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Omnibus-Initiative: Worauf sich Unternehmen einstellen müssen

Die Europäische Kommission hat ihre Vorschläge zu Vereinfachungen der Berichtspflichten veröffentlicht.


Überblick

  • Omnibus-Paket I: Die EU-Kommission schlägt eine Vereinfachung von CSRD, CS3D und EU-Taxonomie vor.
  • Fristverschiebungen und höhere Schwellenwerte sollen den Kreis berichtspflichtiger Unternehmen um bis zu 80 Prozent reduzieren.
  • Der Green Deal bleibt zentral, Unternehmen sollten sich trotz Erleichterungen strategisch auf Nachhaltigkeitsanforderungen vorbereiten.

Die Europäische Kommission hat am 26.02.2025 Vorschläge zur Vereinfachung der Berichtspflichten im Nachhaltigkeitsbereich veröffentlicht. Im Fokus dieses Artikels steht das erste Omnibus-Paket, das im Wesentlichen die beiden Änderungsrichtlinien COM(2025) 80 und COM(2025) 81 zur Änderung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D) sowie eine delegierte Änderungsverordnung zur Vereinfachung der EU-Taxonomie umfasst. Nicht im Artikel aufgegriffen werden die Vorschläge für eine Verordnung zur Vereinfachung der Vorschriften zum CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM), die ebenfalls Teil von Omnibus I sind (COM[2025] 87). Weitere Omnibus-Vorschläge wurden für das laufende Jahr bereits angekündigt. Zu beachten ist, dass es sich jeweils um Vorschläge handelt, die nun einen voraussichtlich mehrere Monate dauernden Prozess bis zu einer möglichen Umsetzung auslösen und durchaus weiteren inhaltliche Änderungen unterliegen können.

Weitere Schritte der Omnibus-Initiative

Für die Einordnung möchten wir daher zunächst die weiteren Schritte darstellen:

  • Die Vorschläge der Änderungsrichtlinien (Level 1) werden nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung vorgelegt und durchlaufen den vollständigen Gesetzgebungsprozess. Dieser schließt eine ganze Reihe von Ausschüssen bei Parlament und Rat ein, in denen auch unterschiedliche Interessen und Ziele aus den politischen Gruppen oder den Mitgliedstaaten aufeinandertreffen. Dies kann dann zu einer Vielzahl von Änderungsanträgen führen. Entscheidend ist der sogenannte Trilog, also Verhandlungen, in denen sich Kommission, Rat und Parlament politisch einigen müssen und alle Änderungsanträge gemeinsam durchgehen.
  • Erst im Anschluss an die europäische Verabschiedung der Richtlinien und der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt beginnt die Überführung in nationale Gesetze.
  • Die Änderungen der delegierten Rechtsakte (Level 2) zur Taxonomie-Verordnung sind bis zum 26.03.2025 zur öffentlichen Konsultation gestellt. Anschließend werden sie dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung vorgelegt (Einspruchsfrist).
  • Wenn weder das Parlament noch der Rat Einwände erheben, werden die delegierten Rechtsakte im EU-Amtsblatt veröffentlicht und würden somit in Kraft treten. Insofern besteht weiterhin Rechtsunsicherheit für alle nachfolgend vorgestellten Vorschläge.

Einer der Vorschläge der Kommission sieht die Verschiebung des zeitlichen Anwendungsbereichs der CSRD und der CS3D vor.


„Stop the clock“-Vorschlag

COM(2025) 80 schlägt die Verschiebung des zeitlichen Anwendungsbereichs der CSRD und der CS3D vor.

Für die CSRD würde dies eine Verschiebung der Anwendung um zwei Jahre für große Unternehmen bedeuten, die noch nicht mit der Umsetzung begonnen haben. Gemeint sind damit Unternehmen der zweiten und dritten CSRD-Welle, die damit erstmalig 2028 für das Geschäftsjahr 2027 berichten müssten. Für die CS3D soll es eine Verschiebung um ein Jahr für die Unternehmen der ersten Welle geben. Das sind EU-Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und weltweiten Umsatzerlösen von mehr als 1.500 Mio. Euro (gleichgestellt sind Drittlandsunternehmen mit EU-weiten Umsatzerlösen von mehr als 1.500 Mio. Euro). Für diese würde – analog den Unternehmen der zweiten CS3D-Welle – die CS3D ab dem 26.07.2028 gelten.

Während COM(2025) 80 ausschließlich zeitliche Verschiebungen vorsieht, enthält COM(2025) 81 inhaltliche Änderungsvorschläge. Diese werden für die delegierten Rechtsakte der EU-Taxonomie durch den Entwurf einer delegierten Änderungsverordnung ergänzt.

