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Wie das Zukunftsfinanzierungsgesetz die Tokenisierung revolutioniert

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) soll den deutschen Kapitalmarkt dank Digitalisierung attraktiver machen.


Überblick

  • Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll die Wettbewerbsposition von deutschen Banken und Technologieanbietern stärken.
  • Das geplante Gesetz schafft die Möglichkeit, elektronische Aktien in Form von Zentralregisteraktien und Kryptoaktien auszugeben.
  • Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz und der Erweiterung des eWpG um Zentralregister- und Kryptoaktien gibt es dann einen verbindlichen rechtlichen Rahmen.

Das geplante Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) schafft die Möglichkeit, elektronische Aktien in Form von Zentralregisteraktien und Kryptoaktien auszugeben. Mit dem geplanten Gesetz führt Deutschland als eines der ersten Länder weltweit einen Rahmen für die Emission von Aktien über ein auf der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) basierendes Netzwerk ein. Im Rahmen des geplanten ZuFinG (Referentenentwurf inzwischen öffentlich abrufbar) ist unter anderem auch eine Anpassung des elektronischen Wertpapiergesetzes (eWpG) geplant. Bislang sieht das eWpG ausschließlich die Emission von Inhaberschuldverschreibungen (unter anderem klassische variabel oder festverzinsliche Anleihen, Wandelanleihen, Genuss- und Optionsscheine oder strukturierte Schuldverschreibungen) und Fondsanteilen vor. Mit der geplanten Erweiterung wird die Möglichkeit einer elektronischen Begebung um Aktien ergänzt. Bei allen drei Produktgruppen ist jedoch die Unterscheidung in Zentralregisterwertpapiere, das heißt Wertpapiere, die in ein Register bei einem Zentralverwahrer eingetragen werden („Zentralregisterwertpapiere beziehungsweise -aktien“), und Kryptowertpapiere, das heißt Wertpapiere, die in ein Kryptowertpapierregister eingetragen werden („Kryptowertpapiere beziehunsgweise -aktien“), zu beachten. Unbenommen ist derzeit die Möglichkeit zur Erstellung einer papierhaften Urkunde.

moegliche produktgruppen unter dem angepassten ewpg

Wichtig ist, dass die neuen Zentralregisteraktien beziehungsweise Kryptoaktien das Verhältnis zwischen Aktionär und Emittent nicht beeinträchtigen. Jede Aktiengesellschaft kann künftig zwischen der heutigen Verbriefung und der elektronischen Begebung durch Eintragung in ein Zentralregister beziehungsweise ein Kryptowertpapierregister wählen, wobei als Zentralregisteraktien Namens- und Inhaberaktien, als Kryptoaktien lediglich Namensaktien begeben werden können.

Neue Möglichkeiten bei Zentralregisterwertpapieren

Zentralregisterwertpapiere sind hierbei Wertpapiere, die in ein zentrales Wertpapierregister eingetragen werden. Das entsprechende Wertpapierregister kann entweder durch eine Wertpapiersammelbank oder durch einen vom Emittenten benannten Verwahrer geführt werden. In der Praxis ist dies in Deutschland der Clearstream AG als einzigem Zentralverwahrer vorbehalten. Die Tochter der Deutschen Börse hat hierfür eine neue elektronische Plattform geschaffen, die sogenannte D7-Plattform.

Die bisherige physische Globalurkunde wird bei Zentralregisterwertpapieren durch den Eintrag der Emission in eine Datenbank ersetzt. Die Verbuchung der Transaktionen erfolgt auf elektronischem Wege auf Depotkonten. Hierbei werden die heute bereits bestehenden Abwicklungsstrukturen genutzt, sodass die bisherigen Abwicklungsprozesse nahezu unverändert fortgeführt werden können.


Zahlreiche Unternehmen, zumeist Banken, nutzen bereits die Möglichkeit zur Begebung von Wertpapieren in dieser Form, da dies eine Digitalisierung des Emissionsprozesses und die Intraday-Emission von Wertpapieren ermöglicht. Gerade die Fähigkeit zur Intraday-Emission von Wertpapieren ist im Bereich der Optionsscheine und Zertifikate interessant.


Wenn Zentralregisterwertpapiere in das Register einer Wertpapiersammelbank/eines Zentralverwahrers eingetragen werden, werden sie in das Effektengiro einbezogen, sodass die Voraussetzungen für den Börsenhandel gemäß der europäischen Verordnung über Wertpapierzentralverwahrer (Central Securities Depositories Regulation, kurz CSDR) gegeben sind. Der auf die Emission folgende Handel der Papiere unterscheidet sich damit nicht vom klassischen Wertpapierhandel, da die Buchung unverändert auf Depotkonten beim Zentralverwahrer erfolgt. Lediglich wenige Gattungsdatenfelder der Papiere erlauben eine Unterscheidung zwischen klassischen Wertpapieren und Zentralregisterwertpapieren. Erfolgt keine Einbeziehung in das Effektengiro eines Zentralverwahrers, so ist der Handel auf einem Handelsplatz – geregelte Märkte (GM), Multilateral Trading Facilities (MTF) und Organised Trading Facilities (OTF) – gemäß MiFID 2 ausgeschlossen und ausschließlich ein außerbörslicher Handel („over the counter“, OTC) möglich.

