Gebaeudefassade, die ausser den Fenstern, komplett von Pflanzen bedeckt ist

Warum wir starke Anreize für nachhaltige Immobilieninvestitionen brauchen

Für ausreichend bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum ist der Staat in der Pflicht, sein steuerliches Instrumentarium zu nutzen.

Überblick

  • Energieeffizientere Gebäude und ein höherer Anteil erneuerbarer Energien bei der Strom- und Wärmeerzeugung erfordert gewaltige Investitionen.
  • Steuerliche Regelungen z. B. bei der Gewerbesteuer verringern die Wirtschaftlichkeit eigentlich wünschenswerter Investitionen.
  • Andere Länder haben bereits umfassende steuerliche Förderungen für energetische Maßnahmen angestoßen oder umgesetzt.

Bauministerin Klara Geywitz

Portrait der Bauministerin Klara Geywitz

Ein klimaneutraler Gebäudebestand ist Grundvoraussetzung für das Erreichen der Klimaziele. Der Weg dorthin führt über energieeffizientere Gebäude und einen höheren Anteil erneuerbarer Energien bei der Strom- und Wärmeerzeugung. Das erfordert gewaltige Investitionen, die sich nicht unbedingt rechnen. Eine gezielte steuerliche Förderung kann hier neben dem Abbau von steuerlichen Hemnissen wichtige Impulse setzen. Starke Anreize für nachhaltige Immobilieninvestitionen sucht man hierzulande allerdings vergebens. Stattdessen hat die steuerliche Belastung der hiesigen Immobilienwirtschaft in den vergangenen Jahren sogar zugenommen: durch höhere Grunderwerbsteuersätze, Verschärfungen bei Share Deals, schlechtere Abschreibungsbedingungen und Einführung der Zinsschranke. Darüber hinaus behindern steuerliche Regelungen z. B. bei der Gewerbesteuer, die Wirtschaftlichkeit eigentlich wünschenswerter Investitionen.

 

Schneller abschreiben

Steuerpolitische Maßnahmen können sinnvoll sein, wenn es darum geht, wachstumspolitische Ziele zu erreichen, die sowohl privaten Haushalten als auch Unternehmen zugutekommen, oder wenn gesamtgesellschaftliche Ziele wie der Klimaschutz verfolgt werden. Zu begrüßen wäre zum Beispiel die Einführung von Sonderabschreibungen für den Neubau energieeffizienter Wohn- und Gewerbeimmobilien. Zudem sollten Aufwendungen für energetische Modernisierungsmaßnahmen bei Bestandsimmobilien sofort steuerlich abzugsfähig sein – ohne Berücksichtigung bei den anschaffungsnahen Herstellungskosten oder den nachträglichen Anschaffungskosten. Eine Anhebung des linearen Abschreibungssatzes von Gebäuden ist ebenfalls wünschenswert – schon allein deshalb, weil die derzeitige Höhe angesichts des technischen Fortschritts nicht mehr zeitgemäß ist. Allerdings sei hier klargestellt: Abschreibungen sind keine Steuergeschenke. Sie verbessern die Liquidität und bedeuten für Investoren eine nicht zuletzt auch vorgezogene Aufwandsberücksichtigung mit Blick auf die Nachbesteuerung bei einem späteren Verkauf. Im Privatvermögen zumindest dann, solange private Veräußerungsgeschäfte vorliegen.

 

Green Discount

Bei der Grundsteuer könnten Investitionen in energieeffiziente Gebäude oder energetische Sanierungen berücksichtigt werden, indem es bei der Bemessungsgrundlage einen „Green Discount“ gibt. Ähnliche Regelungen gibt es etwa in der Schweiz, in Spanien oder Frankreich. Ein solcher Green Discount könnte auch bei der Grunderwerbsteuer angesetzt werden, sofern die erworbene Immobilie bestimmte Klimastandards erfüllt.

Finanzminister Christian Lindner

Portrait des Finanzminister Christian Lindner

Zu viele Restriktionen

Zwar gibt es seit 2020 nach § 35c EStG eine steuerliche Förderung für die energetische Gebäudesanierung bei selbst genutztem Wohnraum; diese ist jedoch durch einen Steuerbonus von maximal 40.000 Euro über drei Jahre begrenzt und unterliegt außerdem strikten Voraussetzungen. Das Gebäude muss älter als zehn Jahre sein und es bedarf einer Bescheinigung eines Fachunternehmens nach amtlich vorgeschriebenem Muster. Hier stellen sich gleich mehrere Fragen: Warum ist diese Regelung auf selbst genutztes Wohneigentum beschränkt? Warum werden für Immobilienunternehmen, die große Wohnungsbestände verwalten, keine Anreize geschaffen? Und warum wird der gesamte Gewerbeimmobilienbereich ausgeschlossen, obwohl hier erhebliches Energieeinspar- und CO2-Reduktionspotenzial besteht?