Nachfolgend werden die wesentlichen inhaltlichen Eckpunkte der Vorschläge der Europäischen Kommission aus COM(2025) 81 vorgestellt:

CSRD-Update: Deutliche Entlastungen für Unternehmen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung geplant

  • Anhebung der Schwellenwerte: Berichtspflicht nur für Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten und entweder einem Nettoumsatz von mehr als 50 Mio. Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. Euro (die Schwellenwerte von Nettoumsatz und Bilanzsumme haben sich nicht verändert). Das bedeutet, dass der Anwendungsbereich der berichtspflichtigen Unternehmen um rund 80 Prozent sinken würde.
Um bis zu …
… könnte der Anwendungsbereich der berichtspflichtigen Unternehmen im Rahmen der CSRD sinken.
  • Anhebung der Schwellenwerte für Drittlandsunternehmen: Anhebung des Umsatzschwellenwerts von 150 Mio. Euro auf 450 Mio. Euro innerhalb der EU, für Betriebsstätten in der EU von 40 Mio. Euro auf 50 Mio. Euro.
  • Wegfall sektorspezifischer und von LSME-Standards: Streichung der Befugnis der Europäischen Kommission zum Erlass sektorspezifischer Standards sowie von Standards für börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (LSME-Standards).
    • Begrenzung für Informationen aus der Wertschöpfungskette („value chain cap“): Entwicklung eines freiwilligen Berichtsstandards für Unternehmen, die nicht zur Berichterstattung verpflichtet sind. Dieser Standard basiert auf dem Berichtsstandard für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Er soll als Schutz für nicht berichtspflichtige Unternehmen dienen, indem er die Informationen begrenzt, die berichtspflichtige Unternehmen von nicht berichtspflichtigen Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette einholen dürfen.
    • Überarbeitung des ersten Satzes der ESRS: Vereinfachung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) für berichtspflichtige Unternehmen, zum Beispiel Reduktion der Datenpunkte und Verbesserung der Konsistenzen mit anderen Regulierungen. Dies soll spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Änderungen der COM(2025) 81 erfolgen.
    • Wegfall der Pflicht zur Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung mit hinreichender Sicherheit: kein Übergang von Limited Assurance zu Reasonable Assurance.
    • ESEF: Bis zum Erlass eines delegierten Rechtsakts besteht keine Pflicht zur elektronischen Auszeichnung.

CS3D – Lieferkettensorgfaltspflichten: EU plant Erleichterungen und stärkere Fokussierung auf direkte Geschäftspartner

  • Due Diligence in der Wertschöpfungskette: Beschränkung von Due-Diligence-Bewertungen im Allgemeinen auf direkte Geschäftspartner, einschließlich Lieferanten (Tier 1). Bei Vorliegen „plausibler Informationen“ über potenzielle oder tatsächliche negative Auswirkungen durch indirekte Partner (unterhalb von Tier 1) sollten diese bewertet werden.
  • Stakeholder: Begrenzung des Begriffs „Stakeholder“ auf relevante Interessenträger, die direkt von den Produkten, Dienstleistungen und Aktivitäten des Unternehmens, seiner Tochtergesellschaften und Geschäftspartner betroffen sind.
  • Überwachung: Verlängerung der Intervalle für die unternehmensindividuelle Überprüfung der Sorgfaltspflichten von jährlich auf einmal alle fünf Jahre, mit Ad-hoc-Bewertungen bei wesentlichen Änderungen der Geschäftsbeziehung.
  • Sanktionierung: Klarstellung, dass Geldstrafen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein sollten und Entfernung der Mindestgrenze von 5 Prozent des weltweiten Umsatzes für die Höchststrafe der Mitgliedstaaten.
  • Zivilrechtliche Haftung: Wegfall des EU-weiten zivilrechtlichen Haftungsregimes, aber Fortbestand des Zugangs zu Recht und Entschädigung für Opfer.
  • Übergangsplan: Wegfall der Verpflichtung zur Umsetzung eines Transitionsplans und damit Angleichung der Anforderungen an die CSRD. Es wird vorgeschlagen, dass Übergangspläne nun „Maßnahmen zur Umsetzung“ umfassen.
  • Finanzsektor: keine Verpflichtung der Kommission, maßgeschneiderte Sorgfaltspflichten speziell für beaufsichtigte Finanzunternehmen zu veröffentlichen.

EU-Taxonomie: Verschlankung der Berichtspflichten und spätere Einführung für Unternehmen geplant

