Ein Junge in Business-Anzug und Krawatte, mit einem selbstgebauten Jetpack und einer Flugbrille, hebt seine Arme in der Nachmittagssonne, während er auf einem Felsvorsprung über der Brandung in Kalifornien in die Luft abhebt. Dieser junge Unternehmer ist bereit, sein neues Unternehmen zu neuen Höhen zu führen.

ESG-Kriterien für ein diverses und inklusives Arbeitsumfeld

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Firmen, die auf Inklusion, Gleichstellung und Diversität setzen, können langfristiges Wachstum sicherstellen und Risiken proaktiv vermeiden.


Überblick

  • ESG Kritierien gewinnen schon lange an Aufmerksamkeit. Dabei sind Umwelt (E) und Governance (G) immer im Fokus während der Soziale (S) Apsekt eher außen vor gelassen wird.
  • Die Frauenquote im Top-Management verbessert sich. Unternehmen erkennen zunehmend den strategischen Wert von Geschlechterdiversität. Aber es gibt noch mehr zu berücksichtigen unter dem Faktor „S“
  • Eine DE&I-geleitete Kultur fördert langfristiges Wachstum und eine zukunftsorientierte Talentstrategie.

ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) decken eine große Bandbreite an Themen ab und werden in einer nachhaltigen Unternehmenskultur immer zentraler. Zudem fordert es die Gesellschaft stärker ein, diese Kriterien nicht nur in den Fokus zu rücken, sondern auch zu leben. Ein Blick in die Praxis verrät, dass Unternehmen derzeit das Schlagwort „ESG“ primär mit der Berichterstattung und der nötigen Einbindung in die Governance-Strukturen verbinden. Im Zuge der Klimakrise und des damit verbundenen politischen, regulatorischen und gesellschaftlichen Drucks liegt der Reporting-Fokus jedoch meist nur auf der Umwelt-Komponente (Environmental), sodass die sozialen Aspekte (Social) schnell in den Hintergrund rücken.

Aber warum ist das so? Das, was es zu berichten gilt, muss auch gemessen werden. Nach heutigem Stand scheinen Organisationen jedoch eher die Motivation zu haben, ihre unternehmerischen Auswirkungen von Umwelt- und Klimafragen sichtbar und quantifizierbar zu machen. Dazu gibt es die nötigen Systeme wie auch erste Erfahrungswerte und somit auch eine gewisse Sicherheit im Umgang mit der Aufgabe. Im Gegensatz dazu stehen die sozialen Aspekte und Ziele, die für Unternehmen zunächst erstmal „soft“ und wenig greifbar erscheinen. Fakt ist, dass diese nicht nur oft subjektiver erscheinen, sondern oftmals auch einer Messung und Beobachtung über einen viel längeren Zeitraum bedürfen, um Entwicklungen, zum Beispiel in der Geschlechterdiversität, abzubilden und zu verstehen.

Die Evolution von ESG: Warum soziale Verantwortung zur unternehmerischen Norm wird

Jedoch zeigt sich auch, dass die gesellschaftlichen Erwartungen die Unternehmen nahezu zwingen, soziales und ethisch-korrektes Handeln zur Norm zu erheben – ohne Ausnahme. Dazu gehört auch eine authentische und proaktive Auseinandersetzung mit Themen wie Gleichberechtigung, Inklusion, faire Arbeitsbedingungen und Umgang mit Mitarbeitenden – und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Kurzum: die „S“-Komponente in ESG wird nicht nur immer wichtiger, sondern ist auch eine klare Handlungsaufforderung an die Unternehmen der Zukunft, die schon heute einen Mehrwehrt schaffen und sich ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft stellen wollen.

Nehmen wir ein konkretes Beispiel, das die obigen Hypothesen unterstreicht: die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern im beruflichen Umfeld. Blickt man auf die letzten vier Jahre zurück, so lässt sich ein zunehmender Anstieg der Frauenquote im Top-Management von Unternehmen feststellen, angeregt durch spezifische Gender-Initiativen und regulatorische Anforderungen. In dieser Hinsicht wird ein Paradigmenwechsel im Personalwesen deutlich, da sich die einstige Betrachtung der Frauenquote als soziale oder ethische Frage durch die Unternehmen zunehmend zu einem neuen Verständnis wandelt, das Geschlechterdiversität als strategischen Vorteil und risikominimierenden Faktor zu erachtet. Dabei hat die aktuelle Debatte um die Frauenquote in der Führungsetage zudem gezeigt, dass die Vernachlässigung der S-Komponente ein erhebliches Risiko und Reputationsthema für ein Unternehmen darstellen kann. Die gewonnenen Erkenntnisse aus Kundenprojekten von EY und den EY ESG Risk Conferences des vergangenen Jahres bestätigen diese fragmentierte Betrachtungsweise und Entwicklung.

EY ESG Risk Conferences

Die ESG-Risk-Konferenzreihe in Deutschland nimmt sich des deutlich wachsenden Interesses am komplexen Zukunftsthema ESG an.

