Eine geoeffnete Schranke in der Zufahrt zu einem Industriegebiet neben dem Hauptgebaeude der Tueftelfleissig AG. Ueberlagerung mit einer XML-Rechnung.

Wie die E-Rechnung zum digitalen Treiber wird

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Für Unternehmen und die Steuerfunktion bieten die Vorgaben aus Brüssel und Berlin eine große Chance, Geschäftsprozesse zu automatisieren.

Überblick

  • Im Jahr 2027 hat die Tüftelfleißig AG dank intelligenter Steuerfindungssysteme und Datenqualitätstests die Umsatzsteuerfehlerquote minimiert.
  • Die Umstellung auf elektronische Rechnungsstellung führte zu reibungslosen Geschäftsprozessen und einer umfassenden Automatisierung.
  • Am fiktiven Beispiel der Tüftelfleißig AG werden steuerrelevante Themen unter Berücksichtigung des Daten- und Vertrauensschutzes anschaulich dargestellt.

Im Jahr 2027 läuft die steuerliche Behandlung von Verträgen und Rechnungen wie am Schnürchen. Dank Datenqualitätstests und intelligenter Steuerfindungssysteme ist die Fehlerquote bei der Umsatzsteuer in den Promillebereich gesunken. Der Dauerstress mit dem Finanzamt gehört der Vergangenheit an. Auch funktionieren Ein- und Verkaufsprozesse bei der Tüftelfleißig AG reibungsloser als noch im Jahr 2023. Die Tüftelfleißig AG ist ein fiktives Unternehmen, das EY für das Tax & Law Magazine erschaffen hat, um steuerrelevante Themen unter Beachtung des Daten- und Vertrauensschutzes anschaulich darzustellen.

Die Umstellung auf die elektronische Rechnungsstellung hat sich als entscheidender Katalysator für die umfassende Automatisierung von Geschäftsprozessen erwiesen. Sie löste eine digitale Transformationswelle aus, die sich von der Finanz- und Steuerabteilung bis hin zum Vertrieb und Einkauf ausbreitete. Denn die Tüftelfleißig AG nutzte die gesetzlichen Anforderungen, Rechnungen in elektronischer Form zu übermitteln, als Wegbereiter, um auch andere Geschäftsdokumente wie Aufträge, Bestellungen und Lieferdokumente in automatisierter Form zu versenden und zu empfangen.

In einem industriellen Steinbruch transportiert ein Foerderband Gesteinsmaterial zu einem Zwischenlager. Ueberlagerung mit einer XML-Rechnung.

Wandel der Steuerabteilung

Auch die Rolle der Steuerfachleute hat sich gewandelt. Noch im Jahr 2023 verwendeten sie einen Großteil ihrer Kapazität, um bei der Abwicklung von Geschäftsvorfällen steuerlich beratend tätig zu sein. Die hierzu nötige Zeit räumte der Gesetzgeber in § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG ein, wonach Rechnungen binnen sechs Monaten nach Leistung auszustellen waren. Steuerliche Würdigungen wurden innerhalb dieser großzügigen Frist teils manuell auf Anfrage der Geschäftsbereiche per Telefon oder E-Mail vorgenommen. Die jeweiligen Einschätzungen der Steuerabteilung wurden sodann in Textform niedergeschrieben und dem Business übergeben, sodass anschließend eine manuelle Anpassung des steuerlichen Ergebnisses durch die IT-Abteilung oder die jeweiligen Prozessbeauftragten erfolgen konnte – ein höchst ressourcenintensiver Prozess, gekennzeichnet von einer umfassenden Kommunikation in menschlicher Sprache. Diese Ära ist nun vorbei. Denn die steuerliche Würdigung läuft vor allem aufgrund der drastischen Verkürzung der Frist zur Rechnungsstellung auf nunmehr zwei Tage auch bei komplexen Sachverhalten vollständig automatisiert (gegenwärtiger Diskussionsstand im Rahmen von ViDA). Statt beratend und reparierend tätig zu sein, agiert die Steuerabteilung der Tüftelfleißig AG nun hauptsächlich als Überwacher. Hierzu nutzt sie rund um die Uhr arbeitende Monitoring-Lösungen, die Geschäftsdaten steuerlich analysieren und die Erforderlichkeit eines Eingriffs durch Steuerberater rechtzeitig signalisieren. Die proaktive Arbeitsweise auf der Grundlage von Daten macht die Transaktionsabwicklung flüssiger und schneller. Der Fokus liegt nun darauf, steuerliche Sachverhalte vollständig und konsistent in den Datenmodellen des ERP-Systems abzubilden, statt sie im Rahmen der Beratung mühselig per Telefon oder E-Mail einzusammeln. Hierbei wird die Qualität der Daten anhand von Key Performance Indicators (KPIs) gemessen, um steuerliche Compliance sicherzustellen. Weitere Vorteile sind Kostenreduktion, Minimierung von Fehlern und eine integriertere Zusammenarbeit von Steuerabteilung und Geschäftsbetrieb.

