Arbeiter, die Boxen voll mit Masken in Shanghai entladen

Sanktionen gegen Russland: Was Unternehmen beachten sollten

Die eng vernetzte Wirtschaft leidet unter politischen Konflikten und Corona. Umso wichtiger wird ein umsichtiges Krisenmanagement.


Überblick

  • Nach dem Brexit fordert die Corona-Pandemie seit über zwei Jahren die Wirtschaft heraus, momentan sind Lockdowns in China und der Krieg in der Ukraine ursächlich für den Ausfall von Produktionsstätten, den Abriss von Handelsströmen und Lieferketten und das Wegbrechen von Absatzmärkten.
  • Die EU, die USA und viele weitere Staaten haben zahlreiche Sanktionen gegen Russland verhängt, mit denen sich die Unternehmen nun auseinandersetzen müssen. 
  • Unternehmen müssen jetzt prüfen, ob und wie ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio von den neuen Restriktionen betroffen ist. 

Die Welt befindet sich im Krisenmodus und versetzt auch die Unternehmen in Stress. Nach dem Brexit fordert die Corona-Pandemie seit über zwei Jahren die Wirtschaft heraus, momentan sind Lockdowns in China und der Krieg in der Ukraine ursächlich für den Ausfall von Produktionsstätten, den Abriss von Handelsströmen und Lieferketten und das Wegbrechen von Absatzmärkten. Überdies müssen sich die Unternehmen mit Sanktionsmaßnahmen auseinandersetzen. Alle Bereiche, von der Beschaffung über Produktion und Vertrieb bis hin zur Steuer- und Compliance-Funktion, sind akut gefordert. Überdies zeigen die Anfälligkeiten der globalen Ökonomie, wie wichtig eine Strategie zur Sicherung von Lieferketten und Produktion ist.

Sperrungen und Sanktionen 

Wie umfassend Unternehmen betroffen sein können, zeigt jetzt der Krieg im Osten Europas. Die EU, die USA und viele weitere Staaten haben zahlreiche Sanktionen gegen Russland verhängt. Es gibt Ausfuhr- und Einfuhrbeschränkungen, Investitionsverbote und Zahlungsbeschränkungen. Zollsätze sollen angehoben werden. Die Sperrung von Luftraum und Häfen führt dazu, dass Güter ihre Zielorte innerhalb Europas nicht erreichen. Eine Verlagerung auf Straßen und Schienen ist schwierig, da in Europa ein Mangel an Lkw-Fahrern herrscht, die oft direkt oder indirekt (über polnische und litauische Logistikunternehmen) aus der Ukraine angeheuert wurden. Viele Transportdienstleister haben ihre Leistungen darüber hinaus eingeschränkt, um Mitarbeiter keinen Risiken auszusetzen, Rechtsrisiken zu vermeiden oder aus grundsätzlichen ethischen Gründen. Flächendeckend steigen zudem die Betriebs-, Transport- und Energiekosten. 

Sanktionen gegen Russland seit 2014

Schwieriger Zahlungsverkehr 

Gravierend ist auch der Ausschluss bestimmter russischer Banken aus dem globalen SWIFT-Zahlungssystem. Jedoch lehrt die Erfahrung aus dem Iran-Embargo, dass es weiterhin Zahlungskanäle für den nicht sanktionierten Handel (z. B. humanitäre Güter wie Medizin oder Agrarprodukte) mit Russland geben wird. Doch dürfte die Zahlungsabwicklung nicht zuletzt aufgrund des höheren Compliance-Aufwands teurer und langwieriger werden. Banken, die weiterhin Zahlungen für den nicht sanktionierten Handel mit Russland abwickeln, werden eine umfassendere Compliance-Dokumentation vom exportierenden Unternehmen verlangen. Mit den von der Bundesregierung aufgehobenen Ausfuhrdeckungen („Hermesbürgschaften“) verlieren Unternehmen ein wichtiges Instrument zur Absicherung von Exporten und Investitionen. Das führt zu mehr Anzahlungen, Vorauskasse und Risikoaufschlägen.

Anzahl der neu verhaengten Sanktionen gegen Russland

Erste Handlungsempfehlungen

Unternehmen sollten als Erstes eine qualitative und quantitative Beurteilung der Auswirkungen folgender Situationen vornehmen:

  • Sanktionen und Embargos auf Unternehmens- und Produktebene
  • Produktionsstopps in Russland oder der Ukraine aufgrund von Lieferstopps oder -verzögerungen oder kriegsbedingte Produktionsstopps in der Ukraine
  • Materialengpässe für Produktionswerke außerhalb Russlands oder der Ukraine, die aufgrund von Lieferstopps oder -verzögerungen aus Russland oder der Ukraine betroffen sind
  • längere Transportdauer bzw. Ausfall von Routen durch Regulatorik und Unternehmensentscheidungen bei Frachtführern (See, Luft, Schiene, Straße)
  • veränderte Produkt- oder Leistungsnachfrage in Russland und der Ukraine
  • Währungsschwankungen und ihre Auswirkungen auf Planungsprozesse und die tatsächlichen Kosten des Absatzes und der Beschaffung

Bei einigen Fragen werden sich erst mittel- und längerfristige Lösungen abzeichnen. Doch dies können Sie sofort tun:

  • Ermitteln Sie die veränderte Beschaffungs-, Produktions-, Logistik- und Nachfragesituation und bilden Sie Szenarien, wie die weitere Entwicklung aussehen könnte.
  • Identifizieren Sie Anpassungsbedarf in den unternehmerischen Prozessen, wenn Sie alternative Beschaffungsquellen, Produktionsstätten und Logistikrouten nutzen möchten.
  • Beachten Sie steuerliche und zollrechtliche Auswirkungen von Veränderungen in der Liefer- und Leistungskette. Nicht alle logistischen Möglichkeiten sind aus Sicht der Regulatorik ohne Weiteres umsetzbar. Zu beachten sind auch diverse Regularien im Kontext von Verboten und Beschränkungen, die ein Hindernis sein können.
  • Passen Sie bestehende Verträge an und achten Sie bei Neuabschlüssen auf die Vereinbarung von Lieferbedingungen und Ausfallklauseln.
  • Praktische Fragestellungen können sich auch im Zusammenhang mit bereits getätigten Umsätzen ergeben, etwa zum Umgang mit der Umsatzsteuer für die Rechnung an einen russischen Kunden, bei der unklar ist, ob sie je beglichen wird.

Weitere steuerliche Fragen schließen sich unweigerlich an. Verluste aus verpuffenden Investitionen oder neu aufzubauende Konzernstrukturen haben finanzielle Auswirkungen, die im Einzelfall genau geprüft werden müssen.

Co-Autoren: Rafik Ahmad, Anastasia Salostey

Fazit

Unternehmen müssen jetzt prüfen, ob und wie ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio von den neuen Restriktionen betroffen ist. Bei Unsicherheiten sind potenziell betroffene Transaktionen zunächst zu stoppen, um die Einhaltung aller Beschränkungen abzusichern. Unternehmen müssen berücksichtigen, dass neue Sanktions- und Embargomaßnahmen unverzüglich umgesetzt werden müssen, spätestens innerhalb von zwei Arbeitstagen. Bei Exportkontrollverstößen greifen auch strafrechtliche Sanktionen, die mit Haftstrafe bewehrt sind. Auch für die Prüfung und Abfertigung durch den Zoll ist mehr Zeit einzuplanen.

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