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ESG und Geschlechterdiversität: Der wissenschaftlich gestützte Weg zu nachhaltigem Wachstum

Dabei liegen die Vorteile von Vielfalt im Team schon lange auf der Hand und sind sogar wissenschaftlich gestützt. Denn gemäß Harvard Business Review wirkt eine Diversität im Top-Management als Stabilisierungsfaktor, da durch unterschiedliche Risikotypen speziell ESG-Themen umfassender bewertet und somit diversere Entscheidungsträger:innen differenzierte und nachhaltigere Entscheidungen treffen können. Dabei kann ein wachsender Anteil weiblicher Führungskräfte einen direkten Einfluss auf die Entscheidungsfindung und das Risikomanagement eines Unternehmens haben und diese sogar begünstigen. So zeigt eine Studie von S&P Global auf, dass Unternehmen mit einer höheren Diversitätsrate im Vorstand und weiblichen CFOs dazu neigen, profitabler zu sein, die ESG-Agenda mit ihren Zielen umsetzen zu können und eine bessere Aktienkursentwicklung als der Marktdurchschnitt aufzuweisen.

Diversität ist aber nicht nur ein augenscheinlicher Trend, sondern unterliegt klaren, regulatorischen Berichtspflichten, die einer genaueren Betrachtung bedürfen. Vor diesem Hintergrund ist die Forderung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) nach Offenlegung geschlechterspezifischer Daten auf Führungsebene ein wichtiger Schritt. Mit der zunehmenden Verankerung von Nachhaltigkeit und Diversität in der unternehmerischen Berichterstattung stellt die Regulierung sicher, dass Geschlechtergerechtigkeit zunehmend in die Geschäftspraktiken integriert wird. Dies verstärkt nicht nur die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Unternehmen, sondern fördert auch einen Wandel in Richtung Gleichberechtigung auf Führungsebene, der dem vormals als wenig messbar beschriebenen Thema eine greifbarere und quantifizierbarere Gestalt verleiht. Denn obwohl der Aufwärtstrend der Frauenquote im Top-Management ein positives Zeichen ist, besteht noch immer ein erheblicher Nachholbedarf in puncto Geschlechtergerechtigkeit. Diese fehlende Balance hat erhebliche Auswirkungen, insbesondere in Bezug auf eine umfassende Berichterstattung, die diese Mängel offenlegt, sowie die daraus resultierenden Reputationsthemen.


Mit der zunehmenden Verankerung von Nachhaltigkeit und Diversität in der unternehmerischen Berichterstattung stellt die Regulierung sicher, dass Geschlechtergerechtigkeit zunehmend in die Geschäftspraktiken integriert wird.


Die regulatorische Forderung nach Offenlegung und eine breitere Anerkennung des präventiven Wertes von Diversität für das Risikomanagement könnten einen Wendepunkt für Unternehmen darstellen. Die verstärkte Konzentration auf den positiven Einfluss von Frauen in Führungspositionen kann diesen Wandel beschleunigen. Gleichzeitig ermöglicht es dies Unternehmen, ihre Risikokultur zu stärken und zusätzliches Ansehen durch die Behandlung von Reputationsthemen zu gewinnen. Diversität und Inklusion sind also nicht nur eine soziale Verpflichtung, sondern auch ein notwendiges Element für ein effektives, zukunftsorientiertes Risikomanagement in Unternehmen.

Genderdiversität im Fokus: Die Rolle von Unternehmenskultur und Strategie in der DE&I-Agenda

Die zunehmende Bedeutung dieses Themas geht jedoch weit über das strategische Management und Risikobewertungen hinaus. Vielmehr ist die Genderdiversität im Kontext der Diversity, Equity und Inclusion (DE&I) Agenda ein kulturelles Thema. Dabei ist die Frauenquote im Top-Management nicht nur ein Spiegelbild der Gleichberechtigung auf Führungsebene, sondern ebenso Sinnbild dessen, was eine Frau in einem Unternehmen mit gleichen Chancen erreichen kann. Dabei liegt der Fokus nicht allein auf Diversität, sondern vielmehr auf der Einrichtung eines inklusiven Arbeitsumfelds, in denen nicht nur Perspektiven für alle Mitarbeitenden geboten werden, sondern auch die Chancengleichheit ein maßgeblicher Bestandteil ist.

Die Unternehmenskultur beschreibt dabei immer das „Wie“ einer Organisation: Wie werden Entscheidungen getroffen? Wie wird Führung vorgelebt? Wie kommunizieren wir miteinander? Wie gestalten wir unsere Zusammenarbeit? Welche Normen und Werte prägen unsere Arbeitsweisen? Daraus geht hervor, dass Unternehmenskultur, die etwaige Strategie, die Mission oder Vision einer Firma und somit auch das Umsetzen einer Geschlechterdiversitätsstrategie stets Hand in Hand gehen sollten. Dabei bildet die strategische Ausrichtung den nötigen Handlungsrahmen, der durch den internen „Kompass“ – also Mission und Vision, aber auch Purpose – navigiert und letztlich durch die Unternehmenskultur in tägliche Handlungen und Haltungen übertragen wird.

