Mann zwischen Regalen in Lagerhalle

Wie Deutschland die EU-Richtlinie zum öffentlichen CbCR umsetzt

Multinationale Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, sämtliche steuerlich relevante Angaben offenzulegen.


Überblick

  • Die EU-Mitgliedstaaten müssen die EU-Richtlinie für die Einführung eines öffentlichen Country-by-Country Reportings in nationales Recht umzusetzen.
  • Potenziell berichtspflichtige Unternehmen sollten bestehende Prozesse im Rahmen der Einführung des öffentlichen CbCR ausbauen bzw. zentral auf die jeweiligen Berichtspflichten abstimmen. 
  • Am 11.05.2023 hat der Bundestag die nationale Umsetzung des öffentlichen Country-by-Country Reportings mit einem Änderungsantrag beschlossen.

Die steuerlichen Reportingpflichten nehmen immer weiter zu. Nun sind die EU-Mitgliedstaaten dabei, die EU-Richtlinie für die Einführung eines öffentlichen Country-by-Country Reportings (öffentliches CbCR) in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland sind die Pflichten zur Erstellung und Veröffentlichung eines Ertragsteuerinformationsberichts für nach dem 21. Juni 2024 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden. Da andere Länder, wie z. B. Rumänien (Update: siehe Steuernachrichten vom 22.06.2023), aber die neuen Berichtspflichten schon zu einem früheren Zeitpunkt einführen wollen, droht multinationalen Konzernen möglicherweise ein Flickenteppich. In Deutschland hat der Bundestag das nationale Umsetzungsgesetz am 11.05.2023 beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrats ist für den 16.06.2023 vorgesehen. 

Verschiedene Spielarten von CbCR

Bereits seit 2016 sind global agierende Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro grundsätzlich verpflichtet, sogenannte länderbezogene Berichte nach § 138a AO an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln. Unternehmen legen darin gegenüber der Finanzverwaltung unter anderem sämtliche steuerlich relevanten Angaben, wie gezahlte und zurückgestellte Ertragsteuern oder das Jahresergebnis vor Steuern, offen. Dieses steuerliche CbCR ist aber allein für die Finanzbehörden bestimmt und nicht der Öffentlichkeit zugänglich. Zusätzlich haben die 27 EU-Mitgliedstaaten nach etlichen Diskussionen Ende 2021 eine Richtlinie für die Einführung eines öffentlichen CbCR beschlossen. Durch den sogenannten Ertragsteuerinformationsbericht versprechen sich die Befürworter noch mehr Transparenz in Bezug auf die steuerlichen Verhältnisse multinationaler Konzerne und damit eine Erhöhung des Drucks, auf Steuervermeidungen zu verzichten. Zusätzlich sollten sich multinationale Unternehmen vor dem Hintergrund der begünstigten Safe-Harbour-Regelungen gemäß dem nationalen Diskussionsentwurf zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung (BEPS Pillar II) vom 20.03.2023 mit den Anforderungen des darin geschilderten „qualifizierten CbCR“ auseinandersetzen.

Wer ist betroffen?

Die Berichtspflicht erfasst inländische Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften (auch Stiftungen und Genossenschaften), wenn diese als unverbundenes Unternehmen oder als oberstes Mutterunternehmen (ggf. über ein verbundenes Unternehmen) in mindestens einem anderen Staat über eine Niederlassung, Geschäftseinrichtung oder dauerhafte Geschäftstätigkeit tätig sind. Darüber hinaus sind auch Drittstaaten-Mutterunternehmen berichtspflichtig, wenn sie hierzulande über mittelgroße oder große Tochtergesellschaften operieren. Auch sind Drittstaaten-Kapitalgesellschaften erfasst, die über große Zweigniederlassungen (Umsatz mehr als 12 Millionen Euro) im Inland verfügen. Zudem sind Gesellschaften berichtspflichtig, wenn die Zwischenschaltung von Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen im Inland ausschließlich dem Zweck dient, die Berichtspflicht zu umgehen. 

Grundsätzlich gilt die Pflicht für einen öffentlichen Ertragsteuerinformationsbericht nur dann, wenn der Umsatz in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren jeweils 750 Millionen Euro übersteigt. Umgekehrt gilt eine Befreiung von der Berichtspflicht auch erst dann, wenn die Grenze von 750 Millionen Euro in zwei aufeinanderfolgenden Jahren unterschritten wird – ein Jahr allein reicht nicht aus. Das steuerliche nicht-öffentliche CbCR stellt dagegen immer nur auf das vorangegangene Wirtschaftsjahr ab und dementsprechend erlischt die Berichtspflicht auch bereits bei Unterschreiten der Umsatzgrenze in nur einem Jahr. 

Abweichungen und Nichtoffenlegung von Datenpunkten

Die im Ertragsteuerinformationsbericht offenzulegenden Informationen stimmen zwar überwiegend mit den bereits bekannten Angaben des steuerlichen CbCR überein, sie unterscheiden sich aber im Detail, wie z. B. in der für den Berichtszeitraum zu zahlenden Ertragsteuer (ohne latenten Steueraufwand und Rückstellungen für ungewisse Steuerverbindlichkeiten). Unternehmen haben aber die Option, die Angaben aus dem steuerlichen CbCR zu übernehmen. Zudem haben Unternehmen in begründeten Fällen die Möglichkeit, zeitweise einzelne nachteilige Angaben nicht zu veröffentlichen. Dazu gehören Informationen, deren Offenlegung die Marktstellung erheblich beeinträchtigen könnte. Allerdings bedeutet aufgeschoben nicht aufgehoben. Die Angaben sind spätestens vier Jahre später im Bericht anzugeben. 

