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Wie Autobauer die F&E-Kosten im Blick behalten

Der Kostendruck in der Automobilwirtschaft steigt. Wie Unternehmen die knapperen Budgets in der Forschung und Entwicklung optimal steuern.


Überblick

  • Die Produktentwicklung im Automotive-Bereich und neue Technologien kosten viel Zeit und Geld.
  • In Anbetracht steigenden Kostendrucks und knapperer Budgets sollten die Ressourcen in der Forschung und Entwicklung in der Automobilindustrie effizient überwacht werden.
  • Nur mit einer detaillierten Kostenverfolgung lassen sich Cashflow und Betriebsergebnis optimal steuern.

Wegbrechende Umsätze, hohe Investitionen in neue Technologien, strengere Auflagen, ein unsicheres Marktumfeld und scharfer Wettbewerb: Der Kostendruck in der Automobilindustrie macht auch vor der Forschung und Entwicklung (F&E) nicht halt. Im einstigen Schlaraffenland findiger Ingenieure und Designer regiert der Rotstift. Zwar kommt kein Automobilhersteller ohne innovative F&E-Abteilung aus, doch ineffiziente Ausgaben, Doppelentwicklungen und „Sonderlocken“ sind nicht mehr drin. Um die knapperen Budgets effizienter einzusetzen, muss eine wichtige Frage geklärt sein: Wo geht das Geld hin? Erst wenn die Kosten transparent sind, lassen sich auch bilanzielle Spielräume ausschöpfen und Ergebnisse und Cashflows strategisch steuern, insbesondere in Bezug auf die Kostenoptimierung in der Fahrzeugentwicklung.

In der Praxis gleicht die F&E-Abteilung häufig einer Black Box: Die Ingenieure tüfteln an verschiedenen Fahrzeugprojekten, Modulen oder Plattformen. Es gibt Entwicklungen für das eigene Haus und Projekte für andere. Stunden, Materialien und Werkzeuge werden meist nicht exakt den einzelnen Projekten oder Produkten zugeordnet. Welche Entwicklung am Ende was gekostet hat, ist oft nur schwer oder mit erhöhtem Aufwand nachvollziehbar. Auch Kostenschätzungen für künftige Projekte und deren Budgets stehen somit auf wackligen Beinen, was die Notwendigkeit einer präzisen Kostenanalyse in der Automobilfertigung verdeutlicht.


Die Mitarbeitenden der F&E und der Finanzabteilung sprechen meist nicht dieselbe Sprache.


Die Finanzabteilung will es jedoch ganz genau wissen. Hier offenbart sich ein weit verbreitetes Dilemma: Die Mitarbeitenden aus F&E, Finanzen und IT haben unterschiedliche fachspezifische Anforderungen, was die abteilungsübergreifende Kommunikation der Fokusthemen erschwert. Für die F&E-Abteilung handelt es sich schlicht um Kosten. Um die Rechnungslegungsstandards und steuerlichen Vorschriften einzuhalten, braucht die Finanzabteilung jedoch präzise Angaben. Aktivierungsfähige Kosten wie Patentanmeldungen für neue Technologien oder Entwicklungskosten für Prototypen und Testfahrzeuge in späten Entwicklungsphasen werden nicht sofort als Aufwand verbucht, sondern können über mehrere Jahre abgeschrieben werden und wirken sich somit positiv auf die Profitabilität und den Cashflow und damit auch auf den Unternehmenswert aus. Nicht aktivierungsfähige Kosten wie Grundlagenforschung oder Kosten für Ideenfindungen schmälern sofort als Aufwand die Profitabilität. Durch eine klare Kosten-Nutzen-Analyse im Fahrzeugbau lassen sich diese Aufwendungen besser einordnen.

