US-Rettungskräfte und US-Marines springen aus einer HC-130 der US-Luftwaffe in der Nähe von Camp Lemonnier, Dschibuti.

Welche Bedeutung haben geopolitische Risiken für deutsche Banken?

Geopolitische Entwicklungen bergen Risiken für die Stabilität der Finanzmärkte. Banken müssen sich auf diese Veränderungen einstellen.


Überblick
  • Geopolitische Risiken sind eng mit wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Ereignissen verbunden und wirken sich auf ESG- und Nachhaltigkeitsaspekte aus.
  • Aufsichtsbehörden wie die BaFin und die EZB betonen die Notwendigkeit, geopolitische Risiken in die Risikomanagementmodelle von Banken einzubeziehen.
  • Banken müssen ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber geopolitischen Risiken durch eine Stärkung von Governance, Risikomanagement und Compliance verbessern.

Krisen, Kriege, Katastrophen – was in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten als isolierte Ereignisse wahrgenommen wurde, offenbart sich zunehmend als Ausdruck einer eng vernetzten globalen Ordnung. Umso stärker wirken dadurch Ereignisse wie der Ukraine-Krieg, die territorialen Auseinandersetzungen zwischen China und Taiwan oder der programmatisch-ideologisch motivierte US-Wahlkampf auf die Risikopositionen der Banken.

Was bedeutet das in der Praxis? Die jüdischen Mitarbeitenden Ihrer Auslandsfiliale, beispielsweise in New York, werden antisemitisch attackiert. Vertragsrechte aus Geschäftsbeziehungen mit russischen Kunden sind nicht mehr durchsetzbar. Strafzölle oder Handelsbarrieren führen zu Kreditausfällen. Wie sind Sie hierauf vorbereitet?

Deutsche Banken sind aufgrund ihrer internationalen Vernetzung von geopolitischen Risiken (GPR) betroffen. Dieser Einschätzung folgen zunehmend auch die Aufsichtsbehörden, wie etwa aus den aufsichtlichen Prioritäten 2024–26 der EZB hervorgeht.


Geopolitische Risiken sind durch Merkmale gekennzeichnet, die sie von traditionellen Risikobeschreibungen unterscheiden.


Die Herausforderungen geopolitischer Ereignisse

Geopolitische Ereignisse können unerwartet auftreten und schnell eskalieren. Sie sind daher schlecht prognostizierbar. Damit einher geht eine unzulängliche Parametrisierbarkeit über Kennzahlen. Einer der Gründe dafür liegt in der begrenzen Historisierbarkeit geopolitischer Ereignisse, die zwar gegenwartsbezogen sind und die Zukunft gestalten, aber in der Regel keine klare Analogie zu historischen Ereignissen aufweisen. Dementsprechend herausfordernd ist die qualifizierte Ableitung von Szenarien. Diese können stark schwanken und sind in der Regel nicht in Erwartungsbereichen vorhersehbar. Hinzu kommt die schwierige Quantifizierbarkeit in Modellen wegen der fehlenden historischen Muster. Letztlich stellen geopolitische Ereignisse komplexe, miteinander eng verknüpfte Beziehungen dar, die sich mit starken Interdependenzen auf Wirtschafts-, Gesellschafts- und Finanzsysteme einzelner Länder oder ganzer Regionen erstrecken können.


Geopolitische Treiber führen über Risiken und Wirkungsketten zu Rückkopplungen zwischen den real- und den finanzwirtschaftlichen Sektoren. Sie beeinflussen damit die Stabilität der Finanzmärkte.


Die geopolitischen Treiber leiten sich aus globalen Entwicklungen und Trends wie Handelskonflikten, politischen Unruhen oder auch dem Bevölkerungswachstum her. Die sich daraus ergebenden geopolitischen Risiken lassen sich grundsätzlich in fünf Risikoarten gliedern: gesellschaftliche Risiken, ökonomische Risiken, umweltbezogene Risiken, technologische Risiken und politische Risiken. Dabei ist einerseits zwischen mikro- und makroökonomischen Effekten und andererseits zwischen physischen und transitorischen Eigenschaften zu unterscheiden. Die sich ergebenden Effekte auf die Real- und die Finanzwirtschaft sind durch die Abhängigkeiten der Wirtschaftsbereiche untereinander verbunden. Sie wirken über Art und Umfang des Risikos, beispielsweise des Kreditrisikos, destabilisierend auf die Finanzmärkte ein. Dieser Kreislauf aus Outside-in- und Inside-out-Effekten macht den Aufbau einer resilienten Governance-Struktur mit einem umfassenden Risikomanagement und einer proaktiven Compliance für Banken dringend erforderlich.

Graphic Image

Als Reaktion auf die Effekte entwickelt die Bank Strategien und Methoden zum Umgang mit geopolitischen Risiken in Modellen, Szenarien oder Stresstests. Insgesamt kritisch ist hierbei die Datenversorgung, da die derzeit verfügbaren Daten auf einem zu hohen Aggregationsgrad ermittelt werden oder zu undifferenziert auf die geopolitischen Risiken eingehen. Dies verdeutlicht, dass die GPR-Treiber eine resiliente Governance-Risk-Compliance-Struktur erforderlich machen.


