Frau auf Portaledge sitzend, Cochamo, Los Lagos, ChileBild

Warum Nachhaltigkeit die Spielregeln im Sport verändert

Für den Sport geht es um alles: Investoren und Werbepartner könnten sich bei schwachen ESG-Leistungen der Sportorganisationen abwenden.


Überblick

  • Sportorganisationen sind nicht per se nachhaltig. Treibhausgasemissionen, Abfallberge oder Korruption schwächen die ESG-Bilanz.
  • Investoren und Partner pochen auf mehr Nachhaltigkeit.
  • Sportorganisationen sollten ihre ESG-Leistungen verbessern, wollen sie ihr Geschäftsmodell nicht gefährden. Das gelingt nur mit vereinten Kräften.

Sport bringt Menschen zusammen, fördert Integration, stärkt die Persönlichkeit und ist gesundheitsfördernd. All die positiven Aspekte machen die Branche jedoch nicht per se nachhaltig. Große Sportveranstaltungen hinterlassen enorme Abfallberge, verbrauchen viel Energie und Wasser. Der Stadionbetrieb, anreisende Fans und der Transport von Ausrüstung stehen für beträchtliche Treibhausgasemissionen. Rassismus, Diskriminierung, Doping, Korruption, Menschenrechtsverletzungen oder ungleiche Bezahlung von Athleten sorgen regelmäßig für Diskussionen. Investoren, Sponsoren, Werbepartner, Ehrenamtliche und Fans fordern daher von Sportorganisationen mehr Engagement für ökologische, soziale und ethische Themen. Für den Sport geht es um nicht weniger als sein Geschäftsmodell. Zwar betreffen Nachhaltigkeitsvorgaben wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU viele Vereine und Ligen nicht direkt, doch Partner und Geldgeber werden künftig genauer hinsehen wollen und müssen, mit wem sie zusammenarbeiten. Höchste Zeit für ein paar Klimmzüge und Extrarunden.

Viele Sportorganisationen haben sich bereits auf den Weg gemacht: Die Deutsche Fußball Liga (DFL), die Deutsche Eishockey Liga (DEL) und die Basketball Bundesliga (BBL) haben Nachhaltigkeitskriterien für Clubs als Teil der Lizenzierung eingeführt. Ähnliche Bestrebungen gibt es im Handball. Der Golfsport setzt sich aktiv für ein gezielteres Wassermanagement und Biodiversität ein. Und im Winter- und Bergsport zwingt der Klimawandel zum Umdenken. In Angriff nehmen die meisten Verbände jedoch vor allem Einzelmaßnahmen, ein gesamthaftes Konzept fehlt bislang bei den meisten. Insbesondere Investoren und Sponsoren sind deshalb erkennbar in Sorge, dass die Nachhaltigkeitsambitionen in einigen besonders betroffenen Sportarten nicht ausreichen oder nicht schnell genug umgesetzt werden.

 

Müssen sich Investoren und langjährige Sponsoren auf Druck ihrer hauseigenen ESG-Compliance zurückziehen, weil die Clubs, Vereine und Verbände bei den ESG-Themen Umwelt, soziale Verantwortung und gute Unternehmensführung schwächeln, wäre das für beide Seiten verheerend: Investoren und Sponsoren verlören ihre oft über viele Jahre aufgebauten Werte und Marken. Den Sportorganisationen kämen direkte Einnahmen abhanden. Ein beachtlicher Posten: Allein im Jahr 2020 flossen weltweit gut 48 Milliarden US-Dollar in das Sportsponsoring. Sinkende Sponsoringeinnahmen können eine Abwärtsspirale in Gang setzen, denn in weiterer Folge sinken häufig sportliche Leistungen, Image und schließlich auch Medienerträge.

Sportsponsoring
US-Dollar flossen im Jahr 2020 weltweit in das Sportsponsoring.

