Deutschland hat Stärke und Substanz. Unser Land bildet die drittgrößte Volkswirtschaft, die Welt beneidet uns um die mittelständischen Global Player und die breite Mittelschicht. Das Bildungssystem ist respektabel, der soziale Frieden ein hohes Gut. Diese grundlegenden Stärken stehen in krassem Widerspruch zu aktuellen Entwicklungen: Deutschland ist unter den Industrienationen Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum, Unternehmen investieren hauptsächlich im Ausland und viele Bürgerinnen und Bürger fragen sich ernsthaft, ob Arbeit sich für sie noch lohnt.
Was also ist los in unserem großartigen Land? Und was vor allem können wir tun, damit Deutschland wieder ein Wachstumsmotor und Stabilitätsanker für die Welt wird?
Oder anders gesagt: „Ich bin überzeugt: Wir können wieder eine Spitzenposition einnehmen, in Wissenschaft und Technik, bei der Erschließung neuer Märkte. Wir können eine Welle neuen Wachstums auslösen, das neue Arbeitsplätze schafft.“ Diese Worte sind mehr als 26 Jahre alt, gesprochen hat sie der frühere Bundespräsident Roman Herzog im Berliner Hotel Adlon am 26. April 1997.
Gute Reformen, neue Probleme
Damals stand Deutschland wirtschaftlich noch schlechter da als heute. Präsident Herzog sagte: „Dabei stehen wir wirtschaftlich und gesellschaftlich vor den größten Herausforderungen seit 50 Jahren: 4,3 Millionen Arbeitslose, die Erosion der Sozialversicherung durch eine auf dem Kopf stehende Alterspyramide, die wirtschaftliche, technische und politische Herausforderung der Globalisierung.“
Einige Probleme kommen uns heute wieder sehr bekannt vor. Gleichwohl hat sich in den mehr als 26 Jahren seit der Ruck-Rede viel getan. Mit mutigen Reformen im Steuerrecht, am Arbeitsmarkt und im Sozialsystem ist Deutschland zu Beginn des neuen Jahrtausends als „kranker Mann Europas“ (Economist) genesen. Wir haben nach der globalen Finanzkrise ein Jahrzehnt des wirtschaftlichen Aufschwungs erlebt. Nun aber brauchen wir dringend wieder einen Ruck.