Luftaufnahme eines hybriden Energieparks mit Wind- und Solarkraftwerken

Vier Schritte zum eigenen Solar- und Windpark

Eine Anleitung für Unternehmen, wie sie selbst Grünstrom produzieren – ohne daran zu verzweifeln


Überblick

  • Immer mehr Unternehmen überlegen, Solar- oder Windparks selbst zu entwickeln oder zu kaufen.
  • Ohne gründliche Vorbereitung und Beratung sind Frust, extreme Kostensteigerungen und Verzögerungen vorprogrammiert.
  • Laut Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) können stromkostenintensive Unternehmen von der sog. besonderen Ausgleichsregelung profitieren.

In Zeiten hoher Strompreise, gestiegener Energiesicherheitsbedürfnisse und wachsender Anforderungen an Nachhaltigkeit überlegen immer mehr Unternehmen, Solar- oder Windparks selbst zu entwickeln oder zu kaufen. Doch der Weg zum Grünstrom für die Versorgung der eigenen Betriebsstätten ist schwierig. Es gibt einen schier undurchdringbaren Dschungel an Regulierungen und juristischen Fallstricken. Ohne gründliche Vorbereitung und Beratung sind Frust, extreme Kostensteigerungen und Verzögerungen bis hin zum Scheitern programmiert. In diesem Beitrag möchten wir einen kurzen Überblick über wichtige Fragen geben, mit denen sich Unternehmen, die erstmals Solar- oder Windparks zur Eigenversorgung erwerben möchten, typischerweise konfrontiert sehen.

1. Der Kaufprozess: Bieterverfahren

In der Praxis werden die meisten Solar- oder Windparks in Deutschland bereits in der Projektierungsphase als „Ready to build“-Projekte angeboten. Verkauft wird in der Regel eine Projektgesellschaft, deren Zweck die Errichtung und der Betrieb des Solar- oder Windparks ist und die die erforderlichen Projektrechte hält (z. B. Projektentwicklungsvertrag, Grundstücksnutzungsverträge, Genehmigungen). Der Verkauf erfolgt üblicherweise in einem Bieterverfahren, in dem der Verkäufer (= Projektentwickler) den Kaufinteressenten bestimmte Informationen über das Projekt zur Verfügung stellt. Die Kaufinteressenten müssen sich auf dieser Basis ein Bild über die Qualität des Projekts machen und ein indikatives Angebot abgeben. Häufig werden als Teil des Angebots auch Angaben zu den mandatierten Beratern und zum Zeitplan gefordert. Auf der Grundlage der Angebote wählt der Verkäufer dann einen oder mehrere Interessenten aus, denen er weitere Informationen über den projektierten Solar- oder Windpark zur Verfügung stellt und mit denen er in Verhandlungen eintritt.

Grafik: Monatlicher Strommix in Deutschland

2. Baureife – oft behauptet, (fast) nie Realität

Kommt ein Unternehmen aufgrund seines Angebots in die zweite Phase des Bieterprozesses, werden die rechtlichen (einschließlich der steuerrechtlichen), wirtschaftlichen und technischen Aspekte des Projekts geprüft (Due Diligence). Die Rechtsberater der Kaufinteressenten müssen sich ein Bild davon machen, ob das Solar- oder Windprojekt baureif ist oder es zumindest plausibel erscheint, dass die Baureife zeitnah erreicht werden kann. Leider stellt sich in der Praxis häufig heraus, dass wesentliche Elemente – etwa Grundstücksnutzungsverträge, Genehmigungen oder Netzanschlusszusagen – noch fehlen und es häufig auch alles andere als klar ist, ob und wann sich dies ändern wird. Und dies, obwohl das Projekt im Bieterverfahren als „baureif“ bezeichnet wurde. Weiterhin gilt es herauszufinden, ob sich die Annahmen zum geplanten Cashflow verifizieren lassen. Geprüft werden sollte außerdem, ob durch den Erwerb der Projektgesellschaft nicht Gewerbe- (GmbH & Co. KG) oder Grunderwerbsteuer bei Miterwerb eines Grundstücks ausgelöst werden, die dann als Kaufpreisabzug berücksichtigt werden sollte.