Stimmen die ESG-Leistungen, gibt es für Investoren und Sponsoren im Sport viel zu gewinnen. Die mediale Aufmerksamkeit macht den Sport zu einer wertvollen Kommunikationsplattform, um im Rahmen von Partnerschaften die eigenen Nachhaltigkeitskompetenzen sichtbar zu machen. Gemeinsame Initiativen setzen positive Signale für Integration, Diversität oder Gesundheit. Zugleich beeinflussen ESG-Ratings die Unternehmensbewertung, Investitionsentscheidungen von Anlegern und die Finanzierungskosten. Bislang wurde der Erfolg von Sponsoring (Return on Sponsorship Investment, ROSI) primär anhand von Medienpräsenz, Marken- oder Absatzeffekten bewertet. Erweitert um eine „ESG-Rendite“ ließen sich die positiven Effekte der Sportpartnerschaften auf die ESG-Leistung und damit das Rating darstellen.

 

Bei den Clubs, Verbänden oder Sportveranstaltern mangelt es häufig nicht am guten Willen für mehr Nachhaltigkeit, sondern an Know-how und Ressourcen. Möglichkeiten, die ESG-Bilanz im täglichen Handeln zu verbessern, gibt es zahlreiche – vom Einsatz energieeffizienter Beleuchtungssysteme bis hin zur Auswahl des Ortes für Trainingslager, sodass die Athletinnen und Athleten nicht mit dem Flugzeug anreisen müssen.


Für eine gemeinsame Nachhaltigkeitsstrategie gehören alle wesentlichen Stakeholder an einen Tisch. Die Sportorganisationen können hierbei die treibende Kraft sein.


Es wäre jedoch fahrlässig, darauf zu warten, dass die Sportorganisationen auch große Herausforderungen wie zum Beispiel die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks ganzer Sportarten, den schonenderen Umgang mit Biodiversität und Wasser, die Stärkung von Diversität in Führungspositionen oder die Schaffung transparenterer Entscheidungsprozesse allein stemmen. Für eine gemeinsame Nachhaltigkeitsstrategie gehören alle wesentlichen Stakeholder an einen Tisch. In dem Ökosystem sollten neben Investoren, Sponsoren und den führenden Sportverbänden auch die Veranstalter, Vermarkter, Bekleidungs- und Equipmenthersteller, Medienpartner, Athleten- und Fanvereinigungen, die Kommunen und der Tourismus gemeinsam den Weg gehen und ihre Kräfte bündeln. Auch Hochschulen und NGOs spielen eine wichtige Rolle.

Gemeinsames Handeln ist nicht nur notwendig, um den Sport nachhaltiger zu machen, eine gemeinsame Kommunikation erhöht auch die Sichtbarkeit der Nachhaltigkeitsbestrebungen. Davon profitiert zum einen das Image des Sports, andererseits ergeben sich daraus gesamtgesellschaftliche Chancen: Denn gelingt es dem Sport, in der Breite als nachhaltig wahrgenommen zu werden, können Sportorganisationen ihre prominente Stellung nutzen, um weitere Teile der Gesellschaft für den nachhaltigen Wandel zu mobilisieren und einen positiven Handlungsdruck aufzubauen.

Fazit

Sport hat viele positive Aspekte – per se nachhaltig ist er jedoch nicht. Abfall, Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen, Diskriminierung oder Korruption sind auch in Sportorganisationen ein Thema. Investoren, Sponsoren, Ehrenamtliche und Fans fordern daher mehr Engagement für ökologische, soziale und ethische Themen. Zwar betreffen Nachhaltigkeitsvorgaben wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU viele Vereine und Ligen nicht direkt, doch Partner und Geldgeber schauen genauer auf die ESG-Leistungen. Wenn sich Sportorganisationen hier nicht bewegen, ist ihr Geschäftsmodell bedroht. Gleichzeitig gibt es für Sportorganisationen viel zu gewinnen. Wer gemeinsam mit Partnern und Geldgebern Ideen für mehr Nachhaltigkeit umsetzt, kann nicht nur den Sport selbst, sondern auch die Gesellschaft positiv verändern.

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