Die unter dem Kürzel ESG subsumierten Nachhaltigkeitsbestrebungen entfalten immensen Druck auf institutionelle Investoren in nahezu allen Handlungsfeldern – so auch bei Investitionen in Immobilienfonds. Insbesondere der Bereich der Governance („G“) kommt zum Tragen, wenn es um steuerliche Transparenz geht. Aber auch Soziales („S“) und gerade Umwelt („E“) implizieren Herausforderungen wie Chancen steuerlicher Natur. Jetzt gilt es, die Weichen zu stellen, um mit einer integrierten ESG-Tax-Strategie die Anforderungen der nachhaltigen Transformation zu erfüllen und gleichermaßen ihre Potenziale zu nutzen, um so einen Mehrwert für die Investoren und weitere Stakeholder zu schaffen.
Regulatorik
Die seit März 2021 anzuwendende Offenlegungsverordnung und die seit Anfang 2022 geltende EU-Taxonomie gelten als Meilensteine nachhaltiger Bestrebungen der Politik. Das regulatorische Umfeld hat sich allerdings auch in steuerlicher Hinsicht deutlich verändert. Die Anforderungen an die steuerliche Transparenz (Tax Transparency) sind gestiegen, so etwa durch die Meldung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (DAC6) oder das Public CbCR (Country-by-Country Reporting). Beim ESG-Reporting für Immobilienfonds sollten ebenfalls steuerliche Aspekte berücksichtigt werden, wobei der Umfang sowohl von der Anzahl der Investitionsländer als auch vom jeweiligen Investorenkreis (Publikums- vs. Spezialfonds) abhängt. Eine nicht unbedeutende Rolle spielt das Stichwort Tax-Fairness. Die Bereitschaft, Steuern zu entrichten, mag als selbstverständlich gelten, muss jedoch im Rahmen einer ESG-Tax-Strategie ebenfalls explizite Berücksichtigung finden, um Reporting-Anforderungen zu erfüllen. So lässt sich bei einer Investition in Sozialimmobilien das soziale mit einem umweltfreundlichen Green-Building-Investment kombinieren.
Zum Beispiel der GRI-Standard 207
Für ESG-Reportings gibt es verschiedene Standards. Dazu gehören diejenigen der Global Reporting Initiative (GRI), die Principles for Responsible Investment (PRI) sowie die Standards des International Business Council (IBC) des World Economic Forum oder diejenigen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TFCD). Zu den Kriterien zählen oft auch steuerliche Faktoren. Bei den DAX40-Unternehmen gilt etwa der GRI-Standard 207 „Tax“ mit mehreren Unterpunkten und Anforderungen:
- Steuerkonzept (207-1): Steuergrundsätze, Steuerstrategie, Verknüpfung der Steuerstrategie mit der Nachhaltigkeitsstrategie, Ansatz zur Einhaltung regulatorischer Anforderungen
- Tax Governance, Kontrolle und Risikomanagement (207-2): effektives Steuermanagement und Kontrollsystem, Tax-Compliance-Management-System (Tax-CMS)
- Einbeziehung von Stakeholdern und Management von steuerlichen Bedenken (207-3): Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden, politische Einflussnahme zu Steuerfragen
- Country-by-Country Reporting (207-4): länderbezogene Berichterstattung (z. B. Höhe der gezahlten Steuern pro Land)
Fiskalische Anreize
Für die nachhaltige Transformation schafft die Politik diverse Steueranreize. Dazu gehören Abgaben auf Emissionen und auf Energie- oder Ressourcenverbrauch, aber auch positive Anreize. Sie alle sind für die einzuschlagende Steuerstrategie und das steuerliche Risikomanagement von Bedeutung. So werden überall Steuerbegünstigungen für Green-Building-Investitionen eingeführt oder bestehen bereits. Das Spektrum reicht von Sonderabschreibungen über Steuervergünstigungen im Rahmen zuträglicher Betriebsausgaben bis hin zu geänderten Steuerbemessungsgrundlagen bei Grund- und Transfersteuern.
In Deutschland gewährt z. B. das Fondsstandortgesetz eine Erleichterung bei der Anwendung der erweiterten gewerbesteuerlichen Grundbesitzkürzung. Immobiliengesellschaften können nun bis zu 10 Prozent ihrer Erträge aus Stromerzeugung durch Solaranlagen oder E-Mobilität gewinnen, ohne dass die gesamten Erträge aus der Vermögensverwaltung der Gewerbesteuer unterliegen. Durch diese gesetzliche Maßnahme wird der zentrale limitierende Faktor der bisherigen Investitionsbeschränkungen aufgehoben und insofern neue Impulse zum Ausbau der erneuerbaren Energien geschaffen.