Wie konnte es dazu kommen? 

Ende 2022 erarbeitete die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag im Rahmen der Initiative „VAT in a Digital Age“, kurz ViDA. Damit soll die elektronische Rechnungsstellung zum neuen Standardverfahren in der Europäischen Union werden. Dem folgte das Bundesfinanzministerium im April 2023, in dem es einen Diskussionsvorschlag zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes präsentierte. Im Juni wurden die vorgeschlagenen Änderungen dann in den Referentenentwurf des Wachstumschancengesetz übernommen. Dabei wurden auch Änderungen berücksichtigt, die EY gefordert hatte.

Profan geht es um eine Überarbeitung von § 14 UStG mit dem Titel „Ausstellung von Rechnungen“ im Jahr 2025, konkret um die obligatorische elektronische Rechnung für inländische B2B-Umsätze ab dem Jahr 2026. Deutschland will damit vollziehen, was andere Länder längst tun. Italien führte bereits 2019 ein E-Invoicing-System ein, bei dem der Fiskus zwischengeschaltet wird, bevor die Rechnung den Empfänger erreicht. Die Nachbarländer Polen und Frankreich beginnen ab Juli 2024 mit der E-Rechnung.

Rückblick auf 2023

Die Tüftelfleißig AG hat im Jahr 2023 Nachholbedarf. Transaktionsabwicklung und Berichterstattung der Rechnungen werden oftmals noch manuell bearbeitet. Vereinzelt sind die Schritte mühsam, zeitaufwendig und fehleranfällig, da Fragen zur steuerlichen Würdigung von Transaktionen in Einzelfällen auf Anfragen aus den anderen Geschäftsbereichen und losgelöst von den vorhandenen Daten bearbeitet werden. Sind die notwendigen Systemeinstellungen für die Steuerfindung nicht hinterlegt, müssen sie erst durch den jeweiligen IT-Ansprechpartner oder VAT-Prozessexperten für den Einzelfall hinterlegt und freigeben werden. Erst danach kann die Rechnung durch den Fachbereich ausgestellt werden. In den Fällen, in denen keine Anfrage aus der Fachabteilung zur steuerlichen Würdigung von Transaktionen kommt, bemerken dies Steuerexperten teilweise erst nach Rechnungsstellung in der steuerlichen Behandlung. Dies führt dazu, dass Rechnungen durch Stornierung und aufwendige Neuausstellung korrigiert werden müssen – insgesamt ein Prozess, der durch fehlende Nachhaltigkeit und geringe Wertschöpfung gekennzeichnet ist.

Es gibt z. B. Probleme und Fragen bezüglich der umsatzsteuerlichen Behandlung der von der Tüftelfleißig AG in Bulgarien erbrachten Reparaturleistungen an ihren Katalysatoren. Es ist unklar, ob diese als umsatzsteuerliche Lieferungen, Dienstleistungen oder Gewährleistungen behandelt werden sollten. Der Fachbereich ist unsicher, ob es sich um ein Leistungsbündel handelt oder die einzelnen Positionen einheitlich bewertet werden müssten und infolgedessen manuelle Eingriffe in die Steuerfindung erforderlich sind. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Geschäftspartners für den Einzelfall erfolgt, da Auftraggeber, Rechnungsempfänger und Warenempfänger regelmäßig voneinander abweichen und das Zusammenspiel mit der hauseigenen Reparaturwerkstatt in Bulgarien vertragsabhängig gehandhabt wird. In diesem Zusammenhang hatte das Finanzamt in der Vergangenheit bereits die Verwendung unzutreffender Umsatzsteuer-Identifikationsnummern und die unzutreffende steuerliche Bewertung von Sachverhalten gerügt. Auch die Angabe des Leistungsdatums bereitet der Tüftelfleißig AG Kopfschmerzen, da weder das Warenausgangsdatum noch das Rechnungsdatum mit dem Leistungsdatum übereinstimmt. Zusätzlich treten Probleme bei der Ausweisung von Entgeltminderungen, falschen Rechnungstexten und der nicht fortlaufenden Nummerierung der Rechnungen auf. Es ist insgesamt eine Situation, die vielen Fachbereichen der Tüftelfleißig AG unnötige Kosten und Stress auferlegt. Die in der Rechnung gezeigten Beispiele verdeutlichen die Fehler, mit denen die Tüftelfleißig AG im Tagesgeschäft regelmäßig konfrontiert wird.