  • Anhebung der Schwellenwerte: Berichtspflicht nur für große Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten und einem jährlichen Nettoumsatz von mehr als 450 Mio. Euro
  • „Stop the clock“-Vorschlag: Da die CSRD für Unternehmen der zweiten und dritten CSRD-Welle auch die Anwendung der EU-Taxonomie auslöst, würde sich entsprechend auch die Anwendung der EU-Taxonomie für diese Unternehmen um zwei Jahre verschieben.
  • Einführung einer Wesentlichkeitsschwelle: keine Berichtspflicht für finanziell unwesentliche Aktivitäten, die 10 Prozent des Umsatzes, von CapEx oder OpEx nicht überschreiten; zusätzlich keine Berichtspflicht der OpEx-KPI bei finanziell unwesentlichen Aktivitäten (weniger als 25 Prozent des Umsatzes).
  • Vereinfachung der Meldebögen: Reduktion der Datenpunkte um 70 Prozent.
  • Do no significant harm (DNSH): Vereinfachung der Kriterien insbesondere im Bereich Umweltverschmutzung durch Chemikalien.
  • Finanzinstitute: Vereinfachungen der Green Asset Ratio (GAR) und Verschiebung der Anwendung der KPIs für das Handelsbuch und der Gebühren- und Provisions-KPIs für bestimmte Finanzinstitute bis 2027.
  • Freiwillige Berichterstattung (Opt-in-Regelung): Bei freiwilliger Berichterstattung sind die Umsatz- und CapEx-KPIs offenzulegen, die Berichterstattung über die OpEx-KPI kann entfallen. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit zur Berichterstattung einer teilweisen Taxonomiekonformität.

Aufgrund der bestehenden rechtlichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit der inhaltlichen Ausgestaltung der Vorschriften und der zeitlichen Umsetzung sollten Unternehmen die Omnibus-Vorschläge engmaschig verfolgen.


Omnibus-Checkliste: Darauf sollten Unternehmen achten

Aufgrund der bestehenden rechtlichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit der inhaltlichen Ausgestaltung der Vorschriften und der zeitlichen Umsetzung sind folgende Aspekte sorgfältig zu prüfen, die wir in einer sogenannten Omnibus-Checkliste zusammengefasst haben:
 

1. Überprüfung der Schwellenwerte: Zunächst sollten die Schwellenwerte sorgfältig überprüft werden, um die Auswirkungen der Omnibus-Vorschläge abzuschätzen. Dabei muss bedacht werden, dass die Schwellenwerte nur ein Vorschlag sind und im politischen Prozess noch angepasst werden könnten.
 

2. Analyse für Unternehmensgruppen: Hier sollte insbesondere überprüft werden, ob es berichtspflichtige Tochterunternehmen in Ländern gibt, die die CSRD bereits in nationales Recht umgesetzt haben. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, an einer vollständigen Anwendung der ESRS auf Konzernebene festzuhalten, um eine Berichterstattung auf der Ebene der Tochterunternehmen zu vermeiden.
 

3. Einbeziehung der Erwartungen der Stakeholder: Die Regulatorik ist nicht der einzige Treiber für Transparenz; häufig bestehen vielfältige Anforderungen von Investoren, Ratingagenturen, Kunden und Unternehmen in der Wertschöpfungskette. Daher ist in einem nächsten Schritt zu analysieren, welche Erwartungen die Stakeholder des Unternehmens haben und welche Rolle Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie und im Risikomanagement spielt.
 

4. Die Überlegungen zu den ersten drei Punkten bestimmen dann den Weg nach vorn.

  • Optimierung der internen Prozesse und Abläufe: Unternehmen, die bereits nach ESRS berichtet haben, werden dies auch in der Zukunft tun. Hierbei geht es insbesondere darum, die internen Abläufe und Prozesse zu optimieren und dadurch auch Geld und Ressourcen zu sparen.
  • Zeitgewinnung: Die übrigen Unternehmen sollten die gewonnene Zeit nutzen, um sich effektiv auf das Thema vorzubereiten – ob freiwillig, verpflichtend oder als Teil der Wertschöpfungskette ggf. nur in Anlehnung an die VSME-Standards. Denn Nachhaltigkeit bleibt und wird in den kommenden Jahren nicht nur in der Berichterstattung, sondern auch in der Unternehmensstrategie, im Risikomanagement und zur Wertsteigerung an Bedeutung gewinnen. 

5. Sorgfältige Beobachtung der Entwicklungen: Neben den Änderungen in der Regulatorik und Politik ist auch das Verhalten von Mitbewerbern zu berücksichtigen.

Weitere Omnibus-Einblicke

Die EY-Publikation „How to navigate the EU Omnibus Simplification Package“ bietet umfassende Einblicke in die Omnibus-Vorschläge und beleuchtet die potenziellen Auswirkungen auf Unternehmen. 


Fazit

Die EU-Kommission hat Vorschläge zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten veröffentlicht (Omnibus-Paket I). Kernelemente sind Änderungen der CSRD, der CS3D und der EU-Taxonomie. Wesentliche Punkte umfassen Fristverschiebungen, höhere Schwellenwerte, reduzierte Berichtspflichten und Vereinfachungen für Unternehmen. Der Gesetzgebungsprozess wird voraussichtlich Monate dauern und kann Änderungen bringen. Unternehmen sollten die Entwicklungen genau beobachten, ihre Berichtspflichten prüfen und sich strategisch auf Nachhaltigkeitsanforderungen vorbereiten. Weitere Omnibus-Vorschläge sind angekündigt.

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