Ein Praxisbeispiel eines Konzerns aus der Gesundheitswirtschaft: Am Ende des vierten Quartals werden dort die Ziele auf Konzernebene vorgegeben. Dabei fließen die Ergebnisse des jährlichen Strategieprozesses genauso ein wie die Vorhersagen des dritten Quartals, externe Benchmarks und Erwartungen des Kapitalmarktes. Diese Vorgaben werden im weiteren Verlauf monatlich mit neuen Werten und einer rollierenden Vorhersage abgeglichen, die einen Zeithorizont von eineinhalb Jahren umfasst.
Daten- und Szenariomodelle als Beschleuniger
Ein zentrales Instrument, um auf Änderungen und neue Szenarien in einer vernetzten Planungswelt rasch zu reagieren, sind Datenmodelle. Erst hierdurch wird der Spielraum erweitert, um auf Änderungen rasch zu reagieren
Umfassende Datenmodelle helfen, Entwicklungen im Blick zu halten, Maßnahmen zur Steuerung zeitnah abzuleiten und so Handlungsfähigkeit zu erlangen.
Aufgabe des Finanzressorts ist es, Modelle für die Planung zu entwickeln, die Verfügbarkeit und Qualität von Daten sicherzustellen und relevante Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge darzustellen. Dies bildet das Fundament für automatische bis autonome Planungsmodelle aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz.
Ambitionierte Ziele setzen, in zwei Geschwindigkeiten umsetzen
Für den erforderlichen Paradigmenwechsel in Planung und Steuerung ist zunächst ein deutlich erweiterter Blick nötig. Operations, Finanzbereich, Vertriebsfunktion – sämtliche Geschäftseinheiten müssen dafür kooperieren. An die Stelle von Entscheidungen, die lediglich einzelne Silos der Organisation betreffen, rücken ganzheitliche Betrachtungen, die sämtliche Funktionen umfassen und das ganze Ökosystem berücksichtigen. Voraussetzung für diese Transformation ist die Erfassung, Analyse und Interpretation der zugehörigen Daten, sowohl aus dem eigenen Haus als auch derjenigen zur Entwicklung der betroffenen Märkte.
Sind die Grundlagen geschaffen und ambitionierte Ziele gesetzt, ist eine Entwicklung in zwei Geschwindigkeiten sinnvoll. Während sich eine Gruppe darum kümmert, dass der laufende Geschäftsbetrieb rund läuft, arbeitet eine zweite daran, künftige Wertschöpfungsmöglichkeiten zu realisieren, indem sie die Entwicklungen am Markt ständig im Blick behält und Ansätze entwirft, schnell und flexibel darauf zu reagieren.
Beispiel Finanzfunktion: Ein Teil der Beschäftigten arbeitet in dem neuen Modell zunächst weiter wie bisher, um quasi als Verwalter sicherzustellen, dass das regelmäßige Arbeitspensum erledigt wird. Hinzu kommen Arbeitsgruppen, die die neuen Ansätze in praktische Arbeitsschritte übersetzen, Datenmodelle aufbauen, auf Hypothesen aufbauende Analysen und den Einsatz agiler Methoden testen – und diese Lösungen passgenau in unterschiedlichen Abteilungen einführen. Sie arbeiten wie Lotsen, die selbst schnell und wendig sind, denen es aber auch gelingt, große Schiffe auf Kurs zu bringen.
Entscheidender Kulturwandel für die neue Welt
Um diese Veränderungen im Unternehmen einzubetten, müssen auch die kulturellen Voraussetzungen geschaffen werden. Das Budget sollte nicht mehr als politisches Instrument eingesetzt werden, um Erwartungen zu steuern, sondern zum echten Prognosemodell werden.
Werden die Modelle flexibel und agil, genügt es nicht, die Handlungsroutinen anzupassen. Die Veränderung muss auch in der Herangehensweise der Mitarbeitenden, vom Sachbearbeiter bis in den Vorstand, verankert werden.
Beyond Forecasting hilft nicht nur, die wachsende Unsicherheit besser in den Griff zu bekommen, die Methode macht sich insgesamt bezahlt, wie die Erfahrungen von EY zeigen. Die Lieferkosten lassen sich um 5 bis 10 Prozent reduzieren, die Lagerbestände um 10 bis 20 Prozent. Auch auf die Bilanz schlagen die Maßnahmen durch: Bis zu 15 Prozent höhere Umsätze, 2 bis 10 Prozent bessere Margen und ein Zuwachs von bis zu 2 Prozent beim EBIT. Und nicht zuletzt das gute Gefühl, für eine veränderte globale Lage gewappnet zu sein.