Grafik: Systematische Fehler in den Rechnungen der Tueftelfleissig AG

Planung ist alles

Den gesetzlichen Druck im Nacken packt die Tüftelfleißig AG in den Jahren von 2023 bis 2027 das anspruchsvolle Projekt „E-Invoicing“ an. Die Steuerabteilung arbeitet eng mit den Abteilungen für IT und Finanzen zusammen, um die erforderlichen Ressourcen und die notwendige Unterstützung für diese komplexe unternehmensweite Aufgabe zu erhalten. Gemeinsam werden realistische und messbare Projektziele wie Automatisierungsgrade, Durchlaufzeiten und Datenqualitätslevels festgelegt. Zudem werden Meilensteine auf Zeitachsen definiert und ein multidisziplinäres Team aufgestellt, in dem Projektrollen und Verantwortlichkeiten trennscharf verteilt werden. 

Darüber hinaus hinterfragt die Tüftelfleißig AG, ob das Projekt mit den internen Ressourcen bewältigt werden kann oder externe Unterstützung erforderlich ist. Nach sorgfältiger Überlegung entscheidet sich das Unternehmen, externe Fachleute in das Projektteam zu integrieren. Dadurch kann Tüftelfleißig auf umfangreiches Fachwissen zurückgreifen und sicherstellen, dass sämtliche strategischen und operativen Aspekte zur digitalen Abwicklung steuerlich relevanter Transaktionen berücksichtigt werden.

Stahlarbeiter beginnen mit dem Ausgiessen von fluessigem Stahl im Stahlwerk, Funken fliegen aus dem Hochofen. Ueberlagerung mit einer XML-Rechnung.

Das Team besteht aus erfahrenen Fachleuten, darunter Key Users, SAP-Basismitarbeiter, Entwickler, funktionale Berater und Projektmanager. Sie werfen einen ganzheitlichen Blick auf die Geschäftsprozesse und beschränken sich nicht nur auf die Rechnungsstellung. Alle relevanten Bereiche sind in das Projekt einbezogen, insbesondere Finanzen, Steuern, Vertrieb, Einkauf und IT. Dies erfordert eine klare Kommunikation der Projektziele und des Fortschritts. Das Team sorgt für Transparenz, indem es regelmäßige Updates und Berichte über den Projektfortschritt an alle Beteiligten weitergibt. Dies fördert nicht nur das Verständnis und die Unterstützung aller, sondern stärkt auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Wichtig sind zudem Agilität und Anpassungsfähigkeit, um auf unvorhergesehene Herausforderungen und Änderungen im Laufe des Projekts reagieren zu können. Es werden proaktive Planungsmechanismen entwickelt, um unerwartete Situationen bewältigen zu können.

Definition des XML-Zielbildes

Die Tüftelfleißig AG legt bei ihrer Projektplanung besonderen Wert auf eine sorgfältige Definition der Projektziele. Dabei wird der aktuelle Stand der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse analysiert und es wird ermittelt, welche Geschäftsdokumente in strukturierter Form versendet werden. Sie bezieht Aufträge, Bestellungen, Lieferdokumente und Rechnungen verschiedenster Geschäftspartner sowohl auf Eingangs- als auch auf Ausgangsseite in ihre Betrachtung ein. Des Weiteren konzipiert sie grundlegende Strategien zur Erstellung und zum Empfang elektronischer Geschäftsdokumente und initiiert einen Proof of Concept (PoC) mittels der von der IT-Abteilung entwickelten Lösung für X-Rechnungen, die seit 2020 für B2G-Kunden, also öffentliche Auftraggeber, gesetzlich vorgeschrieben ist.

