Bis auf eine kleine, positiv zu bewertende Maßnahme kennt das deutsche Steuerrecht keine Regelungen zugunsten von privaten Investoren, die ihre Immobilien klimagerecht ausgestalten möchten. Vielmehr werden nachhaltige Investitionen sogar faktisch benachteiligt. Das heißt, das Steuerrecht belastet an dieser Stelle indirekt das Klima. Die Regierungskoalition sollte daher möglichst bald die negativen Klimaeffekte im Steuerrecht neutralisieren und stattdessen ökologische Potentiale in der Wohnungswirtschaft durch einfache Anpassungen im Steuerrecht mobilisieren. Eine Reihe von Maßnahmen erlaubt es, das Steuerrecht schnell, systemgerecht, leicht verständlich und nutzbar sowie mit moderaten Auswirkungen auf den öffentlichen Haushalt so anzupassen, dass der private Wohnungssektor klimaschonende Impulse erhält. Nachfolgend stellen wir konkrete Vorschläge vor.
1. Sofortige Abschreibung von Klimaschutzinvestitionen
Eine Renovierung ohne energetische Sanierung lässt eher den steuerlichen Sofortabzug zu. Besonders deutlich wird das in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG: Wer nach dem Kauf einer Immobilie nur das Nötigste renoviert und so seine Kosten auf netto 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes beschränkt, kann alles als Sofortaufwand absetzen. Wer zusätzlich Fenster und Wände isoliert und die Ölheizung gegen eine Wärmepumpe austauscht, wird durch das Steuerrecht bestraft, wenn die 15 % überschritten werden. Dann sind nämlich sämtliche Kosten innerhalb des 3-Jahres-Zeitraumes seit Erwerb zu aktivieren und dürfen nur über die Nutzungsdauer des Gebäudes von üblicherweise 25 bis 50 Jahren abgeschrieben werden. Ähnliches gilt für die Vermietung von Wohnungen, Büros, Hallen und auch Hotels. Klimaschutzinvestitionen sollten deshalb aus der 15-Prozent-Regel heraus gerechnet werden und ausnahmslos über einen Zeitraum von 3 Jahren als Aufwand geltend zu machen sein. Dazu könnte der Gesetzgeber auf die in § 35c EstG für selbst genutzte Objekte geltenden Kriterien zurückgreifen.
2. Umweltschutz ist keine Liebhaberei
Wer in Klimaschutzmaßnahmen investiert, wird im Einzelfall vom Finanzamt damit konfrontiert, dass ihm die Überschuss- bzw. Gewinnerzielungsabsicht fehlt und damit Verluste steuerlich nicht geltend gemacht werden können. Daran ändert auch das BMF-Schreiben zur fehlenden Gewinnerzielungsabsicht bei kleinen Photovoltaikanlagen und vergleichbaren Blockheizkraftwerken nichts. Dieses betrifft allein den Betrieb von Stromerzeugungsanlagen, nicht jedoch andere Klimaschutzinvestitionen. Eigentümer, die ihren Mietern energieeffiziente Räume zur Nutzung überlassen, sollen aber keine steuerlichen Nachteile erleiden, indem ihnen Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht anerkannt werden. Bei Umweltsanierungsmaßnahmen sollte die Finanzverwaltung deshalb nicht prüfen, ob ein Totalüberschuss über 50 Jahre bei Wohnungen, 30 Jahre bei Ferienobjekten und 25 bis 30 Jahre bei Büros und Gewerbeobjekten erzielt werden kann.
3. Grüner Abschlag auf Grunderwerbsteuer und Grundsteuerhebesatz
Weder die Grunderwerbsteuer noch die Grundsteuer berücksichtigen energetische Investitionen zu Gunsten des Steuerpflichtigen. Im Gegenteil: Weil die Immobilien durch diese Investitionen wertvoller werden, steigt auch die steuerliche Bemessungsgrundlage. Wer Immobilien kauft, die bereits die neuen Umwelt- und Klimastandards erfüllen, sollte deshalb bei der (inzwischen meist sehr hohen) Grunderwerbsteuer entlastet werden. Vorstellbar ist ein gestaffelter Abschlag von z. B. 25 und 50 %, wenn bestimmte Effizienzwerte erreicht werden. Dies könnte das Koalitionsvorhaben, für die Grunderwerbsteuer einen Freibetrag beim Ersterwerb von selbst genutztem Wohneigentum einzuführen, um eine ökologische Komponente ergänzen. Auch für den Grundsteuerhebesatz wäre eine solche Lösung erwägenswert.
