In wenigen Tagen geht ein auch steuerpolitisch ereignisreiches Jahr zu Ende. Zeit, die vergangenen Monate Revue passieren zu lassen und einen Ausblick auf das kommende Jahr zu werfen.
Rückblick
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) und dem DAC7-Umsetzungsgesetz inkl. (kleiner) Reform der Betriebsprüfung haben Bundestag und Bundesrat im Dezember die zwei umfangreichsten Steuergesetze des Jahres 2022 über die parlamentarische Ziellinie gebracht. Beim JStG 2022 zückte der Bundespräsident sogar noch am Tag der Bundesratssitzung am 16.12.2022 den Füllfederhalter und unterzeichnete das Gesetz, das bereits am 20.12.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde (BGBl. I 2022, S. 2294).
Traditionell war der letzte Bundesrat des Jahres kurz vor Weihnachten Ziel des Schlussspurts zahlreicher weiterer Gesetze, den u.a. die folgenden Gesetze und Verordnungen erfolgreich absolvierten:
- Strom- und Gas-/Wärmepreisbremse (vgl. Steuernachricht vom 16.12.2022)
- Umsetzung der mitbestimmungsrechtlichen Aspekte der EU-Umwandlungsrichtline (vgl. Steuernachricht vom 08.12.2022)
- Erstreckung des strom- und energiesteuerlichen Spitzenausgleichs auf 2023 (vgl. Steuernachricht vom 01.12.2022).
- 6. Mantel-Verordnung: Mantelverordnungen gleichen einem Jahressteuergesetz und enthalten diverse Detailänderungen. Hervorzuheben ist in diesem Fall eine für alle beteiligten Rechtsträger vorgesehene einheitliche Beantragung und Erteilung einer verbindlichen Auskunft in bestimmten Umwandlungsfällen (vgl. Steuernachricht vom 13.10.2022).
- Aktualisierung der Steueroasen-Abwehrverordnung: Die Verordnung überträgt die seit dem 04.10.2022 gültige EU Blacklist (vgl. Steuernachricht vom 06.10.2022) für die Zwecke des deutschen Steueroasen-Abwehrgesetzes in deutsches Recht.
- Änderung der Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung (§ 35c EStG): Die ab dem VZ 2023 geltende Neufassung der Verordnung beinhaltet insbesondere eine neue Anlage 6 (Erneuerung der Heizungsanlage).
- Erst zur Einholung der Länder-Stellungnahme war das CbCR-Austauschabkommen mit den USA (vgl. Steuernachricht vom 03.11.2022) im Bundesrat. Ein Inkrafttreten des Abkommens ist erst nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Jahr 2023 möglich.
Corona, Krieg und Energiekriese, Inflation: Insgesamt war das Jahr 2022 stark durch Reaktionen auch des Steuergesetzgebers auf diese Vielzahl an Krisen geprägt. Wegmarken waren das 4. Corona-Steuerhilfegesetz, das Steuerentlastungsgesetz 2022, das Energiesteuersenkungsgesetz, die Senkung der Umsatzsteuer auf Gas und das Inflationsausgleichsgesetz. Daraus folgten im Schnitt durchaus positive Entwicklungen für die Steuerpflichtigen, auch wenn das in Inflationszeiten automatisch steigende Steueraufkommen die staatliche Großzügigkeit deutlich erleichtert hat. Anders als in früheren Jahren waren die Steuergesetze des Jahres 2022 laut ihrem offiziellen Finanztableau durchweg Steuersenkungsgesetze. Was natürlich nicht verhindert hat, dass in Summe etliche belastende Maßnahmen ihren Weg in das Gesetz gefunden haben, wie z.B. der EU-Energiekrisenbeitrag (Übergewinnsteuer) oder neue Pflichten und Sanktionen im Rahmen der Reform der Betriebsprüfung.
