Die entscheidende Rolle der End-to-End-Prozesssicht
Die Einführung von Enterprise Resource Planning (ERP)-Systemen und die Transformation von Geschäftsprozessen profitieren maßgeblich von der End-to-End-Prozesssicht, die GPOs mitbringen. Diese Perspektive löst die traditionelle funktionale Sichtweise ab und rückt die Optimierung des gesamten Prozessflusses in den Mittelpunkt. Dadurch gelingt es, IT-Aspekte und fachliche Anforderungen in ein besseres Gleichgewicht zu bringen. Die strategischen Fähigkeiten von GPOs tragen wesentlich zur Prozessverbesserung, Automatisierung, Digitalisierung, Skalierung und zur Einführung fortschrittlicher ERP-gestützter Abläufe bei.
Um eine effektive End-to-End-Sicht zu gewährleisten, muss die GPO-Organisation personell angemessen ausgestattet und mit den notwendigen Strukturen versehen werden. Ebenso kritisch ist die hierarchische Positionierung der GPOs innerhalb des Unternehmens. Ohne eine angemessene Kompetenzebene können GPOs ihre Aufgaben nur schwer erfüllen und die strategische Relevanz ihrer Rolle würde untergraben werden.
Erfolgsfaktor Organisatorisches Umfeld
Traditionell sind Unternehmen in spezialisierte Bereiche wie Einkauf, Produktion oder Vertrieb gegliedert. Diese funktionale Struktur bietet jedoch nicht immer die besten Voraussetzungen für effiziente Geschäftsprozesse. Daher werden sie seit Jahrzehnten um prozessorientierte Kompetenzen ergänzt. Der Einfluss eines GPO hängt maßgeblich vom Verhältnis funktionaler und prozessualer Organisationselemente ab. Daraus ergeben sich Verantwortlichkeiten, Berichtswege, Schlüsselkompetenzen, Entscheidungsbefugnisse und Erfolgsmetriken.
- Funktionszentriertes Modell: Hier sind GPOs Teil einer spezifischen Funktion und ihr Einfluss beschränkt sich auf den funktionalen Anteil am End-to-End (E2E)-Prozess. Sie berichten an die Funktionsleitung. Dieses Modell findet sich oft in Unternehmen, die sich eher am Anfang des Weges zu einer prozessorientierten Organisation befinden.
- Geschäftsprozesszentriertes Modell: Die Verantwortung für E2E-Geschäftsprozesse erstreckt sich über verschiedene funktionale Bereiche hinweg. Strukturell werden die Berichtslinien der GPOs in einer zentralen Einheit, bspw. Global Business Services (GBS) oder Corporate Center, gebündelt.
Steuerliche Anforderungen, die funktionsübergreifend und prozessual sind, werden in einem geschäftsprozesszentrierten Modell erwartungsgemäß effizienter und mit geringerem Risiko gemanagt.
Zentralisierung und Standardisierung
Für Unternehmen, die globale Prozessdurchgängigkeit anstreben, die Implementierung der nächsten Generation von ERP-Systemen planen und ambitionierte Ziele im Bereich Global Business Services (GBS) setzen, ist ein zentralisiertes Modell besonders vorteilhaft. Es unterstützt die weltweite Harmonisierung, Vereinfachung und Standardisierung von Prozessen. Es ermöglicht die Schaffung von Synergien und die Anreicherung von Prozessen mit künstlicher Intelligenz, was zu einer verbesserten Integration und höheren Qualität der Abläufe bzw. Dienstleistungen führt – und das über verschiedene Geschäftsbereiche und Regionen hinweg. Zudem kann ein zentralisiertes Modell die Präsenz und den Einfluss von GBS über die Grenzen von Funktionen, Geschäftseinheiten und geografischen Regionen hinweg ausweiten.
Integration von Schnittstellen und Funktionen
Die Verknüpfung des GPO Tax mit anderen Geschäftsbereichen ist für eine effiziente Steuerfunktion unerlässlich:
Record-to-Report (R2R): In den letzten Jahren haben GPOs für R2R die Finanzprozesse durch den Einsatz neuer Technologien, die die ERP-Systeme ergänzen, signifikant verbessert. Die enge Zusammenarbeit mit IT-Partnern zur Optimierung der Datenarchitektur und des Berichtswesens schafft in der Regel Synergien mit den Steuerprozessen, beispielsweise im Bereich des Transferpreismanagements oder des Tax Accounting. In weniger komplexen Organisationen könnte die Steuerverantwortung sogar in den Aufgabenbereich des GPO R2R fallen.
Order-to-Cash (O2C): Viele Organisationen haben ihre O2C-Prozesse über das Debitorenmanagement hinaus auf Auftragsmanagement und Kundenservice ausgedehnt. Angesichts der Komplexität des O2C-Prozesses und der Notwendigkeit maßgeschneiderter digitaler Lösungen entstehen zusätzliche Herausforderungen für den GPO Tax. GPOs können organisatorischen Mehrwert schaffen, indem sie zentrale Anlaufstellen für verschiedene Vertriebsbereiche etablieren und so verhindern, dass Steuerexperten sich durch ein Labyrinth verschiedener Ansprechpartner navigieren müssen.
Procure-to-Pay (P2P): Dieser Prozess, der typischerweise Einkauf und Finanzen umfasst, ist oft bereits stark zentralisiert und automatisiert, um Ineffizienzen und Betrug zu minimieren. Da viele steuerliche Anforderungen direkt mit Beschaffungsvorgängen verbunden sind, ist eine enge Integration des Steuerbereichs in den P2P-Prozess unabdingbar.
Visionär, Empath und Koordinator: Das Anforderungsprofil
Erfolgreiche GPOs zeichnen sich durch ein vielseitiges Spektrum an persönlichen Attributen und Fähigkeiten aus. Sie sind strategische Visionäre, die eng mit Führungskräften aus verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten, um zukunftsweisende Zielstellungen zu entwickeln. Dabei ist ein feines Gespür für die Anpassungsfähigkeit der Organisation unerlässlich. GPOs müssen abschätzen können, ob inkrementelle Schritte oder transformative Sprünge den größeren Erfolg versprechen. In einer Zeit, in der Unternehmen den Übergang von langfristiger Stabilisierung zu kurzfristiger Disruptionsbewältigung und von industrieller zu digitaler Produktion meistern müssen, sind Führungskräfte gefragt, die ein umfassendes Wissens- und Kompetenzspektrum besitzen. Diese Führungskräfte müssen das Vertrauen ihrer Teams auch in unsicheren Zeiten gewinnen und erhalten können. Je nach Kontext sind unterschiedliche Fähigkeiten gefordert: Coaching, Beratung, Umsetzungskraft und Führungsstärke, gepaart mit Empathie, Resilienz und der Fähigkeit zu inspirieren. In der heutigen technologiegetriebenen Geschäftswelt sind all diese Eigenschaften unverzichtbar. Ebenso entscheidend ist es, legislative Änderungen proaktiv aufzunehmen und deren Implikationen rechtzeitig in die Datenverarbeitungssysteme integriert.