Welche bürokratischen Hürden bei der Anwerbung von Fachkräften aus Drittländern überwunden werden müssen

Wer Mitarbeitende aus Drittländern anwirbt, muss viele bürokratische Hürden überwinden. Doch es wird besser.

Überblick

• Die Anwerbung von Fachkräften aus Drittländern erfordert die Überwindung zahlreicher bürokratischer Hürden, die durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2020 teilweise erleichtert wurden.
• Ein zentrales Element für die Beschäftigung von Nicht-EU-Bürgern in Deutschland ist das Arbeitsvisum, dessen Beantragung von Qualifikationen, Jobangeboten und weiteren Faktoren abhängt.
• EY bietet umfassende Unterstützung bei der Beschaffung von Arbeitserlaubnissen, der Anmeldung im deutschen Sozialversicherungssystem und der Erstellung von Einkommensteuererklärungen für internationale Fachkräfte.

Sie haben endlich, nach schier endloser Suche, die passende Fachkraft für Ihre unbesetzte Stelle gefunden. Die Qualifikation stimmt, die Motivation ist überragend, der Umzug zur neuen Arbeitsstelle kann sofort beginnen – doch da gibt es noch ein kleines Problem: Der oder die Neue kommt nicht aus Deutschland, nicht aus der EU, sondern aus einem Drittland. Damit ist ein bürokratischer Hindernislauf programmiert. Zwar hat Deutschland in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen ergriffen, um mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuziehen. Dazu dient vor allem das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2020. Es wurden Regelungen eingeführt, um den Prozess der Visaerteilung, die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu beschleunigen und transparenter zu gestalten. Allerdings ziehen sich die Verfahren oft über viele Monate hin, Botschaften und Konsulate sind mit der Visabearbeitung überlastet, verschiedene Behörden müssen die einzelnen Fälle bearbeiten. Um sich in diesem Dickicht besser zurechtzufinden und wo möglich auch eine Beschleunigung der Verfahren zu erreichen, empfiehlt es sich, professionelle Berater an der Seite zu haben.

Zentral: das Arbeitsvisum

Wenn jemand aus dem Nicht-EU-Ausland in Deutschland arbeiten möchte, braucht er ein Arbeitsvisum. Der Prozess zu dessen Beantragung wird durch verschiedene Faktoren wie Qualifikationen, Jobangebote und den Bereich, in dem gearbeitet werden soll, beeinflusst. Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

1.  Jobangebot aus Deutschland: Der Arbeitsvertrag oder das schriftliche Angebot eines deutschen Arbeitgebers muss bei der Beantragung des Visums vorgelegt werden
2.  Berufliche Qualifikation: In den meisten Fällen ist eine anerkannte berufliche Qualifikation oder ein Hochschulabschluss erforderlich. Der Abschluss muss mit einem deutschen Abschluss vergleichbar sein. Dies kann über die Plattform ANABIN geprüft werden. Die Anerkennung von Abschlüssen kann z. B. über die Industrie- und Handelskammern (IHK) oder die Handwerkskammern erfolgen. Für bestimmte Berufe, etwa im Gesundheitswesen oder in technischen Bereichen, sind spezifische Qualifikationen erforderlich.
3.  Deutschkenntnisse: Je nach Branche und Arbeitsplatz kann das Sprachlevel von A1 bis B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) gefordert werden.
4.  Vorrangprüfung: In der Vergangenheit musste in einigen Bereichen nachgewiesen werden, dass keine geeigneten Arbeitskräfte aus Deutschland oder der EU für die Stelle zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung). Diese Regel wurde durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in vielen Bereichen gelockert.

Blaue Karte EU

Für hoch qualifizierte Fachkräfte gibt es die Möglichkeit, die Blaue Karte EU zu beantragen. Sie ermöglicht es Akademikern, schneller einen langfristigen Aufenthalt in Deutschland genehmigt zu bekommen. Dies ist grundsätzlich immer zu empfehlen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind: erstens ein Hochschulabschluss, der mit einem deutschen Abschluss vergleichbar ist, und zweitens ein Arbeitsplatz in Deutschland mit einem definierten Mindestgehalt. 2024 liegt diese Gehaltsgrenze bei 45.300 Euro brutto pro Jahr, für ausgewiesene Mangelberufe wie Ingenieure, Ärzte oder IT-Spezialisten etwas niedriger (rund 41.000 Euro).

Soziale Absicherung

Wenn Ausländer in Deutschland arbeiten, sind sie grundsätzlich in das deutsche Sozialversicherungssystem eingebunden – wie alle Bürgerinnen und Bürger mit einem festen Arbeitsvertrag, unabhängig von ihrer Nationalität. Das deutsche Sozialsystem basiert auf fünf Säulen: der Kranken-, der Renten-, der Arbeitslosen-, der Pflege- und der Unfallversicherung. Dank internationaler Sozialversicherungsabkommen können Rentenansprüche, die in Deutschland erworben wurden, häufig auch im Ausland geltend gemacht werden. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung sind Familienmitglieder, die in Deutschland leben und kein eigenes Einkommen haben, oft kostenfrei mitversichert. Sobald ein Ausländer in Deutschland einen Arbeitsvertrag unterschreibt, übernimmt der Arbeitgeber in der Regel die Anmeldung zur Sozialversicherung. Der Arbeitnehmer erhält eine Sozialversicherungsnummer, die für alle späteren Beiträge und Leistungen verwendet wird und ein Leben lang gültig bleibt.

Steuern zahlen …

Wenn Ausländer in Deutschland arbeiten, unterliegen sie ebenso wie alle anderen Arbeitnehmer dem deutschen Steuersystem. Dabei müssen sie Einkommensteuer und gegebenenfalls weitere Steuern zahlen, die auf ihrem Einkommen und ihrem Aufenthaltsstatus basieren. Für viele ausländische Arbeitnehmer ist die Frage der Doppelbesteuerung relevant, insbesondere wenn sie in einem anderen Land steuerpflichtig sind oder regelmäßig in ihrem Heimatland arbeiten. Deutschland hat mit zahlreichen Ländern sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, die verhindern sollen, dass Einkünfte doppelt besteuert werden.

… und erklären

Jeder Arbeitnehmer in Deutschland erhält auch eine Steueridentifikationsnummer, die einmalig vergeben wird und lebenslang gültig bleibt. Viele Beschäftigte in Deutschland sind verpflichtet oder haben die Möglichkeit, eine Steuererklärung abzugeben. Ausländische Arbeitnehmer werden voraussichtlich vor allem in den ersten zwei Jahren verpflichtet sein, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Dies liegt vor allem daran, dass noch ein Teil der Einkünfte steuerlich dem bisherigen Heimatland zuzuordnen sein wird und eine Doppelbesteuerung vermieden werden sollte.

Autor:innen: Heidi Schindler, Thorsten Koch, Martina Unrau