Die XML-Rechnung (siehe Grafik XML-Rechnung) zeigt die im Rahmen des PoC erstellte Rechnung der Tüftelfleißig AG in Form der X-Rechnung. Es ist ersichtlich, dass nunmehr dieselben Informationen in maschinenverständlicher Sprache strukturiert aufbereitet sind. Aufgrund des engen Korsetts der gesetzlichen Vorgaben auf der einen Seite und der zahlreichen im ERP-System vorhandenen Datenfelder auf der anderen Seite bemerkt die Tüftelfleißig AG im Rahmen des PoC, dass die Konsistenz von Daten eine zentrale Rolle spielt und im Projekt nicht vernachlässigt werden darf.

So bemerkte das multidisziplinäre Team der Tüftelfleißig im Rahmen des PoC Projektes, dass Sachverhalte nicht korrekt dargestellt und umsatzsteuerliche Würdigungen unzutreffend vorgenommen wurden. 

Grafik: Rechnungsinformationen werden zukuenftig in einem XML-Datensatz uebermittelt

Erfolgsfaktor für die Steuerabteilung

Im dynamischen Geschäftsumfeld der Tüftelfleißig AG vollzieht sich die elektronische Rechnungsstellung im Jahr 2027 im Vergleich zum Jahr 2023 als gut koordinierter Prozess. Dabei übernimmt die IT-Abteilung mit Unterstützung externer Softwarelösungen die flüssige Generierung, Übertragung sowie den Empfang elektronischer Rechnungen. Parallel dazu sorgen die Abteilungen für Vertrieb und Einkauf für die detaillierte Erfassung steuerrelevanter Geschäftsfälle in den Unternehmenssystemen. Sie schaffen hierdurch die Basis für eine effiziente und präzise Beurteilung der steuerlichen Sachverhalte durch die von der Steuerabteilung administrierten Regelwerke.

Die Steuerabteilung der Tüftelfleißig AG erkannte durch das PoC-Projekt, dass der Schlüssel zu Automatisierung und Compliance in der zutreffenden Sachverhaltsaufzeichnung liegt. Daher setzte sie sich das Projektziel, Einblicke in die Sachverhalte und deren Beschreibung anhand von Systemdaten zu nehmen. Hiermit legte sie den Grundstein für eine Transformation zu einem datenbasierten Steuermanagement, bei dem kontinuierliche Prozessverbesserungen anhand von operationalisierten Datenkontrollen erzielt werden.

Zur Etablierung des digitalen Management-Ansatzes abonnierte die Tüftelfleißig AG kurzerhand die Softwarelösung Digital Tax Intelligence von EY. Mit der Lösung gelingt es Tüftelfleißig die steuerlichen Datenströme des Unternehmens in Echtzeit zu visualisieren und durch die prozessintegrierten Steuerberatungsleistungen von EY rund um die Uhr zu überwachen. Mit der EY-Software profitiert die Steuerabteilung sowohl von einem Gesamtüberblick über die Liefer- und Leistungsketten als auch von rechtlich nachvollziehbaren Aufzeichnungen zum steuerlichen Entscheidungsprozess. Weiterhin zieht die Tüftelfleißig AG von den in der Lösung integrierten Gültigkeitsabfragen von steuerlichen Stammdaten einen erheblichen Nutzen. So ist sie mit mühelos definierbaren Tests in der Lage, die Datenqualität nach den unternehmensspezifischen Besonderheiten der Tüftelfleißig zu validieren und die Gültigkeitsabfragen von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern und Freistellungsbescheinigungen zu automatisieren.

