Die bekannteste Abgabe ist wohl die Plastikverpackungssteuer, die seit letztem Jahr in Großbritannien und seit 1. Januar 2023 in Spanien erhoben wird. Viele weitere Länder werden noch folgen. Betroffen sind in diesen Ländern nicht nur die heimischen Hersteller und Händler von Kunststoffverpackungen, Verpackungsmitteln oder Halbfabrikaten, sondern auch Lieferanten aus anderen EU-Mitgliedstaaten und Importeure. Die Plastikverpackungssteuern beschränken sich nicht auf bestimmte Produkte wie Lebensmittelverpackungen, sondern umfassen alle Geschäfts- und Industriebereiche. Eine Kunststofffolienverpackung für Gemüse ist grundsätzlich ebenso steuerbar wie Kunststoffsäcke für Dünger, in Folie verpackte Textilien oder Kunststoffdeckel auf Kosmetikprodukten.
Die Steuer hat der Höhe nach noch keinen wirklich steuernden Charakter, da in Großbritannien seit 1. April 2023 210,82 britische Pfund pro Tonne (bisher 200 Pfund) und in Spanien nur 0,45 Euro pro Kilogramm des steuerpflichtigen Plastiks anfallen. Dennoch stellt sie die Unternehmen vor eine große Herausforderung, nämlich die Beschaffung von Daten, die für die Steuerberechnung und Veranlagung erforderlich sind. Diese sind meistens nicht in den Finanzsystemen vorrätig und müssen aufwendig – teils auch extern – beschafft werden. Gerade multinational aufgestellte Unternehmen können hier schnell an ihre Grenzen stoßen, zumal die mangelnde Harmonisierung der Anforderungen bedeuten kann, dass dieselben Verpackungen in verschiedenen Ländern unterschiedlich behandelt werden.
Ein weiterer Compliance-Bereich betrifft die Bepreisung von Kohlenstoffdioxid und anderen Treibhausgasen, die durch die Produktion von Waren und Dienstleistungen ausgestoßen werden. Dabei kann es sich um eine unternehmensinterne Bepreisung von Kohlenstoffdioxid (sog. Internal Carbon Price), eine Kohlenstoffdioxidsteuer (Carbon Tax) oder den Emissionszertifikatehandel handeln (im Rahmen von EU-ETS oder auf freiwilligen Kohlenstoffmärkten). Während bei der Carbon Tax die zutreffende Bestimmung der Bemessungsgrundlage und die dazugehörige Compliance im Fokus stehen, geht es beim ICP und beim Handel mit Emissionszertifikaten sowohl um die internen Verrechnungspreise als auch um die zutreffende umsatzsteuerliche Behandlung der Sachverhalte. Bei den Emissionszertifikaten besteht die zusätzliche Herausforderung in der richtigen Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens. Denn in Abhängigkeit von der tatsächlichen Ausgestaltung des Instruments kann die Steuerschuldnerschaft sowohl beim Leistenden als auch beim Leistungsempfänger sein. Diesbezüglich haben die EU-Mitgliedstaaten auf der Basis des Art. 199a Mehrwertsteuersystemrichtlinie teils uneinheitliche Regelungen getroffen.
Neben der eigentlichen Compliance muss auch das steuerliche Kontrollsystem – das Tax-CMS – regelmäßig an die sich ändernden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse angepasst werden. Dabei müssen sowohl die neuen steuerlichen Verpflichtungen als auch die Anforderungen an die steuerlichen Aspekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung bedacht werden, wobei Letztere durchaus über die Anforderungen des IDW PS 980 hinausgehen können.
Bereits mit dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz wurden 2017 in Deutschland die Paragrafen zum Lagebericht (§ 289 HGB) und zum Konzernlagebericht (§ 315 HGB) ergänzt. Seitdem sind die kapitalmarktorientierten Unternehmen, Finanzinstitute und Versicherungen mit mehr als 500 Beschäftigten zu einer nichtfinanziellen Berichterstattung zu den Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen sowie zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung verpflichtet. Mit der am 16. Dezember 2022 im Amtsblatt der EU veröffentlichten CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) werden die Anforderungen nun sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Adressaten ausgeweitet. Es wird erwartet, dass nunmehr über 50.000 EU-Unternehmen die CSRD anwenden müssen, während die NFRD (Non-Financial Reporting Directive) derzeit nur für ca. 11.600 Unternehmen gilt.
Obwohl Steuern nicht explizit in der CSRD referenziert sind, empfiehlt die Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen in ihrem Abschlussbericht zur sozialen Taxonomie die Stärkung der für Nachhaltigkeit relevanten Bereiche der Unternehmensführung durch nachvollziehbare und nicht aggressive Steuerplanung, höhere steuerliche Transparenz und eine Organisation, die die steuerliche Compliance sowohl mit eigener unternehmerischer Tätigkeit als auch mit Erwartungen an eine ethische, soziale und nachhaltige Entwicklung in Einklang bringt. In einem weiteren Bericht zum Mindestschutz („minimum safeguards“) greift die Plattform die steuerliche Thematik weiter auf und verweist auf die Relevanz der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Diese fordern zum einen die Einhaltung der Steuergesetze in den Ländern, in denen das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit ausübt, als auch die Behandlung von Governance im Steuerbereich und die Einhaltung der Steuervorschriften als ein wichtiges Element der Aufsichts- und der allgemeinen Risikomanagementsysteme. Auch die Überarbeitung der G20/OECD-Grundsätze der Corporate Governance unterstreicht die Bedeutung der Steuern und die diesbezügliche Verantwortung der Aufsichtsorgane.
Seit der Einführung des Standards GRI 207 der Global Reporting Initiative existiert erstmals auch ein Standard für die steuerliche Transparenzberichterstattung, der auf die nach dem 1. Januar 2021 veröffentlichen Berichte anzuwenden ist. Schließlich stellen Steuern einen wesentlichen wirtschaftlichen Faktor für die Unternehmen dar und die Öffentlichkeit interessiert sich immer mehr dafür, inwieweit die Unternehmen ihren „fair share“ an Steuerlast und an der Finanzierung des Gemeinwesens tragen. Der GRI-Standard erfordert ausführliche Angaben zum Steuerkonzept, zur Tax Governance und zum Control Framework, zur Einbeziehung von Stakeholdern und zum Management steuerlicher Bedenken der Stakeholder sowie ein Country-by-Country Reporting. Somit rücken Steuern einmal mehr in den Vordergrund der Nachhaltigkeitsüberlegungen.