Ohne Krisenbezug, aber gleichwohl mit großer Breitenwirkung gehört abschließend noch die Umsetzung des Zinsurteils des Bundesverfassungsgerichts in die Jahresbilanz. Für Erstattungs- und Nachzahlungszinsen gilt seitdem ein Zinssatz von 1,8 Prozent.
Ausblick
Das Megathema für alle Unternehmen ab 750 Mio. Jahresumsatz wird im Jahr 2023 die Einführung der globalen Mindestbesteuerung („Pillar 2“). Mit der Einigung der EU (vgl. Steuernachricht vom 13.12.2022) führt hieran nun kein Weg mehr vorbei. Voraussichtlich im Februar ist mit einem ersten Diskussionsentwurf zu rechnen. Die Umsetzungsgesetzgebung dürfte sich bis ins zweite Halbjahr 2023 hinziehen. Ab 2024 werden die neuen Regeln dann scharf geschaltet.
Als nationale Begleitmusik hat die Koalition ein Steuergerechtigkeits-/Steuerfairnessgesetz angekündigt. Darin geht es zum Teil um die Umsetzung schon im Koalitionsvertrag angekündigter restriktiver Maßnahmen. Hierzu gehören z.B. eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen oder die Ausweitung von Quellensteuern. In den vergangenen Wochen haben sich die Koalitionäre aber schon weitergehende Maßnahmen für das Steuerfairnessgesetz ausgedacht. So soll es Maßnahmen gegen sog. Gewerbesteueroasen und Gestaltungen mit Familienstiftungen geben. Auch soll eine nationale Steueroasenliste kommen und damit der Anwendungsbereich des Steueroasen-Abwehrgesetzes ausgeweitet werden. Immerhin könnte im Gegenzug die im Jahressteuergesetz 2022 enthaltene Teilabschaffung der Registerfallbesteuerung weitergeführt werden. Darüber hinaus könnte die vom Bundesrat zuletzt geforderte Verschärfung der Sperrfristtatbestände in § 6 Abs. 5 EStG erneut in die steuerpolitische Diskussion gelangen. Auch zeichnet sich ab, dass das BMF Anfang 2023 endlich die zweite Stufe der Umsetzung des Multilateralen Instruments (MLI) zünden will. Mit dem schon 2017 unterzeichneten MLI sollen nach derzeitigem Stand 14 deutsche Doppelbesteuerungsabkommen auf den Stand des OECD-BEPS-Projekts gebracht werden.
Trotz trüber Wachstumsaussichten dürfte die Koalition daran festhalten, keine Unternehmensteuerreform umzusetzen. Lediglich eine Mini-Reform für Personengesellschaften könnte sich aus der kürzlich eingeleiteten Evaluierung des Optionsmodells (§ 1a KStG) und der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) ergeben. Eine Bund/Länder-Arbeitsgruppe soll 2023 Ergebnisse vorlegen.
Konkreter sind die Vorstellungen der Koalition zum Zukunftsfinanzierungsgesetz. Anfang des Jahres ist mit einem Gesetzentwurf zu rechnen, der die Umsetzung der im Sommer vorgestellten Eckpunkte (vgl. Steuernachricht vom 30.06.2022) in Angriff nimmt. Hierzu gehören neben verbesserten Finanzierungsbedingungen für Unternehmen auch die steuerliche Förderung des Aktiensparens und der Mitarbeiterkapitalbeteiligung.
Auch für die derzeit sehr gebeutelten energieintensiven Unternehmen des produzierenden Gewerbes könnte 2023 positive Nachrichten bringen. Zur gerade beschlossenen Verlängerung des strom- und energiesteuerlichen Spitzenausgleichs haben die Koalitionsfraktionen das BMF aufgefordert, im kommenden Jahr eine Nachfolgeregelung für die Jahre ab 2024 vorzulegen.
Aus steuerpolitischer Sicht kündigt sich damit ein durchwachsenes Jahr 2023 an. Es läge in der Hand des Gesetzgebers, die zuletzt trüben Konjunkturaussichten auch über entschlossene steuerliche Wachstumsimpulse in Schwung zu bringen.