Durch die Implementierung der Steuertechnologie von EY hat die Tüftelfleißig AG einen fortlaufenden Prozess der Optimierung in Gang gesetzt, der die Qualität der stamm- und transaktionsbezogenen Geschäftsdaten Monat für Monat erhöht. Hierdurch gelang es der Tüftelfleißig AG, die in den Bestellungen, Aufträgen und Lieferdokumenten erfassten Daten jederzeit konsistent zu halten und Ungereimtheiten frühzeitig zu eliminieren. In diesem Zusammenhang entwickelte sich die Steuerabteilung der Tüftelfleißig AG zu einem digital vernetzten Businesspartner, der mehr Wert durch Datentransparenz geschaffen hatte. Denn durch den Fokus auf die Sachverhaltsdaten, die Investition in Technologie und die direkte Einbindung der Steuerabteilung in die Geschäftsprozesse wurde sie zu einem einflussreichen Gestalter und Überwacher wertvoller Datenmanagementsysteme, die der Tüftelfleißig AG nachhaltig zu mehr Wettbewerbsvorteilen und Effizienzsteigerungen verhelfen.

Der detaillierte Projektplan in vier Schritten

Schritt 1: Anforderungsanalyse

Für die überall in Europa anstehende Umstellung auf E-Rechnungen ist zunächst ein tiefgreifendes Verständnis der landes- und der unternehmensspezifischen Anforderungen der erste und wichtigste Schritt. So gibt es bei der E-Rechnungsstellung unterschiedliche Standards – von der europaweiten Norm CEN 16931 bis hin zu länderspezifischen Standards wie FA(2) in Polen oder FatturaPA in Italien. Frankreich beispielsweise hat bereits einen CEN-16931-basierten B2B-E-Rechnungsstandard etabliert. Dieser wurde jedoch durch den nationalen Standard Chorus Pro erweitert, der etwa 169 zusätzliche Felder umfasst.

Auch die Übertragungs- und Meldewege variieren von Land zu Land. In Italien beispielsweise erfolgt die Übermittlung von E-Rechnungen über das Sistema di Interscambio (SdI), wobei die Rechnungen von der Steuerbehörde freigegeben werden müssen. In Polen hingegen geschieht der elektronische Rechnungsaustausch über Krajowy System e-Faktur, abgekürzt KSeF, das nationale System für elektronische Rechnungen. In Frankreich erfolgt nicht nur der Versand in einem bestimmten Format, auch der Empfang muss in einem bestimmten Format über die Chorus-Pro-Plattform bestätigt werden.

Grafik: Andere Laender, andere Ansaetze

Wichtig sind überdies die spezifischen Geschäfts- und Ableitungsregeln, die in den jeweiligen Ländern zum Befüllen der Felder gelten. Dann können z. B. geschäftsprozessabhängige „Wenn-dann-Beziehungen“ beinhalten. Sie bestimmen, welche Informationen verpflichtend bereitgestellt werden müssen. Ein Beispiel hierfür ist die Angabe eines Fiskalvertreters. Es handelt sich grundsätzlich um ein Kann-Feld. Wenn dieser Geschäftsprozess auf das Unternehmen zutrifft, muss die Information jedoch verpflichtend bereitgestellt werden.

Ein Haken transportiert eine Rolle aus Stahlblech in einer Giesserei in Pennsylvania. Ueberlagerung mit einer XML-Rechnung.

Schritt 2: System- und Prozessanalyse

Unternehmen sollten ihre bestehenden Systeme und Prozesse analysieren und verstehen, wie sie in die E-Rechnungs-Landschaft passen. Es muss geprüft werden, ob alle benötigten Datenfelder grundsätzlich mit Systeminformationen befüllt werden können und ob das System in der Lage ist, einen Datensatz zu generieren, der den jeweiligen Länderstandards entspricht.

Hinsichtlich der System- und Prozessanalyse ist zudem zu klären, wie viele ERP-Systeme von den E-Rechnungsverpflichtungen betroffen sind. Ebenso ist sicherzustellen, dass die steuerlichen Würdigungen auf Basis der zugrunde liegenden Sachverhaltsdaten in automatisierter Form zutreffend vom System ermittelt werden. Denn manuelle Änderungen der Steuerkennzeichen sind im Zeitalter der E-Rechnung nicht länger eine Option. Dies gilt insbesondere, da davon auszugehen ist, dass die Frist zur Ausstellung von E-Rechnungen auf ein Minimum gekürzt werden wird.

Es ist zu unterscheiden, aus welchen Systemen Rechnungen versandt und empfangen werden, da dies maßgeblichen Einfluss auf die Zielarchitektur hat. In diesem Rahmen ist auch zu analysieren, ob jedes System die gleiche Qualität von Stammdaten und von automatisierten steuerlichen Würdigungen von Geschäftstransaktionen bereitstellen kann. Sollten Lücken in der automatisierten Steuerfindung und dem Rechnungsdruck bestehen, müssen diese zunächst geschlossen werden, um die notwendige Datenqualität herzustellen.

