Alternative zum heutigen EURIBOR. Den Go-live des EFTERM hat das EMMI für Oktober 2022 angesetzt.

    Fazit

    Die Auswirkungen eines EFTERM auf die Finanzindustrie können gravierend sein. Sollte sich der EFTERM am Markt etablieren und zunehmend Liquidität auf sich vereinen, so könnten schon bald die notwendigen Transaktionsvolumina, die den EURIBOR zum aktuellen Zeitpunkt noch robust halten, nicht mehr vorhanden sein.
    Banken tun gut daran, ihr Exposure in Bezug auf Referenzzinssätze in Nebenwährungen wie beispielsweise dem kanadischen Dollar genauestens zu verfolgen und bei Betroffenheit ein Monitoring für Bekanntgaben von Referenzwert-Ablösungen in diesen Währungen einzurichten. Wo dies bereits heute bekannt ist, sollten Banken unbedingt die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung relevanter Nachfolgesätze in ihre Planung aufnehmen.

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