 

Zahlreiche Unternehmen, zumeist Banken, nutzen bereits die Möglichkeit zur Begebung von Wertpapieren in dieser Form, da dies eine Digitalisierung des Emissionsprozesses und die Intraday-Emission von Wertpapieren ermöglicht. Gerade die Fähigkeit zur Intraday-Emission von Wertpapieren ist im Bereich der Optionsscheine und Zertifikate interessant, da heute eine Vielzahl von Wertpapieren bereits im Emissionsprozess aufgrund des Über- beziehungsweise Unterschreitens von Schellenwerten wertlos verfällt (unter anderem Knock-out-Produkte).

 

Besonderheiten bei Kryptowertpapieren

 

Kryptowertpapiere hingegen werden nicht in ein zentrales Register eingetragen, sondern entstehen durch die Eintragung in ein sogenanntes Kryptowertpapierregister. Hierbei werden im eWpG explizit keine Vorgaben an die Technologie gemacht, jedoch wird eine fälschungssichere dezentrale Datenbank vorgeschrieben. Analog den Zentralregisterwertpapieren entfällt auch bei Kryptowertpapieren die physische Globalurkunde. Die Führung eines Kryptowertpapierregisters steht als erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung im Sinne des Kreditwesengesetzes unter Aufsicht der BaFin. Die Führung eines Kryptowertpapierregisters ist dabei nicht nur auf Zentralverwahrer und Banken beschränkt.

 

Aufgrund der fehlenden Einbeziehung in das Effektengiro eines Zentralverwahrers ist derzeit keine Börsenfähigkeit gemäß CSDR gegeben, sodass ausschließlich ein OTC-Handel erfolgen kann. Somit sind Kryptowertpapiere ausschließlich für Emittenten interessant, die keinen Börsenhandel anstreben.

Noch Potenzial
Kryptowertpapiere wurden bis zum April 2023 emittiert.

Die Anzahl der bisher emittierten Kryptowertpapiere ist vermutlich auch aus diesem Grund gering – per April 2023 waren es nur knapp 30. Jede Emission muss dabei durch den Emittenten im Bundesanzeiger veröffentlicht und an die BaFin gemeldet werden. Anschließend werden die wesentlichen Eckdaten auf der Website der BaFin veröffentlicht.

Die bisher prominenteste Transaktion war die Emission einer Anleihe mit einem Volumen von 60 Millionen Euro und einer Laufzeit von knapp einem Jahr durch die Siemens AG im Februar 2023. Insbesondere die halbjährliche Zinszahlung an die namentlich bekannten Investoren stellt eine Neuerung dar, da zahlreiche vorherige Emissionen als Zero-Coupon-Anleihen ausgegeben wurden. Die Abwicklung der Zinszahlungen und auch der Rückzahlung bei Endfälligkeit erfolgt über klassische Bankkonten und damit auf der Basis der etablierten Infrastruktur.

Bei den bisherigen Kryptowertpapieremissionen haben nur wenige Investoren eine Übertragung der Kryptowertpapiere in eine eigene Verwahrlösung vorgenommen. Die meisten Investoren lassen die Kryptowertpapiere bei einem mit dem Kryptowertpapierregisterführer eng verbundenen Kryptoverwahrer deponieren. Dieses Verfahren ermöglicht es allen Marktteilnehmern, mit nur geringem Aufwand entsprechende Kryptowertpapiere zu erwerben. Lediglich ein klassisches Onboarding in das Kryptowertpapierregister und den meist im gleichen Konzern angesiedelten Kryptoverwahrer (AML & KYC) ist hierfür notwendig. Der Aufbau einer technischen Verbindung über das spezifische DLT-Netzwerk an das Kryptowertpapierregister ist hingegen obsolet.

Weitere Möglichkeiten des Zukunftsfinanzierungsgesetzes

Die geplante Erweiterung der Produktgruppen im Rahmen des ZuFinG auf Aktien (sowohl Zentralregisteraktien als auch Kryptoaktien) unterliegt den gleichen Anforderungen und Beschränkungen wie bereits heute mögliche Anleihen als Zentralregisterwertpapiere beziehungsweise Kryptowertpapiere. Insbesondere ist, wie bereits erwähnt, der Börsenhandel ausschließlich bei Zentralregisterwertpapieren möglich.

Der mögliche Handel und eine standardisierte Abwicklung der Kryptowertpapiere und Kryptoaktien sind der nächste wichtige Schritt in der Verbreitung der neuen Begebungsformen. Hierbei spielt das EU-DLT-Pilot-Regime (EU 2022/858) eine zentrale Rolle, da es unter anderem die Möglichkeit eines Handelsplatzes für DLT-basierte Produkte (DLT MTF) als auch die Möglichkeit für Wertpapierabwicklungssysteme (DLT Securities Settlement System; DLT SS) für DLT-basierte Produkte oder eine Kombination aus Handels- und Abwicklungssystem (DLT Trading & Settlement System; DLT TSS) schafft. Dabei besteht die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Regulatory Sandbox unter bestimmten Voraussetzungen von einzelnen Vorgaben der MiFID 2/der MiFIR beziehungsweise der CSDR freistellen zu lassen.