Genauso müssen die eigenen Geschäftsprozesse analysiert werden. Je nach Geschäftsprozess sind ggf. unterschiedliche Zuordnungen von Systemdatenfeldern zu den Datenfeldern der elektronischen Rechnung vorzunehmen. Eine zentrale Fragestellung ist hierbei unter anderem: Werden neben Ausgangs- und Eingangsrechnungen auch umsatzsteuerliche Gutschriften, Anzahlungsrechnungen oder Rechnungskorrekturen gestellt bzw. empfangen?

Schritt 3: Auswahl und Implementierung der passenden Lösung

Im Rahmen der Implementierung ist zu entscheiden, wie die Erstellung, Übertragung und Verarbeitung der elektronischen Rechnungen erfolgen soll. Soll die Umsetzung mit eigenen Mitteln erfolgen oder ist es sinnvoller, auf die Softwarelösungen eines externen Anbieters oder auf einen Dienstleister (eInvoicing as a Service) zurückzugreifen? Diese Anbieter gewährleisten nicht nur die gesetzeskonforme Übertragung der E-Rechnungen, sondern können auch die Überwachung von Format- und Syntaxvorschriften übernehmen, was insbesondere bei einer großen Anzahl unterschiedlicher Prozesse, Systeme und Jurisdiktionen nützlich sein kann. Der Vorteil liegt in der Klarheit der Verantwortung: Während das Unternehmen die Qualität seiner Daten sicherstellt, wird die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen, die meist technischer Natur sind, von einem externen Dritten überwacht.

Schritt 4: Kontinuierliche Verbesserung und Anpassung

Die E-Rechnungs-Landschaft ist dynamisch und unterliegt ständigen Änderungen und Anpassungen. Unternehmen sollten daher bereit sein, ihre E-Rechnungs-Prozesse regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Dabei gilt es, die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben der Länder, in denen das eigene Unternehmen aktiv ist, zu überwachen und zu bewerten: Haben sich gesetzliche Vorgaben beispielsweise bezüglich Datenumfang oder Übertragung geändert? Sind aufgrund neuer Geschäftsaktivitäten neue Jurisdiktionen zu beachten? Wurden Anforderungen auf E-Reporting ausgeweitet? Gibt es Änderungen in der eigenen System- und Prozesslandschaft, die eine Anpassung der Prozesse erforderlich machen? Vor diesem Hintergrund ist das steuerliche Risikomanagementsystem hinsichtlich der Überwachung der technischen Anforderungen an die Rechnungsstellung zu ergänzen und zu operationalisieren.

Arbeiter beim Umlagern von Waren und Beladen eines Lastwagens in einem Verteilungslager. Ueberlagerung mit einer XML-Rechnung.

Der Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes 

Deutschland möchte mit der geplanten Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze für in Deutschland ansässige Geschäftspartner einen gewissen Digitalisierungsrückstand aufholen und auch die Mehrwertsteuerlücke von aktuell rd. 11 Milliarden Euro verringern. Personelle Ressourcen werden freigespielt, um an dringend benötigten Stellen eingesetzt zu werden. Darüber hinaus ist das vorgesehene strukturierte Format für eine E-Rechnung Voraussetzung für eine automatisierte und prozesssichere Datenverarbeitung. Dies führt insbesondere im Eingangsrechnungsverarbeitungsprozess aus steuerlicher Sicht zu mehr Sicherheit und Effizienz. Die elektronische Rechnung soll der CEN-Norm 16931 und der Liste von Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU entsprechen. Das beugt einer Fragmentierung der Vorschriften zur E-Rechnung im Binnenmarkt vor, was mit zusätzlichen Kosten für Unternehmen verbunden wäre. 

Arbeiter bedient eine Maschine in einer Fabrikhalle. Ueberlagerung mit einer XML-Rechnung.

