Prüfung nach § 14 Abs. 4 UStG
Nachdem ermittelt wurde, ob und wo die abgerechnete Leistung tatsächlich steuerpflichtig ist, wird mit vordefinierten Testlogiken die Vollständigkeit der Rechnungsangaben geprüft. Das Vorgehen fußt dabei nicht nur auf regelbasierten Prüfungen wie einer vorhandenen Rechnungsnummer oder eines Rechnungsdatums, es kommt auch Prompt-Logik – also generative KI – zum Einsatz, die insbesondere bei der Prüfung der ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung oder Mengeneinheiten einen massiven Vorsprung gegenüber regelbasierten Prüflogiken hat. Denn Prüflogiken basieren zumeist auf Wenn-Dann-Anweisungen, die vordefinierte Werte in festgelegten Datenfeldern prüfen. Ist ein Wert vorhanden bzw. im Falle der Rechnungsprüfung nicht vorhanden, schlägt das System an.
Bei der inhaltlichen Prüfung der Leistungsbeschreibung ist diese Schlagwortsuche nicht zielführend, da Unmengen von Schlagwörtern in unterschiedlichen Ausprägungen, Zusammensetzungen und Sprachen vorab im Regelwerk einzupflegen wären. Der Zeitaufwand wäre unverhältnismäßig. An dieser Stelle schafft generative KI Abhilfe. Sie hat die Fähigkeit, die inhaltliche Bedeutung einer Leistungsbeschreibung zu ermitteln und anhand der gesetzlichen Anforderungen wie dem Umsatzsteueranwendungserlass und weiteren Rechtsquellen zu prüfen, und zwar unabhängig von der Sprache – ein Quantensprung der fundierten Textinterpretation nach steuerlichen Vorgaben.
In der Dashboard-Ansicht des VAT Invoice Analyzer werden sowohl die Ergebnisse der regelbasierten Prüfung als auch die Resultate der KI-gestützten Prüfung je Rechnungsangabe visualisiert. Rechnungen, die die Prüfung nach § 14 Abs. 4 UStG nicht bestanden haben und besser abgelehnt werden sollten, werden entsprechend gekennzeichnet. Gleichzeitig zeigt die Detailansicht der abgelehnten Rechnungen die Gründe dafür auf: Beispielsweise fehlen Rechnungsbestandteile, die verwendeten steuerlichen Informationen sind ungültig oder die Leistungsbezeichnung ist nicht hinreichend genau. Das Ergebnis ist leicht nachprüfbar und die Entscheidungsfindung maximal transparent – eine Situation, die künftige Betriebsprüfungen vereinfachen dürfte.
Die Grundlage: Daten, Daten, Daten
KI-gestützte Systeme wie der VAT Invoice Analyzer nutzen und erzeugen eine Vielzahl von Daten. Sie sind hinsichtlich ihres Inhalts, ihrer Form und ihrer Haltung völlig unterschiedlich, aber dennoch hängen sie miteinander zusammen. So ist das PDF-Dokument unstrukturiert und wird mittels eines vordefinierten Prompts durch KI in eine strukturierte Form übersetzt und in einer transaktionalen Datenbank gespeichert. Auch wenn zu erwarten ist, dass durch die Neuregelung der elektronischen Rechnung ab 2025 unstrukturierte Dokumente stark zurückgehen werden, so verlagern sich die Aufwandstreiber durch neue Vorschriften und Technologien erfahrungsgemäß, verschwinden aber nicht. Daher ist es ratsam, in flexible Automatisierung zu investieren, die mit den laufenden Veränderungen des Umfeldes Schritt hält.
Das Expertensystem erzeugt basierend auf den Rechnungsdaten neue Daten, indem die Geschäftsvorfälle steuerlich anhand eines Tax Tag markiert werden. So wird gekennzeichnet, ob ein Dienstleistungsbezug oder ein Wareneinkauf vorliegt, ob das Unternehmen in der Mitte eines Reihengeschäfts tätig wurde oder Reverse-Charge-Material wie Aluminiumschrott gekauft wurde. Diese steuerlichen Attribute sind für die Entscheidungsfindung, das Monitoring und das Reporting von essenzieller Bedeutung. So werden entlang des steuerlichen Entscheidungsprozesses und der Rechnungsprüfung nach § 14 Abs. 4 UStG zusätzlich Audit-Trail-Daten erzeugt, die jede einzelne Entscheidung aufzeichnen und sie im Fall einer Prüfung bereithalten.
Nicht zu vergessen!
Hinter allen Entscheidungen stecken weitere Daten, nämlich das in digitaler Form gespeicherte steuerliche Wissen. Dieses Wissen ist im Fall des Expertensystems in Algorithmen und Stammdaten und im Fall der generativen KI in dezidierten Vektordatenbanken verortet. Diese Daten sind von der Steuerabteilung fortlaufend zu pflegen. Hier sind steuerliche Registrierungen, Organkreise, Freistellungsbescheinigungen und ähnliche steuerlich relevante Informationen zu hinterlegen und kontinuierlich aktuell zu halten.
Verschiedene Quellen
In den Vektordatenbanken werden fachspezifische Inhalte wie Gesetzestexte, Richtlinien, Erlasse oder Kommentare gepflegt, auf die das KI Modell zugreift. Insbesondere steuerliche Fachverlage verfügen über eine Fülle solcher Zusatzquellen und bieten die Interaktion mittels Chatbot an. So kann eine Wissensdatenbank zu umsatzsteuerlichen Rechnungsanforderungen für die eigene Eingangsprüfung genutzt werden. Mittels entsprechender Software laden Mitarbeiter diejenigen Dokumente hoch, die die generative KI als Anleitung zur Prüfung von Rechtsanforderungen nutzen soll.
Essenzielle Wissensquellen sind zudem die angebotenen Informationsaustauschsysteme von Finanzbehörden und anderen öffentlichen Einrichtungen, konkret also Schnittstellen zum Bundeszentralamt für Steuern, zur Europäischen Kommission oder zum Zoll. Auch Benchmark-Datenbanken für Fremdvergleiche bieten für Steuerfunktionen notwendiges Wissen. Letztere sind insbesondere mit Blick auf Verrechnungspreisfragen interessant. Das Spannende an diesen Datenbanken ist, dass die bestehenden Schnittstellen in Form von Tax Plug-ins in die unternehmenseigene Benutzeroberfläche eingebunden werden können.