Sanktionen

Verstöße gegen die öffentliche Berichtspflicht können grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 250.000 Euro geahndet werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Bericht „nicht richtig“ erstellt wurde, d. h. beispielsweise fehlerhafte Angaben enthält. Unter welchen genauen Umständen eine Angabe fehlerhaft ist, ist noch unklar. Auch ist fraglich, ob das Bußgeld pro Ordnungswidrigkeit oder pro Bericht verhängt werden soll. Ein Ordnungsgeldverfahren kann in gewissen Fällen grundsätzlich auch gegen die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs, z. B. die Geschäftsführer oder den Vorstand, geführt werden. 

Prüfungspflicht

Neben der Berichtspflicht ist auch eine Prüfungspflicht vorgesehen. Danach hat der Abschlussprüfer des Jahresabschlusses zu beurteilen, ob das Unternehmen zur Offenlegung eines Ertragsteuerinformationsberichts verpflichtet war und es seine Verpflichtung zur Offenlegung erfüllt hat. Allerdings soll es sich nicht um eine Pflicht zur inhaltlichen Prüfung handeln. Dennoch kann ein Unternehmen jederzeit freiwillig in Auftrag geben, dass der Jahresabschlussprüfer auch eine inhaltliche Prüfung vornimmt.

Was ist nun zu tun?

Potenziell berichtspflichtige Unternehmen, die bereits der Berichtspflicht des steuerlichen CbCR nach § 138a AO unterliegen, sollten bestehende Prozesse im Rahmen der Einführung des öffentlichen CbCR ausbauen bzw. zentral auf die jeweiligen Berichtspflichten abstimmen. Hierbei empfiehlt es sich – insbesondere vor dem Hintergrund des Wahlrechts und des Abstellens auf ein qualifiziertes CbCR im Rahmen der zeitlich befristeten CbCR-Safe-Harbour-Regelungen gemäß dem Diskussionsentwurf zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung (BEPS Pillar II) –, etwaige Differenzen zwischen steuerlichem bzw. qualifiziertem CbCR und öffentlichem CbCR zu analysieren, um die jeweiligen Anforderungen vollumfänglich erfüllen zu können. Unternehmen, die nun erstmals einer Berichtspflicht im Rahmen des öffentlichen CbCR unterliegen, z. B. unverbundene Unternehmen, sollten schnellstmöglich Prozesse etablieren und Datenschnittstellen schaffen. 

Darüber hinaus sollte die nationale Umsetzung der neuen Regelungen in den anderen EU-Mitgliedstaaten im Auge behalten werden. Beispielsweise hat Rumänien nach dem verabschiedeten Gesetz eine frühere Anwendung der Berichtspflicht bereits ab Januar 2023 eingeführt, die im Einzelfall auch für deutsche Muttergesellschaften mit rumänischen Tochtergesellschaften ihre Wirkung entfalten könnte. Allerdings wird noch diskutiert, ob dieser über die EU-Richtlinie hinausgehende Anwendungsbereich überarbeitet wird. Das erste Geschäftsjahr, über das zu berichten ist, ist das erste, das am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnt. Dagegen sind die Vorschriften des Ertragsteuerinformationsberichts erst für nach dem 21. Juni 2024 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden. 

Am 11.05.2023 hat der Bundestag die nationale Umsetzung des öffentlichen Country-by-Country Reportings mit einem Änderungsantrag beschlossen. Im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens wurde das Gesetz an zwei Stellen maßgeblich verschärft. Lesen Sie hierzu mehr.

Co-Autorinnen: Cornelia Wolff, Sophia Schuhmann

Fazit

Ob generell die Einführung des öffentlichen CbCR innerhalb der EU angesichts der Einführung der globalen Mindestbesteuerung im Rahmen von Pillar II (noch) notwendig ist, ist kritisch zu hinterfragen. Beide gesetzgeberischen Maßnahmen erfassen multinationale Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro und verfolgen das primäre Ziel, aggressive Steuerplanung zu verhindern. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob das Instrument des öffentlichen CbCR, sowohl zeitlich als auch dem Grunde nach, nicht überholt ist. Öffentlichen Druck auf Unternehmen auszuüben, damit diese auf als aggressiv eingestufte Steuerplanungen verzichten, ist nur scheinbar ein moderateres Mittel im Vergleich zur globalen Mindestbesteuerung, die gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen weltweit schaffen und Steuerhoheitsgebiete in die Lage versetzen soll, ihre Steuereinnahmen besser zu sichern. Zudem stellt sich in Zeiten multipler Krisen mehr denn je die Frage, ob es angemessen ist, die betroffenen Unternehmen mit zusätzlichem administrativem Aufwand in Form eines öffentlichen CbCR zu belasten und dem Wirtschaftsstandort EU einen weiteren Wettbewerbsnachteil aufzubürden.

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