2. Baureife – oft behauptet, (fast) nie Realität
Kommt ein Unternehmen aufgrund seines Angebots in die zweite Phase des Bieterprozesses, werden die rechtlichen (einschließlich der steuerrechtlichen), wirtschaftlichen und technischen Aspekte des Projekts geprüft (Due Diligence). Die Rechtsberater der Kaufinteressenten müssen sich ein Bild davon machen, ob das Solar- oder Windprojekt baureif ist oder es zumindest plausibel erscheint, dass die Baureife zeitnah erreicht werden kann. Leider stellt sich in der Praxis häufig heraus, dass wesentliche Elemente – etwa Grundstücksnutzungsverträge, Genehmigungen oder Netzanschlusszusagen – noch fehlen und es häufig auch alles andere als klar ist, ob und wann sich dies ändern wird. Und dies, obwohl das Projekt im Bieterverfahren als „baureif“ bezeichnet wurde. Weiterhin gilt es herauszufinden, ob sich die Annahmen zum geplanten Cashflow verifizieren lassen. Geprüft werden sollte außerdem, ob durch den Erwerb der Projektgesellschaft nicht Gewerbe- (GmbH & Co. KG) oder Grunderwerbsteuer bei Miterwerb eines Grundstücks ausgelöst werden, die dann als Kaufpreisabzug berücksichtigt werden sollte.
3. Regulatorisch unbekanntes Terrain
Investitionen in Solar- oder Windprojekte erfolgen für die meisten Unternehmen außerhalb ihres Kerngeschäfts und bergen deshalb unbekannte Risiken. Verschlimmernd kommt hinzu, dass der Markt für erneuerbare Energien hoch reguliert ist und sich der rechtliche Rahmen in einem dauerhaften und sehr dynamischen Reformprozess befindet. Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Investition ist es daher, dass die rechtlichen Berater die regulatorischen Fallstricke des Projekts einerseits erkennen und sie andererseits durch die richtigen Risikominimierungsmaßnahmen im Transaktionsprozess bestmöglich abfedern. Die möglichen Risiken sind zu vielgestaltig, um sie hier alle aufzuzählen. Nur einige Beispiele: Selbst wenn bereits eine Genehmigung für das Projekt vorliegt, sind je nach Formulierung und Sachlage nachträgliche Beschränkungen oder gar die vollständige Aufhebung nicht ausgeschlossen. Bei Netzanschlusszusagen ist genau zu prüfen, ob sie hinsichtlich der benötigten Kapazität ausreichen, wirklich verbindlich sind und es auch bleiben, bis das Projekt anschlussfähig ist. Nichts davon ist selbstverständlich.
Andererseits gibt es im Bereich von Wind- und Solarenergie bereits viele Erfahrungen. Nicht jedes Risiko ist wirklich so groß, wie es von manchen Beratern (insbesondere solchen ohne spezifische Branchenkenntnisse) dargestellt wird. Hier ist es Aufgabe der Berater, ihrem Mandanten ein realistisches Bild zu zeichnen und ihn so in die Lage zu versetzen, eine informierte, sachgerechte Investitionsentscheidung zu treffen.