Abstraktes, verschwommenes Foto von vielen Menschen, die in einem modernen Einkaufszentrum einkaufen.

Spaß und Convenience – was Kunden sich beim Einkaufen wünschen

Im Retail Performance Ranking 2024 bewerten Verbraucher Händler schlechter als 2023. Vor allem der Online-Handel sinkt im Ansehen.


Überblick

  • Die beiden Top-Bewertungen im EY-Parthenon Retail Performance Ranking 2024 erzielen wie bereits im Vorjahr zwei große deutsche Drogeriemarktketten.
  • Insgesamt hat sich die Bewertung von Händlern in Deutschland durch die befragten Verbraucher 2024 etwas verschlechtert.
  • Von 2020 bis 2023 waren die Händler im Ansehen aller befragten Verbraucher noch gestiegen.

Die beiden Top-Bewertungen im EY-Parthenon Performance Ranking 2024 erzielen zwei große deutsche Drogeriemarktketten. Der erstplatzierte Drogeriehändler, der bereits im letzten Jahr die Spitzenposition innehatte, führt das Ranking dabei um 6 Punkte vor dem zweitplatzierten an. Auf Rang 3 folgt ein führender US-Online-Marktplatz.

Ein Uhren- und Juwelierhändler, der im vergangenen Jahr auf Platz 2 lag, ist im aktuellen Ranking auf Platz 5 gesunken. Zudem tauchen ein Kosmetikhändler sowie zwei führende Sportartikelanbieter als Newcomer erstmals in den Top 10 auf.

Ein Supermarkt-Lieferservice hat um sieben Plätze auf Rang 8 aufgeholt. Dagegen sind ein schwedisches Möbelhaus und ein Tierfutteranbieter in der Gunst der Kunden stark abgerutscht und rangieren damit nicht mehr unter den Top 10.

Die hohe Präsenz von Händlern aus den Bereichen Kosmetik, Schmuck und Kleidung innerhalb der Top 10 zeigt, dass Händler, die den Konsumenten Spaß beim Einkauf bieten, von diesen höher bewertet werden.

Die beiden Sportartikelanbieter auf den Plätzen 6 und 10 dürften bei ihren Top-Bewertungen auch von ihrer Markenbekanntheit profitieren. 

Top-100-Händler 2024 aus Konsumentensicht

Händlerbewertung verschlechtert sich – Konsumenten im Krisenmodus

Insgesamt hat sich im Performance Ranking 2024 von EY-Parthenon die Bewertung von Händlern in Deutschland durch die befragten Verbraucher erstmals seit vier Jahren wieder etwas verschlechtert. Berücksichtigt man nur die Händler, die durchgängig seit 2019 im Ranking enthalten sind, fällt die Verschlechterung noch deutlicher aus. Von 2020 bis 2023 waren die Händler im Ansehen aller befragten Kunden noch gestiegen. 

Gesamtbewertung aller Händler aus Konsumentensicht für die Jahre 2019 bis 2024
Gesamtbewertung aller Händler aus Konsumentensicht für die Jahre 2019 bis 2024

Nicht nur aktuelle geopolitische Krisen und die Auswirkungen der hohen Inflation machen dem deutschen Handel zu schaffen. Die gesunkenen Bewertungen der Händler verdeutlichen, dass sich die Konsumenten in Deutschland gedanklich noch im Krisenmodus befinden. Insbesondere im europäischen Vergleich wird deutlich, dass sich deutsche Verbraucher stärker um ihre finanzielle Situation oder wirtschaftliche Einschnitte sorgen, obwohl es erste Signale einer zurückgehenden Inflation gibt.

Vor allem schlechtere Noten für Online-Händler 

Über die vergangenen zwei Jahre sind die Bewertungen der Händler mit „Online-Herkunft“ gesunken, wohingegen die Bewertungen der Händler mit „stationärer Herkunft“ gestiegen sind. Während der Corona-Pandemie waren Online-Händler noch sehr stark in der Kundenbewertung gestiegen. Diese Bewertungshöchststände korrigieren sich gerade etwas nach unten.