Ein Erfolgsfaktor bei der Einführung von E-Rechnungen in anderen Ländern war die frühzeitige Einbeziehung der Verbände. Dies tat das BMF mit dem Diskussionsvorschlag vom 17. April 2023. Im Juli wurde dieser Entwurf dann in den Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes überführt. Der folgende Abschnitt gibt den aktuellen Stand der Diskussion zwischen BMF und den Verbänden wieder:

Zeitplan: Einführung der B2B-E-Rechnungsstellung ab dem 1. Januar 2025

Das BMF sieht im aktuellen Referentenentwurf eine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung ab dem 1. Januar 2026 vor. Das Jahr 2025 soll in diesem Zusammenhang als Übergangsphase ausgestaltet sein. Aus Unternehmenssicht bedeutet das, dass der Empfang von elektronischen Rechnungen bereits ab dem Jahr 2025 sichergestellt sein muss. Hierfür ist es erforderlich, dass die technischen Details zur Umsetzung mindestens zwölf Monate vor Beginn der Übergangsphase bekannt werden. Mit Bezug auf bestehende elektronische Abrechnungsprozesse sollen vorbehaltlich der Zustimmung des Leistungsempfängers per EDI übermittelte Rechnungen bis Ende 2027 zugelassen werden. Dies ist für zahlreiche Unternehmen als enorme Erleichterung zu werten, da die getätigten EDI-Investitionen über diesen Zeitraum genutzt werden können. Zudem wird durch die Ausnahmeregelung das Risiko reduziert, dass Abrechnungsprozesse aufgrund der noch zu schärfenden Regelungen des ViDA-Pakets angepasst werden müssen.

Vorübergehende Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

KMU sind aufgrund des durch die elektronische Rechnungslegung entstehenden Aufwands bestmöglich bei der Umstellung zu entlasten. Obwohl das BMF im Rahmen des Diskussionsentwurfs explizit Fragen zu KMU stellte, sind im aktuellen Referentenentwurf keinerlei Vereinfachungen enthalten. Dennoch befindet sich das Gesetzgebungsverfahren noch am Anfang, sodass dies im Zeitablauf noch folgen kann. Beispielsweise wird eine kostenlose Zurverfügungstellung der technischen Mittel für Erstellung, Versand und Empfang von Rechnungen auf elektronischem Weg gefordert. Des Weiteren kommt eine Staffelung unter gewissen Umständen in Betracht: 

Staffelung nach Unternehmensgröße

Laut BMF ist es denkbar, dass im ersten Jahr der Regelung kleine und mittlere Unternehmen dem Empfang der E-Rechnung – wie unter der aktuellen Regelung – noch zustimmen müssen. Im zweiten Jahr wäre eine Zustimmung nur noch von kleinen Unternehmen erforderlich. Ab dem dritten Jahr sollte die E-Rechnung flächendeckend eingeführt sein.

Aus Sicht der Verbände sollte der Rechnungsempfang für alle Unternehmen unmittelbar und unabhängig von ihrer Größe verpflichtend sein. Dem Rechnungssender ist die Prüfung, ob eine Verpflichtung zum elektronischen Rechnungsempfang des Geschäftspartners vorliegt, nicht zumutbar. Das würde in der Praxis zu erheblichen Prozessverzögerungen führen. 

Staffelung nach Rechnungsbetrag 

Laut BMF könnte die Pflicht zur Verwendung einer E-Rechnung erst ab einem bestimmten Rechnungsbetrag (Grenzbetrag) gelten, der nach und nach verringert würde. Denkbar wäre z. B. ein Grenzbetrag von 50.000 Euro im ersten Jahr, von 30.000 Euro ab dem zweiten Jahr und ein Wegfall des Grenzbetrags ab dem dritten Jahr.

Aus Unternehmenssicht bringt die Staffelung nach Rechnungsbetrag eine erhebliche technische und prozessuale Umsetzungskomplexität mit sich. 

Kleinbetragsrechnungen & Fahrausweise 

Laut Meinung der Verbände sollte aufgrund von zusätzlicher prozessualer und technischer Komplexität auf Ausnahmen und Sonderregelungen möglichst verzichtet werden. Denkbar sind Ausnahmen, wenn Unternehmen mit einem besonderen Aufwand belastet sind (z. B. Kleinbetragsrechnungen, Kassenumsätze und Bargeschäfte). Insbesondere bei Bargeschäften stellt sich die Frage, wie z. B. im Baumarkt zwischen einer Privatperson und einem Unternehmen, das eine elektronische Rechnung bekommen sollte, unterschieden werden kann. Auf die Stellungnahmen der Verbände ging das BMF dahingehend ein, dass im Referentenentwurf Ausnahmen für Kleinbetragsrechnungen i.S.v. § 33 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung [UStDV] und für Fahrausweise i.S.v. §34 UStDV aufgenommen wurden, sodass dafür keine elektronischen Rechnung ausgestellt werden müssen.