Günstiger Wohnraum

In Deutschland fehlen vielerorts Wohnungen im unteren und mittleren Mietpreissegment. Deren Anschaffung beziehungsweise Herstellung ist zwar nach § 7b EStG durch Sonderabschreibungen (maximal 5 Prozent p. a. über vier Jahre) begünstigt, die Begünstigung war aber auf bis zum 1. Januar 2022 gestellte Bauanträge beschränkt und die Baukostenobergrenze von 3.000 Euro pro Quadratmeter ist vor allem in den Ballungszentren sehr knapp bemessen. Schließlich verteuern energetische Sanierung und energieeffizientes Bauen den Wohnraum zusätzlich und schaffen wenig Anreize, sich in diesem Segment zu engagieren. Damit stehen bezahlbarer Wohnraum und Klimaschutz in einem Zielkonflikt, der sich nur über eine gewisse (steuerliche) Förderung ausgleichen lässt.

Bekenntnisse der Koalition

Den fehlenden steuerlichen Anreizen für nachhaltige Immobilieninvestitionen steht das Bekenntnis der Ampelkoalition zur nachhaltigen Transformation Deutschlands gegenüber. Auch für den Immobilienmarkt enthält der Koalitionsvertrag einige relevante Passagen. Zu nennen sind in erster Linie die folgenden:

  • Eigenes Bauministerium (bereits eingeführt)
  • Bei gewerblichen Neubauten soll Solarenergie auf Dachflächen verpflichtend, bei privaten Neubauten die Regel sein
  • Ab 2025 neu eingebaute Heizungen sollen zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien betrieben werden
  • Die Ladesäuleninfrastruktur für E-Mobilität soll ausgebaut werden
  • Es soll neuer Wohnraum geschaffen werden: 400.000 neue Wohnungen pro Jahr (davon 100.000 öffentlich gefördert)
  • Die Kosten für den Wohnungsbau sollen durch serielles Bauen, Digitalisierung, Entbürokratisierung und Standardisierung gesenkt werden.
  • Die lineare Abschreibung beim Neubau von Wohnungen soll von 2 auf 3 Prozent erhöht werden.
  • Die Grunderwerbsteuer soll zur Erleichterung des Erwerbs selbst genutzten Wohneigentums flexibler gestaltet werden, etwa durch Einführung eines Freibetrags für Ersterwerb; gegenfinanziert werden soll das Ganze durch eine weitere Verschärfung von Share Deals im Konzern.

Steuerliche (und sonstige) Anreize sind von der Koalitionsregierung also durchaus angedacht. Nun gilt es, diese schnell auf den Weg zu bringen und weitere Fördermöglichkeiten für nachhaltige Immobilien zu nutzen, denn die Aufgabe duldet keinen weiteren Aufschub. Gleichermaßen müssen steuerliche Hindernisse insbesondere bei der gewerbesteuerlichen erweiterten Grundbesitzkürzung beseitigt werden. Die bereits erfolgten Erleichterungen durch das Fondsstandortgesetz können nur ein erster Schritt sein.

Grafik: Steuerliche Foerderung in ausgewaehlten Laendern der EY Europe West Region

Co-Autorin:  Barbara Bültmann-Hinz

Dieser Artikel wurde im Rahmen eines Tax & Law Special „Green Building“ veröffentlicht. 

Fazit

Andere Länder haben bereits umfassende steuerliche Förderungen für energetische Maßnahmen angestoßen oder umgesetzt, die naturgemäß sehr unterschiedlich sind. Die Niederlande haben beispielsweise u. a. den Weg der Sonderabschreibungen gewählt und ein umfassendes Umweltinvestitionsabzugsprogramm ins Leben gerufen. Auch Belgien hat kürzlich eine Sonderabschreibung von 13,5 Prozent für energieeffiziente Investitionen eingeführt. Italien gewährt Zuschüsse im Rahmen eines Öko-Bonus-Programms für die Installation von energieeffizienten Wirtschaftsgütern. Frankreich, Spanien und die Schweiz werden über die Grundsteuer aktiv, indem sie bei besonders energieschonend konstruierten Gebäuden partielle Steuerbefreiungen gewähren.

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