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Green Deal: Warum wir eine Kreislaufwirtschaft brauchen

Zum European Green Deal gehört der Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft. Das hat auch steuerliche und rechtliche Konsequenzen.


Überblick

  • Die zentrale Kreislaufwirtschaft wird immer mehr zum zentralen Punkt in der Politik.
  • Über veränderte Konsum- und Gebrauchsgewohnheiten, eine nachhaltige Produktionsweise von Gütern und die Kreislaufführung von Ressourcen lässt sich das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppeln.

Europas Ziel, ein klimaneutraler Kontinent zu werden, ist nur durch eine hocheffiziente Ressourcennutzung zu erreichen. Dabei rückt der Gedanke einer Kreislaufwirtschaft ins Zentrum der Politik. Durch die Verwendung von Sekundärrohstoffen anstelle von Primärrohstoffen bspw. in der Metall-, Glas- und Papierproduktion ergeben sich Energieeinsparungen von 20 bis 90 Prozent sowie erhebliche Wassereinsparungen. Die Kreislaufwirtschaft könnte EU-Unternehmen jährliche Nettomaterialkosteneinsparungen von 250 bis 465 Mrd. Euro bringen, was ca. 12 bis 23 Prozent ihrer Materialkosten ausmachen würde. Die EU-Kommission hat deshalb bereits vor gut einem Jahr einen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft vorgelegt. Dieser enthält über 40 Einzelmaßnahmen, u. a. zur Abfallreduzierung und zur Ausweitung des Ökodesigns und der Recyclingfähigkeit, die nun in Rechtsvorschriften konkretisiert werden sollen.

Vom Design bis zum Produktionsprozess

Wichtige Elemente der Circular Economy sind die erneute Nutzung großer Materialmengen sowie die Schaffung neuer Produkte aus Sekundärrohstoffen. Bereits beim Produktdesign sollen Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit und die Möglichkeit der Wiederaufbereitung innerhalb des Kreislaufs mitgedacht werden. Bei der Materialauswahl spielen recyclingfähige Rohstoffe und die Substitution endlicher Primärrohstoffe durch Sekundärstoffe sowie die Verwendung nachhaltiger Verpackungsmaterialien eine wichtige Rolle. Im eigentlichen Produktionsprozess sind vor allem die Effizienzsteigerung, die Umstellung auf erneuerbare Energien sowie die Weiterverarbeitung möglicher Nebenprodukte und deren Einspeisung in das Kreislaufsystem bedeutsam.

Neue Geschäftsmodelle

In der Kreislaufwirtschaft rücken Reparaturangebote und „Take back“-Systeme in den Fokus, bei denen Produktbestandteile wieder in den eigenen Herstellungsprozess fließen. Zudem bilden sich neue Geschäftsmodelle wie „Pay for Outcome“ oder „Pay per Use“ heraus, bei denen Unternehmen nicht mehr eine technische Anlage kaufen, sondern einen Nutzungsvertrag schließen. Darüber hinaus werden Produkte damit beworben, dass sie aus einem bestimmten Anteil Recyclingmaterial bestehen oder langlebig sind oder bspw. kein Mikroplastik enthalten. Derzeit ist die Frage des Umgangs mit Retouren und einer möglichst sinnvollen Wiederverwendung ein heißes Thema in der Öffentlichkeit.

Lenkungswirkung des Steuerrechts

Steuerliche Instrumente zur Beschleunigung der Umstellung auf ressourceneffizientes und klimaschonendes Wirtschaften befinden sich in der Umsetzung (etwa die Plastikabgabe) oder werden in Brüssel diskutiert (etwa die CO2-Grenzabgabe). Für eine Umstellung auf ein zirkuläres Wirtschaftssystem kämen aber auch positive Anreizsysteme wie z. B. die Forschungszulage, die Investitionszulage oder kleinere punktuelle Förderungen nachhaltiger Investitionen infrage.

Auswirkungen auf die Einkommensallokation

Die Transformation von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft macht neue Strukturen und Prozesse erforderlich. Dabei sind bei einem Leasinggeschäft, einer Reparatur oder einer Softwareaktualisierung andere Abläufe notwendig als bei einem klassischen Verkaufsgeschäft. Die Veränderung von Transaktionsströmen und die Schaffung oder veränderte Nutzung von IP haben dabei direkte Auswirkungen auf die Einkommensallokation im Konzern. Das macht möglicherweise eine Anpassung des Verrechnungspreissystems erforderlich.

Umsatzsteuerliche Folgen

Durch veränderte Leistungsbeziehungen können sich auch umsatzsteuerlich neue Fragen ergeben. Je nachdem, wie Rücknahmen oder die Weitergabe von eigentlichen Abfällen oder Nebenprodukten ausgestaltet werden, können diese zu entgeltlichen Leistungen, tauschähnlichen Umsätzen oder unentgeltlichen Wertabgaben führen. Bei Reparaturen ist zudem die Abgrenzung zwischen Werklieferungen und Werkleistungen relevant. Im grenzüberschreitenden Warenverkehr kommen neben den einschlägigen umsatzsteuerlichen Themen zollrechtliche Auswirkungen hinzu. So können bei der Tarifierung wiederaufbereitete Materialien und Produkte aus dem Recycling-Prozess in andere Güterklassen eingeordnet werden als vor ihrer ursprünglichen Verwendung, was zu neuen Zollsätzen führen kann. 

Grafik: Steuerliche Implikationen der Kreislaufwirtschaft

Je erfolgreicher die innerorganisatorische Kreislaufwirtschaft ausgestaltet werden kann, desto mehr entsteht in jedem Einzelschritt dahin ein Wert für das Unternehmen. Dies wirkt sich direkt auf Rollen und Verantwortlichkeiten aus und hat sowohl im Bereich der direkten als auch der indirekten Steuern enorme Auswirkungen auf das Steuermodell. Dies ist steuerlich hochkomplex, da sich Lieferketten und das Produktionsnetzwerk automatisch ändern werden. Zudem ist es eine unternehmerische Pflicht, bestehende Anreiz- und Fördermodelle zu nutzen. Bei der steuerlichen Beurteilung sind die besonders kritischen Themen die folgenden:  

Autoren: Michael Dworaczek, Dr. Simon Meyer, Martin Neuhold, Julia Bossmann

Fazit

Die Circular Economy zielt darauf ab, das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Dies lässt sich über veränderte Konsum- und Gebrauchsgewohnheiten, eine nachhaltige Produktionsweise von Gütern und die Kreislaufführung von Ressourcen erreichen. Dafür ist ein Wandel vieler bestehender Geschäftsmodelle von einem linearwirtschaftlichen zu einem kreislaufwirtschaftlichen Modell erforderlich. Die damit einhergehende Veränderung von Prozessen und Transaktionen muss rechtlich und steuerlich begleitet werden.

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