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CBAM: Wie der Ausgleichsmechanismus funktioniert

Viele Waren dürfen Unternehmen künftig nur noch über „autorisierte Anmelder“ importieren. Ein Ausblick auf das künftige Prozedere.


Die CBAM-Abgabe berechnet sich maßgeblich nach den Emissionen, die bei der Herstellung von Waren unmittelbar entstehen (direkte Emissionen). Allerdings werden auch indirekte Emissionen entlang der vorangestellten Wertschöpfungskette berücksichtigt, die etwa beim verwendeten Strom oder Vorprodukten zuvor freigesetzt worden sind. Für die angefallenen Emissionen wird der Term „embedded emissions“ verwendet. Die CBAM-Abgabe wird anschließend durch den Kauf von CBAM-Zertifikaten durch den Zollanmelder an eine noch zu schaffende CBAM-Behörde entrichtet, wobei sich der Preis an den durchschnittlichen Auktionspreisen von EUA-Zertifikaten im EU-Emissionshandel orientiert.

Die Berechnung der Abgabe muss dabei der Einführer (Zollanmelder) vornehmen, um fortlaufend die richtige Menge an CBAM-Zertifikaten einzukaufen. Dabei muss der Einführer zu jeder Zeit zumindest 80 Prozent der eingeführten Waren mit Zertifikaten abdecken können, zum Jahresende gegebenenfalls fehlende Zertifikate sind dann nachzukaufen.

Wenn die eingeführten Waren bereits einer Preisregelung für CO2-Emissionen im Ursprungsland unterworfen wurden, kann der dort gezahlte Preis bei Vorlage der nötigen Nachweise vom EU-CBAM-Betrag abgezogen werden. Damit soll eine Doppelbelastung vermieden und Länder weltweit motiviert werden, eigene Steuern und Abgaben auf Emissionen einzuführen, die sie selbst vereinnahmen können.

CBAM-Zertifikate können nicht auf dem EU-ETS-Markt gehandelt werden. Hat ein Importeur unterjährig zu viele CBAM-Zertifikate gekauft, kann jedoch ein Teil an die CBAM-Behörde zurückverkauft werden.

In der EU ansässige und dem EU-ETS unterliegende Hersteller profitieren jährlich abschmelzend noch bis 2034 von der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten. Spiegelbildlich wird der Betrag von zu erwerbenden CBAM-Zertifikaten anfangs gekürzt und steigt von 2027 bis 2034 jährlich an. Die EU strebt durch die Verschränkung des CBAM mit den Regelungen des EU-ETS an, ein Grenzausgleichsinstrument zu kreieren, das mit den Regularien der Welthandelsorganisation kompatibel ist.

Sind Importeure (Zollanmelder) nicht in der Lage, die nach den neuen EU-Bestimmungen ermittelten „embedded emissions“ zu deklarieren, werden die Emissionen anhand von Benchmark-Werten bestimmt, die von der Europäischen Kommission für Waren aus den jeweiligen Ursprungsländern oder einer Ursprungsländergruppe zur Verfügung gestellt werden. Dazu kommt gegebenenfalls ein Aufschlag. Sollte diese Methodik (z.B. aufgrund einer fehlenden Datengrundlage) für Waren bestimmter Produktgruppen oder Herkunftsländer nicht möglich sein, werden andere von der Europäischen Kommission veröffentlichte Benchmark-Werte herangezogen, die auf EU-Anlagen mit den höchsten Emissionen basieren.

Werden zu niedrige Emissionswerte erklärt (z.B. weil für die eingeführten Waren die falsche Zolltarifnummer oder das falsche Ursprungsland deklariert und dadurch nicht der richtige Benchmark-Wert angewandt wurde), dann sind neben dem Nacherwerb von CBAM-Zertifikaten auch Strafzuschläge zu erwarten.

Eine Abgabe auf Scope-3-Emissionen

Bisher fokussieren sich die bei der Berechnung des CBAM zu berücksichtigenden Emissionen auf die direkt beim Hersteller anfallenden Treibhausgas-Emissionen (aus Sicht des drittländischen Herstellers sog Scope 1-Emissionen) sowie für einige Produkte auch auf Emissionen, die bei der Herstellung von Strom, Wärme und Kälte anfallen und die für die Herstellung der Ware erforderlich sind (aus Sicht des drittländischen Herstellers sog. Scope 2-Emissionen).

Bislang waren nur intensive Scope-1-Emittenten (und Unternehmen, die freiwillig an ETS-Märkten teilnehmen) zur Einhaltung der CO2-Preisregelungen in der EU verpflichtet. Unternehmen ohne signifikante Scope-1-Emissionen waren daher in der Regel wenig bis gar nicht von CO2-Preisregelungen und den damit verbundenen Berichtspflichten betroffen. In der Praxis werden zudem viele Scope-1- und Scope-2-Emissionen noch nicht bepreist, da es nicht in allen Ländern Regelungen zur Bepreisung von Treibhausgasemissionen gibt bzw. bestehende Regelungen nicht gleichwertig mit dem EU-Reglement sind.

In dem typischen Szenario, in dem ein EU-Importeur nicht mit dem Hersteller der Waren identisch ist, handelt es sich bei den Treibhausgas-Emissionen für die Herstellung von Waren jedoch um Scope-3-Emissionen des EU-Importeurs - nicht um Scope 1 oder 2. Bislang werden Scope-3-Emissionen - indirekte Emissionen in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens (außer eingekauftem Strom, Wärme und Dampf) - aber nicht direkt bepreist. Die Einführung des CBAM bedeutet, dass viele EU-Importeure zum ersten Mal einen CO2-Preis für ihre Scope-3-Emissionen zahlen müssen - Emissionen, die aus der Tätigkeit eines anderen Unternehmens in der vorangehenden Wertschöpfungskette resultieren. 

Co-Autor: Markus Staben 

Fazit

In vielen Wertschöpfungsketten sind die emissionsintensiven Herstellungstätigkeiten für letztlich in der EU konsumierte Waren in Drittländern belegen, sodass die durch CBAM-vorgenommene Bepreisung von (bestimmten) Scope-3-Emissionen ein Novum und (bei emissionsintensiv hergestellten Waren) ein erheblicher Kostentreiber ist. Die EU-Kommission hat außerdem den Prüfauftrag erhalten auch die Einbeziehung von Scope-3-Emissionen in Bezug auf den Transport von Waren zu analysieren, die möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt bei der CBAM-Berechnung berücksichtigt werden könnten.

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