Ein Blick hinter die Kulissen der F&E-Ausgaben

Um die tatsächlichen Kosten von Projekten, Technologien oder Produkten nachvollziehen und deren Rentabilität bewerten zu können, um die Liquidität optimal zu steuern und eine aussagekräftige Finanzberichterstattung zu gewährleisten, müssen Daten aus verschiedenen Bereichen wie Produktion, Vertrieb und Finanzen, die wiederum auf verschiedenen und komplexen Systemlandschaften arbeiten, miteinander verknüpft werden. Nur so kann eine genaue Beurteilung der Rentabilität erfolgen. Moderne Reporting-Systeme wie SAP S/4HANA leisten dies und bieten somit die Möglichkeit, F&E-Kosten in Echtzeit zu erfassen und den Fortschritt zu überwachen. Durch eine nahtlose Integration der Finanz- und Entwicklungsabteilungen können Unternehmen ihre Kosten nicht nur transparent nachverfolgen, sondern auch Einsparpotenziale aufdecken, um die Effizienzsteigerung in der Autoproduktion zu maximieren. Dies macht den Ressourceneinsatz effizienter und hilft, kostspielige Fehler zu vermeiden.

 

Notwendigkeit der Kostentransparenz von F&E-Kosten
Interne Steuerung durch integrierte Werteflüsse und Systeme

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Fahrplan für mehr Durchblick bei den F&E-Kosten

Um Kostentransparenz in der Forschung und Entwicklung zu erreichen, bietet sich ein fünfstufiger Prozess an:

  1. Bestandsaufnahme der aktuellen F&E-Strukturen
    Um die aktuelle Struktur zu verstehen, gilt es zu erfassen, welche Modelle es gibt, welche in Planung sind, welche Produkte für das eigene Unternehmen und welche für andere entwickelt werden, wer an wen liefert und mit welchen künftigen Umsätzen kalkuliert wird. Dabei hilft es, den Produktlebenszyklus im Automotive-Bereich zu berücksichtigen.
  2. F&E-Kosten strukturieren
    Um die Kosten sauber zu erfassen, braucht es eine Struktur und klare Regeln. In einer standardisierten Kostenerfassung wird etwa nach Stunden, Material, Baureihen, Modellen, Eigen- oder Fremdleistungen unterschieden. Dabei sollte die Dateneingabe einfach und übersichtlich strukturiert werden, um Fehler durch Missverständnisse zu vermeiden. Die einzelnen Elemente lassen sich mit Abrechnungsvorschriften hinterlegen, die für die Bilanzierung relevant sind.
  3. Einführung eines integrierten Reporting-Systems
    Für eine einheitliche Datengrundlage und eine möglichst automatisierte Kostenerfassung bietet sich ein zentrales Reporting-System an, das die Finanz- und die Entwicklungsabteilung verzahnt. Dies vermeidet zudem, dass Daten doppelt erhoben werden, und fördert den Einsatz agiler Entwicklungsmethoden im Automotive-Sektor.
  4. Schaffung von Transparenz durch Echtzeit-Datenanalyse
    Um die Kosten und den Projektfortschritt jederzeit sichtbar zu machen, empfiehlt sich die Überwachung der F&E-Kosten in Echtzeit auf Dashboards. Datenanalyse-Tools können darüber hinaus Kostentreiber oder Abweichungen im Budget aufspüren, Frühwarnsysteme erkennen Kostenüberschreitungen. Hierbei kann die Integration von Technologietrends in der Automobilentwicklung eine entscheidende Rolle spielen.
  5. Schulung der Mitarbeitenden und Change-Management
    Um alle Beteiligten auf den neuen Standard zu bringen und die Akzeptanz zu erhöhen, bieten sich Schulungen für die Mitarbeitenden in der F&E und im Controlling zu den neuen Prozessen und Tools an. Begleitung und Hilfestellungen können Widerstände minimieren und die Effizienz steigern.

Transparenz in der Forschung und Entwicklung ist unerlässlich, um dem steigenden Kostendruck zu begegnen – nicht nur in der Automobilindustrie. Unternehmen, die ihre F&E-Kosten genau steuern, können besser auf Marktveränderungen reagieren, strategische Entscheidungen auf solider Basis treffen und gleichzeitig ihre finanziellen Ziele erreichen. Wer Kostentransparenz frühzeitig in den Mittelpunkt seiner F&E-Aktivitäten stellt, kann nicht nur kurzfristige Einsparungen realisieren, sondern sichert langfristig seine Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsposition.

Fazit

Der Kostendruck in der Automobilindustrie zwingt auch die Forschung und Entwicklung (F&E), effizienter mit knapperen Budgets umzugehen. Mit transparenten Kosten lassen sich Ressourcen optimal einsetzen, bilanzielle Spielräume ausschöpfen, Innovationsmanagement im Automotive-Sektor verbessern und Cashflows strategisch steuern.

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