Die Schaffung einer Möglichkeit zum Handel und zur standardisierten Abwicklung der Kryptowertpapiere und Kryptoaktien ist der nächste wichtige Schritt in der Verbreitung der neuen Begebungsformen.


Während sowohl Wertpapierfirmen als auch Marktbetreiber mit entsprechender BaFin-Erlaubnis ein DLT MTF beziehungsweise ein DLT TSS betreiben dürfen, ist der Betrieb eines DLT SS ausschließlich Zentralverwahrern vorbehalten. FinTechs und andere Unternehmen erhalten jedoch die Möglichkeit, eine Lizenz mittels eines vereinfachten Verfahrens zu beantragen.

Als DLT-basierte Produkte werden im Rahmen des EU-DLT-Pilot-Regimes Krypto-Assets angesehen, die als Finanzinstrumente im Rahmen der MiFID 2 eingestuft werden. Alle Kryptowertpapiere, das heißt entsprechende Inhaberschuldverschreibungen („Kryptoanleihen“), aber auch die geplanten Kryptoaktien, fallen daher unter das dargestellte EU-DLT-Pilot-Regime. Gerade durch die Verbindung der beiden regulatorischen Felder (EU-DLT-Pilot-Regime einerseits und eWpG-Update im Rahmen des ZuFinG andererseits) wird eine spannende Kombination erzielt, die die Nutzbarkeit und damit auch die Marktdurchdringung deutlich erhöhen kann. Jedoch bestehen im Rahmen des EU-DLT-Pilot-Regimes Einschränkungen im Hinblick auf die Marktkapitalisierung bei Aktien, dem Emissionsvolumen bei Anleihen beziehungsweise dem Gesamtvolumen der zugelassenen Finanzinstrumente auf einer DLT-Infrastruktur. Diese Begrenzung verhindert zwar eine verbreitete Nutzung, erlaubt es den Teilnehmern jedoch, weitere Erfahrungen mit der neuen Technologie zu sammeln.

Gerade durch die Verbindung der beiden Themen sollten Marktteilnehmer die Evaluierung ihrer jeweiligen eigenen zukünftigen Rolle fortsetzen, das heißt, sie sollten sich mit der Frage auseinandersetzen, in welchem Umfang und für welchen Use Case DLT künftig genutzt werden soll. Generell sind die folgenden Rollen denkbar:

  • Investor in Kryptowertpapiere
  • Emittent von Kryptowertpapieren
  • Angebot der Kryptowertpapierregisterführung
  • Verwahrer von Kryptowertpapieren
  • Betreiber eines DLT MTF bzw. eines DLT TSS
  • Betreiber eines DLT SS

Insbesondere die Kombination von einzelnen Rollen, unter anderem das Handels- und Abwicklungssystem für DLT-basierte Produkte (DLT TSS) mit der Kryptowertpapierregisterführung, erzeugt hierbei einen Mehrwert. Bei der Analyse ist zu beachten, dass einzelne Anwendungsfälle, etwa die Kryptowertpapierregisterführung, oder alle Aspekte unter dem EU-DLT-Pilot-Regime eine separate Beantragung und Gestattung einer Erlaubnis der BaFin benötigen.

Die Nutzung von DLT-basierten Produkten, wozu auch Kryptowertpapiere und Kryptoaktien zählen, erlaubt perspektivisch eine weitere Automatisierung entlang des gesamten Produktlebenszyklus. Zahlreiche Tätigkeiten wie die Zinszahlung bei Anleihen, die Banken heute erledigen, können durch Smart Contracts übernommen und somit automatisiert werden. Wer zukünftig am meisten Schritte automatisieren kann, wird in Form deutlicher Kosten-, Zeit- und Qualitätsvorteile erhebliche Effizienzsteigerungen im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern haben.

Alle Marktteilnehmer sollten im ersten Schritt klären, welches Leistungsversprechen die Banken den Kunden geben, welche Produkte – sowohl klassisch als auch DLT-basiert – dies umfasst und welche Anpassungen am bestehenden Geschäftsmodell hierfür notwendig sind. Im zweiten Schritt sind dann die notwendigen technologischen Anpassungen vorzunehmen und die entsprechenden Genehmigungen zu beantragen.

Fazit

Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz und der damit verbundenen Erweiterung des eWpG um Zentralregisteraktien und Kryptoaktien schafft Deutschland einen verbindlichen rechtlichen Rahmen, der vor allem in Verbindung mit anderen europäischen Regulierungen (unter anderem EU DLT Pilot Regime) die Nutzung der neuen Distributed-Ledger-Technologie ermöglicht und damit die Wettbewerbsposition von deutschen Banken und Technologieanbietern stärkt.

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