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CBAM: Was auf die Unternehmen zukommt

Die Abwicklung des CBAM im Unternehmen wird zu einer multidisziplinären Aufgabe. 


Überblick
  • Aufgrund des CBAM müssen sich noch mehr Unternehmen aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen direkt mit der europäischen Klima- und Umweltgesetzgebung auseinandersetzen. 
  • Die Praxis zeigt, dass auch viele Industrie- und Handelsunternehmen aufgrund ihres Produktportfolios im Non-Food-Bereich von den CBAM-Pflichten betroffen sein werden, das gilt insbesondere aufgrund der Einfuhr gelisteter Metallprodukte aus Aluminium und Stahl. 
  • Es ist essentiell, das regulatorische Umfeld auf nationaler und supranationaler Ebene zu monitoren, um Neuerungen bei relevanten Rechtsvorschriften frühzeitig festzustellen sowie deren Auswirkungen und daraus folgende Handlungsbedarfe zu analysieren.

Der CBAM führt dazu, dass sich noch mehr Unternehmen aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen direkt mit der europäischen Klima- und Umweltgesetzgebung auseinandersetzen müssen. Zunächst steht die Analyse an, ob eine direkte oder indirekte Betroffenheit besteht. Dabei ist es mitnichten so, dass der CBAM nur Importeure im Bereich der Industrie und des Handels mit Baustoffen, Dünger und dergleichen betreffen wird. Die Praxis zeigt, dass auch viele Industrie- und Handelsunternehmen aufgrund ihres Produktportfolios im Non-Food-Bereich von den CBAM-Pflichten betroffen sein werden, das gilt insbesondere aufgrund der Einfuhr gelisteter Metallprodukte aus Aluminium und Stahl. Ein weitaus größerer Kreis an Unternehmen wird perspektivisch betroffen sein, wenn insbesondere auch die Einfuhr von Polymeren und diversen Chemikalien der CBAM-Regelung unterworfen wird.

Viele Regelungen aus dem Zollrecht

In der Vergangenheit wurden Maßnahmen zur Bepreisung von CO2-Emissionen wie das EU-ETS häufig von Geschäftsbereichen im operativen Geschäft oder der Produktion verwaltet. Dies ist in erster Linie auf die Art der Daten zurückzuführen, die für die Einhaltung der Vorschriften erforderlich sind (z. B. Daten auf Ebene der Produktionsanlagen und der damit verbundenen Emissionen). Im Gegensatz zu den ETS-Regelungen umfasst die CBAM-Regulatorik jedoch zum einen die Ermittlung von CO2-Emissionen, die traditionell eher in den Bereich der Sustainability-Funktion im Unternehmen fällt und zum weiteren viele Regelungen aus dem Zollrecht.

Prozessuale Integration

Beispielsweise werden die Waren, die in den Anwendungsbereich der Regelung fallen, durch die Zolltarifnummer definiert. Auch ist der zollrechtliche, nichtpräferenzielle Ursprung für die Bestimmung der anwendbaren Bepreisung maßgeblich. Die Verantwortlichkeit für die CBAM-Abwicklung obliegt dem Zollanmelder (bzw. zukünftig einem „Authorized CBAM Declarant“). Die Anwendung besonderer Zollverfahren (Zolllager, aktive Veredlung, passive Veredlung etc.) erlaubt es dabei den Unternehmen, unter Einsatz ihrer Zollfunktion den Kostenanfall durch CBAM zu optimieren. Für das CBAM-Berichtswesen bzw. die Anmeldung werden außerdem Datenelemente aus der Materialwirtschaft und Lieferkette benötigt, sodass auch der Einkauf, Lager- und Supply-Chain-Funktionen prozessintegriert werden müssen. Darüber hinaus ist es für die Umsetzung der CBAM-Vorschriften notwendig, dass weitere Unternehmensfunktionen bzw. Datenpunkte aus verschiedenen Fachbereichen einbezogen werden. Neben der rechtlichen Würdigung ist auch die strategische Analyse und Unternehmensplanung involviert, um den Kostenanfall durch die Bepreisung von Emissionen zu optimieren.

Neues Niveau des Informationsaustausches und der Datenqualität

Über die eigenen Zoll- und Handelsdaten hinaus müssen die CBAM-pflichtigen Unternehmen auch Informationen zu den „embedded emissions“ berücksichtigen. Es können zwar verschiedene Benchmarkwerte zur Berechnung herangezogen werden, diese können jedoch höher sein als die tatsächlichen Emissionen des Herstellers und dementsprechend (wohl ab 2027) zu höheren CBAM-Kosten führen. Für eine effektive Berechnung und Berichterstattung ist deshalb ein noch nie dagewesenes Maß an Transparenz über die Emissionsdaten innerhalb der Lieferkette erforderlich. Das wiederum erfordert die tiefe Einbindung der Geschäftspartner entlang der Wertschöpfungskette, um Details zu den tatsächlichen Emissionen, dem Herstellungsort und dergleichen einzuholen. Hierbei können sich auch eine Vielzahl wettbewerbsbezogener Zielkonflikte ergeben, beispielsweise wenn in einer Handelskette der tatsächliche Lieferant nicht offengelegt werden soll. Um das CBAM-Berichtswesen bzw. später den Erwerb von CBAM-Zertifikaten abzuwickeln, müssen sich die Importeure auch mit der Frage auseinandersetzen, wie die relevanten Daten zukünftig systemisch gesammelt, analysiert, reportiert und aufbewahrt werden. Neben der Anpassung von Funktionalitäten in Bestandssystemen ist abzusehen, dass auch zusätzliche Applikationen zur Prozessunterstützung der CBAM-Abwicklung erforderlich sind.

Co-Autor: Markus Staben 

Fazit

Die Regulatorik des CBAM des sich auf europäischer Ebene höchstwahrscheinlich im Laufe der Zeit weiterentwickeln und dürfte sich nicht auf die EU-27 beschränken. Das EU-ETS entwickelt sich parallel dazu und verschiedene Länder, darunter auch das Vereinigte Königreich und die Schweiz, erwägen eigene Regelungen für einen CO2-Grenzausgleich. Es ist essentiell, das regulatorische Umfeld auf nationaler und supranationaler Ebene zu monitoren, um Neuerungen bei relevanten Rechtsvorschriften frühzeitig festzustellen sowie deren Auswirkungen und daraus folgende Handlungsbedarfe zu analysieren.

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