Der stationäre Handel, der während der Lockdowns der Corona-Pandemie gezwungen war, sein Online-Angebot und seinen Online-Service auszubauen, ist seither wieder mit beiden Kanälen vertreten. Nach der Pandemie haben Offline-Händler ihren Fokus wieder verstärkt auf den stationären Handel gelegt. Sie bieten mit ihren Ladengeschäften einen höheren Spaß- und Erlebnisfaktor als reine Online-Shops. Außerdem haben viele Konsumenten nach den Lockdowns wieder verstärkt Lust, statt im Internet in Ladengeschäften vor Ort einkaufen zu gehen.


Verbraucher vergeben schlechtere Noten für den Handel

Das EY-Parthenon Performance Ranking 2024 misst erneut die Konsumentenwahrnehmung der führenden Händler. Zum ersten Mal seit 2020 fällt die Bewertung schlechter aus als im Vorjahr.

Abstraktes, verschwommenes Foto von vielen Menschen, die in einem modernen Einkaufszentrum einkaufen.

Spaß und Convenience werden wichtiger

Die Top-Kriterien Vertrauen, relevantes Produktangebot, Preis-Leistungs-Verhältnis und Kundenservice bleiben aus Kundensicht weiterhin die wichtigsten Kategorien für die Bewertung der Händler. Die Relevanz dieser Top-Kriterien geht aber seit 2021 kontinuierlich zurück. Auch Nachhaltigkeit verliert an Relevanz und rangiert nicht mehr unter den Top 5.

Stattdessen rücken Spaß beim Einkauf und ein reibungsloser Einkauf (Convenience) sowie Unterstützung bei der Kaufentscheidung als Kategorien neu in den Vordergrund, wovon stationäre Händler mehr als Online-Händler profitieren, da sie diese Kategorien besser umsetzen können. Das gilt vor allem für die Spaß- und Erlebniskomponenten beim Einkauf.

Essentials gewinnen gegen Non-Essentials

Die zunehmende Konsumzurückhaltung der Verbraucher infolge der Inflationskrise spiegelt sich auch in der positiveren Bewertung von Händlern essenzieller Güter des täglichen Bedarfs wider. Dagegen sinkt in Zeiten der geopolitischen Krisen und Preissteigerungen die Gunst der Verbraucher für Anbieter von nicht essenziellen oder Luxusartikeln.

In Zeiten der hohen Inflation und Konjunkturschwäche kaufen Kunden weiterhin Dinge des alltäglichen Bedarfs. Dies spielt z. B. Lebensmitteleinzelhändlern in die Karten, deren Bewertungen im Jahr 2024 deutlich gestiegen sind.

Dagegen verzichten viele Verbraucher in Krisenzeiten auf Luxusgüter oder Markenartikel. Bei nicht lebensnotwendigen Dingen wie Schuhen, Einrichtungsgegenständen für Haus und Garten, Möbeln oder Schmuck wird eher der Rotstift angesetzt als bei Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs.

In dem aktuellen unsicheren Umfeld stellen Verbraucher, die auf den Preis achten, die größte Kundengruppe. Der Anteil dieser sogenannten „Affordability first“-Kunden, die sich sehr um die eigenen Finanzen sorgen und lieber sparen als shoppen, wächst bereits seit 2022.

Vor allem in der Altersgruppe der 35- bis 54-Jähringen (plus 11 Prozentpunkte) und in der Gruppe der über 55-Jährigen (plus 12 Prozentpunkte) ist der Anteil der „Affordability first“-Kunden von 2022 bis 2024 stark angestiegen. Bei den jüngeren Konsumenten im Alter von 16 bis 34 Jahren ist die Kundengruppe dieser Kategorie in diesem Zeitraum dagegen lediglich um 7 Prozentpunkte gewachsen.

Junge Konsumenten werden anspruchsvoller und unzufriedener

Vor allem jüngere Konsumenten bewerten Händler insgesamt deutlich schlechter als im Vorjahr. Die Generation der 16- bis 34-Jährigen wünscht sich wesentlich stärker als die ältere Generation ein besonderes Einkaufserlebnis. Entsprechend liegt der Anteil der sogenannten „Experience first“-Kunden auch in der jüngeren Altersgruppe höher (25 Prozent) als bei den älteren Konsumenten (7 Prozent). Doch legen zahlreiche Händler 2024 ihren Fokus eher darauf, ihr Preis-Leistungs-Verhältnis zu verbessern und günstige Preise zu bieten, statt den Spaßfaktor in den Vordergrund zu stellen.

