Die Globalisierung der Arbeitswelt nimmt stetig zu. Und nicht zuletzt seit der Corona-Pandemie sind besonders gesuchte Arbeitskräfte immer seltener bereit, ihren Heimatstaat zu verlassen. Oft können Unternehmen ausländische Spezialistinnen und Spezialisten nur rekrutieren, wenn sie ihnen zugestehen, aus dem Ausland heraus für das Unternehmen zu arbeiten. Insbesondere Arbeitgeber, die keine Niederlassung oder (Gruppen-) Gesellschaft im Ausland haben, stellt es vor erheblichen Verwaltungsaufwand und zusätzliche Kosten, wenn sie Beschäftigten das Arbeiten im Ausland ermöglichen wollen. Schwierig ist es auch, wenn Unternehmen einen ausländischen Markteintritt planen und dafür Personal vor Ort benötigen. Eine mögliche Lösung bietet das Modell „Employer of Record“ (EoR). Hier stellt eine Art lokale Personalagentur Personen ein, die im Auftrag des Kunden angeworben werden, und übernimmt die ordnungsgemäße und rechtskonforme Abwicklung des gesamten Arbeitsverhältnisses.
Leistungspakete
Der EoR bietet üblicherweise ein umfassendes Leistungspaket an: Von der Anstellung der Mitarbeiter im jeweils gewählten Land über alle damit verbundenen rechtlichen und regulatorischen Angelegenheiten wie Beantragung der erforderlichen Arbeitserlaubnis oder Anmeldung bei den lokalen Steuer- und Sozialversicherungsbehörden bis hin zur Abwicklung der monatlichen Lohn- und Gehaltsabrechnungen inklusive Abführung der damit verbundenen gesetzlichen Abgaben. Der Markt für EoR-Modelle entwickelt sich rasant. Inzwischen werden unterschiedliche Leistungen und Vertragsmodelle angeboten, die je nach Ausgestaltung entsprechende lohn- bzw. einkommensteuerliche, sozialversicherungs-, aufenthalts- und arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können.
Kein deutsches Recht …
Die Grundsätze des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und des Sozialversicherungsgesetzbuches (SGB) beruhen auf dem Territorialitätsprinzip und kommen nur innerhalb Deutschlands zur Anwendung. Das bedeutet für den Fall, dass eine deutsche Gesellschaft Mitarbeitende (zeitweise) im Ausland beschäftigen möchte, dass deren Einsatz zwingend nach lokalem Recht beurteilt werden muss. Das deutsche AÜG und das deutsche Sozialversicherungsrecht kommen in diesen Fällen grundsätzlich nicht zur Anwendung, denn allein das Direktionsrecht des in Deutschland ansässigen Unternehmens reicht für die Annahme eines Inlandsbezugs nicht aus. Bisher gibt es zu einer „virtuellen“ Eingliederung im Ausland ansässiger Mitarbeitender bei einer deutschen Gesellschaft auch keine (abweichende) Rechtsprechung.
… doch Vorsicht bei Trips nach Deutschland
Sollte die überlassene Person zeitweise für Schulungen, Besprechungen oder Kundenmeetings nach Deutschland kommen, ist zu prüfen, ob sie dadurch einen Teil ihrer Tätigkeit hierzulande verrichtet, und somit das AÜG und das SGB greifen. Aufenthaltsrechtlich können schon kurze Aufenthalte das Erfordernis eines Aufenthaltstitels für Erwerbszwecke nach sich ziehen. Eine Compliance Überprüfung ab Tag 1 des geplanten Aufenthaltes ist unbedingt ratsam, um negative Überraschungen für den Arbeitgeber und vor allem aber auch für den Arbeitnehmer (z. B. langjährige Einreiseverbote in den gesamten Schengenraum) zu verhindern. Gegebenenfalls wäre die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (AÜ) seitens des EoR zu beantragen. Werden Mitarbeitende ohne AÜ-Erlaubnis überlassen, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar. Bei grenzüberschreitenden Überlassungen ohne Erlaubnis kann sogar eine Straftat vorliegen. Das deutsche Unternehmen sollte in diesem Fall unbedingt sicherstellen, dass dem EoR die entsprechende AÜ-Erlaubnis erteilt wurde, da sonst ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem ihm überlassenen Mitarbeiter kraft Gesetzes begründet wird.
Risiko Betriebsstätte
Ob durch den Beschäftigten im anderen Staat eine Betriebsstätte des deutschen Unternehmens entsteht, richtet sich nach dem dortigen nationalen Recht bzw. nach dem betreffenden Doppelbesteuerungsabkommen. Problematisch sind regelmäßig Beschäftigte, die für den Entleiher Verträge schließen (können) oder zumindest eine wesentliche Rolle beim Vertragsschluss spielen (Vertreterbetriebsstätte). Geschäftsführende im Ausland begründen unabhängig davon, ob ein EoR eingeschaltet wurde, regelmäßig dort eine Betriebsstätte des deutschen Unternehmens. Unterhalb dieses Levels sieht es anders aus. Es gibt Urteile zu Beschäftigten, die ihre Tätigkeit im ausländischen Homeoffice ausüben, wonach diese nicht unbedingt im betreffenden Staat eine Betriebsstätte begründen, da in der Regel keine feste Geschäftseinrichtung des deutschen Unternehmens vorliegt. Dies ist jedoch stets nach den jeweiligen Vorschriften des Landes, in dem die betroffene Person tätig wird, zu prüfen.
Lohnsteuer
Wenn jemand über einen EoR für ein deutsches Unternehmen im Ausland tätig ist, führt der EoR die Lohnsteuer im dortigen Tätigkeitsstaat ab. Ob das deutsche Unternehmen als Kunde des EoR für nicht abgeführte Lohnsteuer haftet, richtet sich nach dem nationalen Recht des Tätigkeitsstaates. Eine eventuelle aufgrund von Arbeitstagen in Deutschland anfallende Lohnsteuer hat ebenfalls der EoR in seiner Funktion als ausländischer Verleiher abzuführen. Dies setzt voraus, dass der EoR über eine AÜ-Erlaubnis verfügt (und die Höchstdauer für eine Überlassung von regelmäßig 18 Monaten nicht überschritten ist). Liegt keine AÜ-Erlaubnis vor, haftet auch der deutsche Entleiher für eine eventuelle nicht abgeführte Lohnsteuer, §42d Abs. 6 EStG.
Co-Autorinnen: Priscila Luz Barreiros & Martina Unrau