Ausblick auf das Meldewesen 

Die elektronische Rechnung soll im ersten Schritt als Basis für ein elektronisches Meldewesen eingeführt werden. Die Implementierung eines elektronischen Meldesystems ist derzeit nicht Gegenstand des Diskussionsvorschlags. Das BMF gibt allerdings einen Ausblick zu den Eckpunkten. Ein einheitliches elektronisches System für die transaktionsbezogene Meldung nationaler und grenzüberschreitender B2B-Umsätze soll im Gleichklang mit den ab 2028 geplanten ViDA Vorschriften zum digitalen Reporting etabliert werden. 

LKW an einer Laderampe auf einem industriellen Gelaende. Ueberlagerung mit einer XML-Rechnung.

Die E-Rechnung soll nicht (wie z. B. in Italien) vor der eigentlichen Weiterleitung an den Geschäftspartner an die Finanzverwaltung zur inhaltlichen Überprüfung gesendet werden. Vielmehr sollen im Moment des Rechnungsaustausches zeitgleich die Meldedaten an die Finanzverwaltung übermittelt werden, so dass die Unternehmen nur eine Übermittlungen in Gang setzen müssen. Der Rechnungsaustausch soll wahlweise entweder über eine staatliche oder eine private E-Rechnungs-Plattform erfolgen.

Die Verbände erachten ein einheitliches System für die transaktionale Meldung nationaler und internationaler B2B-Umsätze als vorteilhaft. Besonders wichtig erscheint, dass die technischen Vorgaben bereits vor der Einführung der elektronischen Rechnungslegung bekannt sind. So können Doppelaufwände vermieden werden. 

Laut den Verbänden sollten Unternehmen frei entscheiden können, ob eine staatliche, eine private Plattform oder eine Kombination aus verschiedenen Plattformen genutzt wird. Der Vorteil privatwirtschaftlicher Anbieter im EDI-Umfeld (Electronic Data Interchange) liegt für Unternehmen darin, dass nicht nur die Rechnung an sich elektronisch ausgestellt oder erhalten werden kann, sondern auch die Bestellung, Auftragsbestätigungen usw. Dies unterstützt die umfassende Digitalisierung von Geschäftsprozessen.

Darüber hinaus sind aus Unternehmenssicht über den deutschen Vorschlag hinaus folgende Punkte Gegenstand von Diskussionen. Der ViDA-Vorschlag sieht den Wegfall von Sammelrechnungen vor, was zu einer deutlichen Erhöhung der Datenmenge sowie zusätzlichem Verwaltungsaufwand führt. Deutschland sollte sich daher für den Erhalt der Sammelrechnung einsetzen. Die im ViDA-Vorschlag vorgesehenen Fristen von jeweils zwei Arbeitstagen sind in der Praxis deutlich zu kurz. Grund dafür ist die oftmals mangelhafte Datenqualität, die die Rechnungsausstellung zeitaufwendig macht (z. B. mangelhafte Rechnungsanschrift, fehlende UID-Nummer und Preise, falsches Steuerkennzeichen).

Geschaeftsleute an ihren Schreibtischen in einem geschaeftigen, modernen, offenen Buero. Ueberlagerung mit einer XML-Rechnung.

Fazit

Durch die Umsetzung der beschriebenen Schritte kann die Steuerabteilung E-Invoicing bis 2027 erfolgreich umsetzen. Große Chancen liegen in der Steigerung der Effizienz, in der Kostenreduktion und der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Steuerabteilung und Geschäftsbetrieb. Gleichzeitig müssen die Herausforderungen des Datenmanagements, der Technologieimplementierung und der Einhaltung des steuerlichen Regelwerks bewältigt werden. Mit einer engagierten Herangehensweise und dem richtigen Projektteam können Unternehmen die Herausforderungen meistern und die Vorteile des E-Invoicing voll ausschöpfen.

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