3. Regulatorisch unbekanntes Terrain

Investitionen in Solar- oder Windprojekte erfolgen für die meisten Unternehmen außerhalb ihres Kerngeschäfts und bergen deshalb unbekannte Risiken. Verschlimmernd kommt hinzu, dass der Markt für erneuerbare Energien hoch reguliert ist und sich der rechtliche Rahmen in einem dauerhaften und sehr dynamischen Reformprozess befindet. Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Investition ist es daher, dass die rechtlichen Berater die regulatorischen Fallstricke des Projekts einerseits erkennen und sie andererseits durch die richtigen Risikominimierungsmaßnahmen im Transaktionsprozess bestmöglich abfedern. Die möglichen Risiken sind zu vielgestaltig, um sie hier alle aufzuzählen. Nur einige Beispiele: Selbst wenn bereits eine Genehmigung für das Projekt vorliegt, sind je nach Formulierung und Sachlage nachträgliche Beschränkungen oder gar die vollständige Aufhebung nicht ausgeschlossen. Bei Netzanschlusszusagen ist genau zu prüfen, ob sie hinsichtlich der benötigten Kapazität ausreichen, wirklich verbindlich sind und es auch bleiben, bis das Projekt anschlussfähig ist. Nichts davon ist selbstverständlich.

Andererseits gibt es im Bereich von Wind- und Solarenergie bereits viele Erfahrungen. Nicht jedes Risiko ist wirklich so groß, wie es von manchen Beratern (insbesondere solchen ohne spezifische Branchenkenntnisse) dargestellt wird. Hier ist es Aufgabe der Berater, ihrem Mandanten ein realistisches Bild zu zeichnen und ihn so in die Lage zu versetzen, eine informierte, sachgerechte Investitionsentscheidung zu treffen.

4. Ein Projekt – mehrere Verträge

Werden im Zuge der bisherigen Prüfung keine wirtschaftlichen, technischen oder rechtlichen Gründe identifiziert, die gegen den Kauf des Solar- oder Windprojekts sprechen, bzw. lassen sie sich in den Verhandlungen durch vertragliche Regelungen oder über den Kaufpreis mindern, beginnt die nächste Phase. Dann prüfen die Finanz-, Rechts- und Steuerberater des Kaufinteressenten die vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Vertragsentwürfe. Relevant sind üblicherweise folgende Verträge:

  • der Kaufvertrag über die Geschäftsanteile (im Falle einer GmbH) oder Kommanditanteile (im Falle einer GmbH & Co. KG) an der Projektgesellschaft
  • der Projektentwicklungs- und/oder Generalunternehmervertrag zwischen der Projektgesellschaft und dem Verkäufer (= Projektentwickler)
  • bei Windparkprojekten der Turbinenkaufvertrag
  • der Wartungsvertrag
  • bei Windparkprojekten der technische und/oder kaufmännische Betriebsführungsvertrag

Bei Windparkprojekten sind üblicherweise keine Nachverhandlungen des Turbinenkauf- und des Wartungsvertrags möglich, die zwischen der Projektgesellschaft und dem Turbinenhersteller abgeschlossen wurden.

Dagegen werden die Verträge, die mit dem Verkäufer (= Projektentwickler) abgeschlossen werden, verhandelt. Hier fließen die Ergebnisse der wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen (inklusive der steuerrechtlichen) Prüfung ein. Ziel aus Käufersicht ist es, die Beschaffung und Sicherung aller erforderlichen Projektrechte durch den Verkäufer zugunsten der Projektgesellschaft (die der Käufer erwerben wird) sicherzustellen. Da verschiedene Einzelverträge verhandelt und abgeschlossen werden, ist es wichtig, die Leistungspflichten und Gewährleistungsregelungen in diesen Verträgen aufeinander abzustimmen.

Autor:innen: Dr. Kerstin Henrich, Dr. Sebastian Helmes, Dr. Frank J. Matzen

Fazit

Sollten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch relevante Projektrechte fehlen, empfiehlt es sich, deren Vorliegen zu Voraussetzungen des Vollzugs des Kaufvertrags über die Anteile an der Projektgesellschaft zu machen. Alternativ können Einbehalte vom Kaufpreis vereinbart werden; diese werden an den Verkäufer ausbezahlt, wenn die noch fehlenden Projektrechte beschafft wurden.

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