Zudem werden jüngere Konsumenten immer anspruchsvoller, wenn es um digitale Lösungen geht. Viele wünschen sich beispielsweise ein „Connected Shopping“ mit mobilen Angeboten in stationären Ladengeschäften. Einigen Händlern fällt es schwer, die digitalen Wünsche der jungen Generation zu erfüllen.

Jüngere Verbraucher kaufen tendenziell mehr online ein und stören sich stärker an wieder eingeführten Retourengebühren der Händler. Innovative Geschäftsmodelle aus dem Ausland, beispielsweise von chinesischen E-Commerce-Riesen wie Temu und Shein, funktionieren bei Jüngeren besonders gut, weil sie ihrer Zielgruppe genau den gewünschten Erlebnis-, Fun- und Tech-Faktor bieten. 


   Jüngere Konsumenten legen Wert auf ein besonderes Einkauferlebnis, während unter den älteren Kunden ein größerer Anteil vor allem auf den Preis achtet.


Konsumenten ab 55 Jahren bewerten die Händler dagegen 2024 besser als im Vorjahr und setzen damit den Trend der letzten Jahre fort. Sie werden vertrauter damit, online einzukaufen. Durch die Corona-Pandemie haben viele ältere Konsumenten gelernt, sich in der Online-Welt zurechtzufinden, wodurch sich auch die Bewertungen verbessern. Darüber hinaus haben ältere Konsumenten mit Blick auf innovative Anwendungen geringere Erwartungen an Online-Händler als jüngere.

Zudem befinden sich unter den älteren Kunden mehr „Affordability first“-Kunden, die Wert auf Preisangebote legen. In den vergangenen zwei Jahren haben die Händler verstärkt Maßnahmen ergriffen, um als günstige Anbieter wahrgenommen zu werden.

Entwicklung der Gesamtbewertung aller Händler aus Konsumentensicht nach Altersklassen für die Jahre 2019 bis 2024
Entwicklung der Gesamtbewertung aller Händler aus Konsumentensicht nach Altersklassen für die Jahre 2019 bis 2024

Fazit

Der deutsche Handel steht angesichts geopolitischer Krisen und konjunktureller Unsicherheiten vor enormen Herausforderungen. Auch Inflation, hohe Mietkosten und Energiepreise machen den Händlern zu schaffen, da der Konsum verhaltener wird.

Zudem verändern sich das Kaufverhalten und die Wünsche der Konsumenten. Die Generation Z stellt andere Anforderungen an das Einkaufserlebnis und den Spaßfaktor als ältere Konsumenten. Außerdem verschärfen Händler aus dem Ausland mit ihren disruptiven Geschäftsmodellen den Wettbewerb.

Hinzu kommen rasante technologische Veränderung auf die Branche zu, auf die die Händler reagieren müssen.

In diesem herausfordernden Umfeld ist eine wachsende  Zahl von Insolvenzen zu beobachten. Viele Händler haben die Corona-Pandemie nur knapp überstanden und hierbei  die Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle vernachlässigt. Händler, deren Nachfrage zurückgeht, müssen eine radikale Neupositionierung sowie  die Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells in Angriff nehmen. Aber auch für Händler, die von einer hohen Nachfrage profitieren, ergibt sich Handlungsbedarf im Streben nach operativer Exzellenz sowie   im Ausbau  (technologiegestützter) Kundennähe.

Mehr zum Thema

Die Macht der Kundenzentrierung: Aufbau langfristiger Beziehungen

Eine stärkere Kundenzentrierung erfordert umfassende Veränderungen. Finden Sie heraus, welche Chancen und Herausforderungen Unternehmen dabei erwarten.

17 Jan. 2024 Tanja Liepolt + 1

Wie der Handel das Problem der Lebensmittelverschwendung lösen kann

Erfahren Sie, wie eine ökologische und ökonomische Lösung für die Verschwendung von Nahrungsmitteln im Handel aussehen kann.

28 März 2023 Dr. Martin Paletzki

Wie Handelsunternehmen ihre Lieferketten jetzt resilient machen

Die Dynamik von Lieferketten hat sich geändert und neue Faktoren spielen bei der Planung eine Rolle. Wie Unternehmen sich auf die Veränderung einstellen.

21 Feb. 2023

    Über diesen Artikel

    Autoren

    You are visiting EY deu-aut (de)
    deu-aut de