Gemeinsam mit Ihnen finden wir Antworten auf die Herausforderungen der geopolitischen Risiken und deren Einwirkungen auf Ihr Haus. Die Stärkung der Resilienz Ihres Hauses ist unser Ziel.


Angesichts der Tatsache, dass der methodische Umgang mit geopolitischen Risiken stark an Bedeutung gewinnt, ist die strukturierte Ermittlung des Handlungsbedarfs für deutsche Banken dringend erforderlich. Das Vorgehensmodell von EY führt Sie fokussiert an die kritischen Themen heran und zeigt Handlungsoptionen auf:

  • Geschäftsmodellanalyse: Review der Strategie mit Fokus auf Zielen, Methoden und Instrumenten. Wo sind geopolitische Risiken in der Strategie berücksichtigt? Wie sind sie im Management-Reporting integriert? Welchen finanziellen Impact haben sie?
  • Zielmarktanalyse: Auswertung der Auslandsaktivitäten mit Fokus auf Liefer- und Wertschöpfungsketten. Welche Zins- und Währungsrisiken verursachen geopolitische Risiken? Wie GPR-resilient sind Regierungen und politische Systeme? Welche Aufwände und Erträge resultieren aus GPR?
  • Kundensegmentanalyse: Analyse der Portfolios mit Fokus auf Kundengruppen, Sektoren und Regionen. Welche Segmente sind GPR-exponiert? Wie wirken geopolitische Risiken und Reputation aufeinander ein? Wie sind die Adressen gegenüber geopolitischen Risiken gesichert?
  • Produkt- und Dienstleistungsanalyse: Einwertung des Produkt- und Dienstleistungskatalogs mit Fokus auf geopolitische Risiken. Wie sind ESG-Themen in die geopolitischen Risiken eingebunden? Welche GPR-KPIs kommen bei der Limit- und der Budgetsteuerung zum Einsatz? Was sind die GPR-Treiber in den Wirkungsketten?
  • Governance- und Compliance-Analyse: Beurteilung der Effizienz und Effektivität der Governance-Strukturen. Wo sind Rollen und Verantwortlichkeiten in Bezug auf geopolitische Risiken? Wie GPR-resilient sind Aufbau- und Ablauforganisationen? Welche aufsichtsrechtlichen GPR-Aspekte sind relevant? Umfasst das IKS auch GPR
  • Risikoanalyse: Review des Risikomanagements mit Fokus auf Daten, Modellen und Szenarien. Welche Datenformate und -quellen zu geopolitischen Risiken werden  genutzt? Wie sind geopolitische Risiken in ICAAP und ILAAP modelliert? Welche GPR-Stressszenarien fordert die Aufsicht?

Es ist zu erwarten, dass die deutschen Banken in den kommenden Jahren noch stärker geopolitischen Risiken ausgesetzt sein werden und der Handlungsbedarf entsprechend steigen wird. Daher ist die frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema strategisch hochrelevant.

 

Kernbereiche für den Umgang mit geopolitischen Risiken

Um erfolgreich zu sein, müssen sich Banken auf drei Kernbereiche konzentrieren:

  1. klar definierte und abgenommene Governance-Struktur
  2. integriertes und umfassendes Risikomanagement
  3. umfassende Compliance in Bezug auf geopolitischen Risiken

Die Unterstützung durch Aufsichtsrat und Vorstand ist entscheidend, um Risiken für Mitarbeitende, Betriebsstätten und Vermögenswerte der Kunden in einem komplexen globalen Umfeld zu managen.

Die Stärkung der Resilienz, also der Widerstandsfähigkeit, der Bank ist in einem sich ständig wandelnden Umfeld für deutsche Banken unerlässlich. Die Einschätzungen der Aufsichtsbehörden zum Umgang mit geopolitischen Risiken zeigen schon heute, was morgen von Banken erwartet wird.

Fazit

Angesichts zunehmender geopolitischer Risiken stehen deutsche Banken vor der Herausforderung, ihre Strategien und Strukturen resilient und zukunftsfähig zu gestalten. Eine klare Governance, ein integriertes Risikomanagement und umfassende Compliance-Maßnahmen sind entscheidend, um potenzielle Auswirkungen auf Mitarbeitende, Standorte und Vermögenswerte der Kunden zu minimieren. Angesichts der sich wandelnden Anforderungen der Aufsichtsbehörden müssen Banken ihre Ansätze fortlaufend anpassen, um langfristige Stabilität zu gewährleisten und auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet zu sein. Frühzeitiges Handeln stärkt die Widerstandsfähigkeit und sichert den Erfolg in einem dynamischen globalen Umfeld.

Mehr zum Thema

Wie sieht eine effektive Risikoberichterstattung für Banken aus?

Erfahren Sie, wie der finale EZB-Leitfaden zu BCBS 239 Banken dabei unterstützt, ihre Daten-Governance und Risikodatenaggregation zu verbessern.

Warum die globale Steuer zu lokalen Komplikationen führt

Unternehmen müssen nationale Sonderregeln berücksichtigen. Das macht Pillar II zu einem noch schwierigeren Projekt.

Warum es sich auszahlt, Nachhaltigkeitsrisiken in den Fokus zu rücken

ESG-Risiken werden immer wichtiger. Nur wer sein Risikomanagement neu ausrichtet, ist fit für die Zukunft. Erfahren Sie hier mehr über mögliche Risiken.

    Über diesen Artikel