4. Beschränkung der Gewerblichkeit von Einkünften
Einer der wenigen steuerlichen Anreize zugunsten einer nachhaltigen Wohnungswirtschaft ist eine Regelung im Gewerbesteuergesetz. Sie zielt darauf ab, vom Vermieter erzeugten Solarstrom dem Mieter zur Verfügung zu stellen und dennoch die erweiterte Kürzung zu erhalten. Ohne den § 9 Nr. 1 lit. b) GewStG würde der Vermieter nämlich die Wohnung oder Gewerbeeinheit steuerlich nur voll gewerbesteuerpflichtig überlassen können. Diese Regelung ändert jedoch nichts daran, dass Gewinne aus einem späteren Verkauf nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerfrei sein können. Es muss also geregelt werden, dass auch der Verkauf von mit dem Zinshaus erzeugten Strom Bestandteil der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG ist. Diese Leistung darf keine gewerblichen Einkünfte begründen, auch nicht im Rahmen der Infektionstheorie bei einer ansonsten vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts, KG, oHG oder GmbH & Co. KG. Das sollte insbesondere auch dann gelten, wenn die Finanzverwaltung eine Stromerzeugungsanlage nicht als „klein“ und damit steuerlich unbeachtlich erachtet. Der Verkauf von selbst erzeugter Energie an die Nutzer und Mieter einer Immobilie darf den Eigentümer nicht steuerlich benachteiligen.
5. Ermäßigte Umsatzsteuer bei energieeffizienten Maßnahmen
Wer in seine Immobilie investiert, muss üblicherweise den regulären Umsatzsteuersatz von 19 % zahlen. Nur wenn der Immobilieneigentümer an einen umsatzsteuerpflichtigen Mieter vermietet, mindert sich diese Belastung durch seinen Vorsteuerabzug. Für alle andere Investoren erhöht die Umsatzsteuer die Gesamtkosten spürbar, die nur über die allgemeine Abschreibung meist des Gebäudes oder der Betriebsvorrichtung nutzbar sind. Entlastend würde eine ökologische Komponente im Umsatzsteuerregime wirken: Die Lieferung von Dämmstoffen, energetisch optimierten Fenstern und Türen, Heizungsanlagen sowie die dazu gehörenden Beratungsleistungen sollten von den Herstellern und Dienstleistern mit einem reduzierten Satz von 7 % angeboten werden. Selbstverständlich ist hier eine Abstimmung innerhalb der EU notwendig.
6. Abschlag bei der Schenkungs- und Erbschaftsteuer
Das Erbschaft- und Schenkungssteuerrecht sieht aus guten Gründen umfangreiche Entlastungen für Immobilien vor. So gibt es Steuerbefreiungen für historisch bedeutende Immobilien von 85 % nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, die Vermietung von Wohnraum wird durch einen Abschlag von 10 % nach § 13d ErbStG oder den hohen Bewertungsabschlag von 85 % bzw. 100 % für Wohnungsunternehmen nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 lit. d) ErbStG privilegiert. Die Nutzung von Immobilien im eigenen Unternehmen, vgl. § 13b Abs. 4 Nr. 1 lit a) – c) ErbStG teilt die Begünstigung für das gesamte Unternehmen. Alle genannten Sonderregeln sind sinnvoll, aber: Ein Niedrigenergieobjekt wird mit Energie fressendem Altbestand völlig gleichgesetzt. Für energieeffiziente Immobilien dagegen wird durch einen höheren Wert die steuerliche Bemessungsgrundlage im Erbschafts- oder Schenkungsfall erhöht; das wirkt der Klimaneutralität entgegen. Ein entsprechender Bewertungsabschlag für jede Immobilie, die die energetischen Anforderungen erfüllt, würde dagegen Private zu hohen Klimaschutzinvestitionen motivieren. Vorschlag: Der derzeit auf vermiete Wohnungen beschränkte Abschlag von 10 % nach § 13d ErbStG sollte für energetisch sanierte Gebäude aller Nutzungsarten, also auch Büros, Gewerbehallen und Hotels, offenstehen und dann signifikant höher ausfallen: Je nach Klimaschutzbeitrag könnte dieser 20 %, 40 % und 60 % betragen.