Ausblick auf 2025
EY rechnet, basierend auf erwarteten stabilisierenden Faktoren einerseits und weiteren Herausforderungen andererseits, auch im Jahr 2025 mit einer weiterhin hohen Anzahl an Unternehmensinsolvenzen.
Positiv ist, dass die Inflation merklich nachgelassen hat und sich die Energie- und Materialpreise stabilisiert haben. Dies bedeutet wiederum, dass Lohn- und Gehaltssteigerungen niedriger als in den vergangenen Jahren ausfallen werden, da die Teuerung ein wichtiger Verhandlungspunkt war und einige Kollektivverträge an die Inflationsrate gekoppelt sind. Die weiteren antizipierten Zinssenkungen werden die Konjunktur stärken, indem sie die Finanzierungskosten senken und somit Investitionen und Konsum anregen und verschuldeten Unternehmen etwas Spielraum verschaffen.
Auf der anderen Seite werden die Preise für Energie voraussichtlich durch das Auslaufen der Energiepreisbremse und die Erhöhung der Netzentgelte steigen, auch die CO2-Bepreisung wird anziehen. Erneut steigende Inflationsraten könnten den Spielraum der EZB für weitere Zinsanpassungen deutlich beschränken.
Auch die konjunkturelle Entwicklung bleibt 2025 ein großes Fragezeichen. Die neuesten Prognosen des IHS stellen zwar ein Wachstum von 0,7 Prozent in Aussicht, hauptsächlich aufgrund eines Anstiegs des Vertrauens der Konsument:innen und einer Erholung der Industrieproduktion in Europa; jedoch unterliegt diese Prognose Risiken, etwa in Bezug auf die Entwicklung von Produktion und Konsum in Deutschland, Österreichs größtem Exportpartner. Der neue US-Präsident Donald Trump liebäugelt mit Handelsbarrieren auf europäische Waren, auch mit China stehen die Zeichen auf Konfrontation, vor allem bei Elektroautos. Eine weitere Destabilisierung der geopolitischen Lage könnte ebenfalls die Energiepreise weiter erhöhen und Lieferketten gefährden.
Neben den externen Faktoren stellt sich auch die entscheidende Frage, über wie viele Reserven Organisationen noch verfügen, die seit Beginn der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 kontinuierlich Krisen ausgesetzt waren. Für eine Reihe dieser Unternehmen könnte auch eine Erholung möglicherweise zu spät kommen.
Für den „Real Estate & Construction“-Sektor wird ein gemischtes Bild erwartet. Die größten Insolvenzen dürften bereits stattgefunden und zu einer Marktkonsolidierung geführt haben. Projektentwickler:innen beginnen wieder zu bauen, und das Ende der KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) sollte Finanzierungen trotz nach wie vor strenger Vergabekriterien erleichtern. Viele Bauunternehmen kämpfen aber weiter mit geringen Aufträgen und hohen Kosten.
Im „Consumer Goods & Retail“-Sektor sollte der anziehende Konsum die Absatzprobleme mildern. Einige bestehende Trends werden Unternehmen aber weiterhin vor Herausforderungen stellen, etwa verändertes Konsumverhalten (z. B. Gesundheitsbewusstsein, Nachhaltigkeit), Preissensibilität der Verbraucher:innen und starke Konkurrenz im Onlinehandel. Unternehmen, die diesen Wandel und Innovationen vorantreiben, werden jene überholen und ablösen, die sich nicht anpassen.
Die Entwicklung im „Advanced Manufacturing & Mobility“-Sektor wird neben der Kostenentwicklung stark von der Exportnachfrage abhängen. Beispielsweise in der Automobilindustrie werden potenzielle Handelszölle, die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und die Marktentwicklung in China entscheidend sein. Die künftigen Insolvenzzahlen werden auch davon abhängen, wie Unternehmen auf diese Herausforderungen reagieren, also ob sie Verträge gut verhandeln, Kosten senken und die Prozesseffizienz steigern.