Warum sollten Unternehmen also in ihre Unternehmenskultur investieren?

Eine DE&I-geleitete Kultur ist das Fundament für langfristiges Wachstum und eine zukunftsgerichtete Talentstrategie, die in den aktuellen Zeiten des „War for Talents“ nur noch mehr an Relevanz gewinnt. Es gilt, Mitarbeitende durch wertegeleitetes Führungsverhalten zu inspirieren und Top-Talente zu halten und sich zugleich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und etwaige Investor:innen von den zentralen, immateriellen Vermögenswerten zu überzeugen.


Eine DE&I-geleitete Kultur ist das Fundament für langfristiges Wachstum und eine zukunftsgerichtete Talentstrategie, die in den aktuellen Zeiten des „War for Talents“ nur noch mehr an Relevanz gewinnt.


Um jedoch Anforderungen der Regulatorik in die Realität der Unternehmen zu überführen, muss die Unternehmenskultur evaluiert werden, um die nötigen Hebel und Hürden zu identifizieren, die eine DE&I-geleitete Kultur begünstigen beziehungsweise limitieren. Dazu werden beispielsweise die Eindrücke und Erfahrungen der Belegschaft über datengestützte Tools oder Stakeholder-Interviews erhoben und analysiert, um die Lücke zwischen der Zielkultur und der aktuellen Kultur zu erheben und konkrete Handlungsbedarfe abzuleiten.

Ein kultureller Wandel bedingt dabei jedoch auch stets eine Veränderung auf Verhaltensebene – und die geschieht nicht über Nacht. Oftmals sind Firmen versucht zu glauben, dass eine reine Information zu den kulturellen Werten ausreicht, um das Denken und Handeln ihrer Mitarbeitenden zu prägen. Aber wann haben Sie das letzte Mal Ihr Verhalten nach einer reinen Information geändert? Sie können sich nicht erinnern? Wir auch nicht. Daher bedarf es mehr als zielgerichteter Kommunikation oder formaler Trainingsmaßnahmen. Vielmehr sind pragmatische, kleine „Stupser“ – sogenannte Nudges – gefragt, um das Verhalten der Mitarbeitenden in die richtige Richtung zu lenken und sie dabei zu unterstützen, sukzessive eine DE&I-geleitete Kultur zu fördern, zu fordern und vorzuleben. Beispielsweise könnten Incentivierungsmuster so gestaltet werden, dass Gruppen für ihre gemeinsame Arbeit belohnt werden und nicht nur Individuen oder dass interdisziplinäre Projektteams als „Standard-Setting“ vorgegeben werden, um von Beginn an eine Diversität herzustellen. Wichtig jedoch ist, dass die genutzten Nudges immer Raum zur Entscheidungsfreiheit lassen – die Mitarbeitenden können dem „Stupser“ in die gewünschte Richtung also folgen, müssen es aber nicht. Außerdem gilt es, sich stets vor Augen zu führen, dass jedes Unternehmen und damit jede Belegschaft einzigartig und anders ist. Den „einen“ Weg zur DE&I-Kultur gibt es nicht – er muss gemeinsam mit der Belegschaft und der Führungsriege iterativ gestaltet und erprobt werden.

Denn nur wenn ich das, worüber ich Bericht erstatte, auch lebe, kann ich davon ausgehen, dass Verbesserungspotenziale realisiert werden und die Mitarbeitenden den nötigen Reporting-Prozess auch mittragen. Dabei stehen Authentizität und Ehrlichkeit im Fokus. Hebe ich nämlich meinen Diversitätsindex im Top-Management hervor, aber scheitere daran, Chancengleichheit bereits auf dem Einstiegslevel sicherzustellen, dann ergibt sich eine schier unüberwindbare Hürde zwischen Reporting und Realität, die es zu vermeiden gilt. Vielmehr gilt es, ein übergeordnetes Narrativ zu schaffen, das das gemeinsame „Warum“ der angestrebten DE&I-Aspekte verdeutlicht und sie für die Belegschaft über die verschiedenen Säulen einer jeden Organisation greifbar und erlebbar macht.

Fazit

Ein zukunftsfähiges Unternehmen sollte sich schon heute mit der Frage auseinandersetzen, wie es nicht nur eine regulatorische Compliance sicherstellt und die gesetzlichen Anforderungen der „S“-Komponente konsistent umsetzt, sondern auch die Schnittstellen von Risikomanagement und Kultur erkennen und sich diese zunutze machen kann. So kann es gelingen, schon heute langfristiges Wachstum sicherzustellen und Risiken proaktiv zu vermeiden, indem auf internes Handeln gesetzt wird – inklusiv, gleichstellend und mit dem Mut zur nötigen Diversität.

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