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Wie der Kampf gegen drittstaatliche Subventionen weitergeht

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Eine neue EU-Verordnung soll bei M&A und öffentlichen Aufträgen für fairen Wettbewerb sorgen.

Überblick

  • Bislang können Drittstaaten ohne spezifisch wettbewerbsrechtliche Kontrolle ihre in der EU ansässigen Unternehmen unterstützen. 
  • Drittstaatensubventionen stellen für den Wettbewerb im Binnenmarkt zunehmend ein Problem dar, da die begünstigten Unternehmen mit unschlagbar attraktiven Angeboten operieren können.
  • Mit einer neuen Verordnung will die Brüsseler Kommission nun auch bei öffentlichen Vergaben und Unternehmenstransaktionen für mehr Fairness sorgen. 

Schätzungsweise 100.000 Unternehmen in der EU gehören Gesellschaften aus Drittländern, von denen viele dort Subventionen erhalten. Diese Drittstaatensubventionen stellen für den Wettbewerb im Binnenmarkt zunehmend ein Problem dar, da die begünstigten Unternehmen mit unschlagbar attraktiven Angeboten operieren können. Mit einer neuen Verordnung über wettbewerbsverzerrende Subventionen aus Drittstaaten (Foreign Subsidies Regulation – FSR) will die Brüsseler Kommission nun auch bei öffentlichen Vergaben und Unternehmenstransaktionen für mehr Fairness sorgen. Dabei werden zeitraubende Anmeldeverfahren etabliert, die den Ablauf bedeutender Vergaben und M&A-Transaktionen erschweren werden. Für die Durchführung der FSR ist bei der EU-Kommission die Generaldirektion Wettbewerb zuständig, die bereits ihre Ressourcen erheblich aufstockt.

Schließung einer Regelungslücke

Die Gewährung staatlicher Subventionen durch EU-Mitgliedstaaten an Unternehmen wird durch das Beihilferecht bereits seit langem umfassend reguliert. Drittstaaten können aber bislang ohne spezifisch wettbewerbsrechtliche Kontrolle ihre in der EU ansässigen Unternehmen unterstützen. Diese Regelungslücke wird nun durch die FSR geschlossen. Hierauf haben sich die wesentlichen Organe der EU am 30. Juni 2022 geeinigt. Die FSR soll in wenigen Monaten in Kraft treten und im Laufe des Jahres 2023 anwendbar werden.

Drittstaatliche Subventionen

Als drittstaatliche Subvention ist im Sinne des FSR jede finanzielle Zuwendung zu verstehen, die

  • direkt oder indirekt von einem Drittstaat gewährt wird,
  • einem Unternehmen mit wirtschaftlicher Tätigkeit in der EU zugutekommt und
  • selektiv auf eines oder mehrere Unternehmen bzw. einen Wirtschaftszweig oder mehrere Wirtschaftszweige beschränkt ist.

Unter den Subventionsbegriff im EU-Beihilferecht fallen außer direkten Zuschüssen auch zinslose Darlehen, unbegrenzte Garantien, Ausgleichsleistungen oder steuerliche Vorzugsbehandlungen bzw. Steuergutschriften. Bei der FSR ist der Subventionsbegriff ein eigenständiges rechtliches Konzept, dessen (besonders) weiter Anwendungsbereich noch einer Konturierung bedarf. Grundsätzlich bleiben Subventionen durch Drittstaaten erlaubt. Führen diese aber zu Verzerrungen im Binnenmarkt, deren negative Auswirkungen ihre positiven im Ergebnis einer Prüfung überwiegen, dann ist die Europäische Kommission befugt, Gegenmaßnahmen zu verhängen oder Verpflichtungszusagen des betreffenden Unternehmens anzunehmen.

Sonderfusionskontrollrecht

Mit der FSR wird ein Sonderfusionskontrollrecht eingeführt, das für Unternehmenskäufe – neben der kartellrechtlichen Fusionskontrolle und der Investitionskontrolle – eine dritte Hürde darstellt. Wie bei der kartellrechtlichen Fusionskontrolle ist auch hier möglichst frühzeitig zu prüfen, ob eine Anmeldepflicht zur Kommission in Betracht kommt. In diesem Fall darf eine Transaktion nicht ohne eine Freigabe aus Brüssel vollzogen werden. Andernfalls drohen die aus dem kartellrechtlichen Fusionskontrollrecht bekannte Nichtigkeit und ein Bußgeld in Höhe von bis zu 10 Prozent der gruppenweiten Umsätze der beteiligten Unternehmen.

Grafik: Auslandskontrollierte Unternehmen in Deutschland

25 plus 105 Arbeitstage

Für eine Entscheidung hat die EU-Kommission im Grundsatz in der ersten Phase 25 Arbeitstage und bei einer ggf. nötigen weiter gehenden Prüfung bis zu 105 weitere Arbeitstage Zeit. Eine Anmeldepflicht nach der FSR kommt grundsätzlich in den folgenden Konstellationen in Betracht:

  • Fusion vorher unabhängiger Unternehmen
  • Erwerb von Kontrolle über ein anderes Unternehmen
  • Schaffung eines sogenannten Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens

Außerdem muss eines der Unternehmen in der EU niedergelassen sein und dort im letzten Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von 500 Millionen Euro oder mehr erzielt haben. Schließlich müssen alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen von Drittstaaten in den letzten drei Geschäftsjahren finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Millionen Euro erhalten haben.

Rechtsunsicherheit bei M&A

Auch unterhalb der genannten Schwellenwerte kann die EU-Kommission anordnen, dass die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen eine fusionskontrollrechtliche Anmeldung nach der FSR einreichen müssen. Ausreichend hierfür ist der bloße Verdacht, dass drittstaatliche Subventionen im Spiel sind. Angesichts der besonderen Weite des Begriffs der drittstaatlichen Subvention wird dies die Rechtsunsicherheit bei M&A-Transaktionen erheblich erhöhen.

Öffentliche Vergabe

Die FSR gilt auch bei öffentlichen Vergabeverfahren, wenn der geschätzte Auftragswert mindestens 250 Millionen Euro beträgt. Ab dieser Schwelle müssen Unternehmen beim Einreichen eines Angebots oder einer Teilnahme an einem öffentlichen Vergabeverfahren dem Auftraggeber entweder alle drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen, die sie in den drei Jahren erhalten haben, nennen oder erklären, dass sie keine Subventionen erhalten haben. Die Meldepflicht gilt auch für wichtige Unterauftragnehmer und Lieferanten. Als wichtig gelten diese, wenn der Anteil ihres Beitrags wesentlich ist bzw. 30 Prozent des geschätzten Auftragswerts übersteigt.

Bis zu 200 Tage

Der öffentliche Auftraggeber soll die Meldung der Unternehmen unverzüglich an die EU-Kommission weiterleiten. Bei Versäumnis kann die Kommission auf eigene Initiative eine Prüfung einleiten. Nach Eingang der Meldung führt die Kommission zunächst eine Vorprüfung durch. Dafür steht ihr ein Zeitraum von 60 Tagen zur Verfügung. Hält sie eine eingehende Prüfung für erforderlich, hat sie diese regelmäßig innerhalb von 200 Tagen nach Eingang der Meldung abzuschließen. Vor Ablauf der Frist darf der Auftraggeber zwar das Vergabeverfahren (z. B. die Angebotswertung) fortsetzen, er darf aber keinen Zuschlag erteilen.

Autor:innen: Dr. Nils Gildhoff, Susanne Müller-Kabisch

Fazit

Am Ende der eingehenden Prüfung kann die Kommission

  • einen Verpflichtungsbeschluss erlassen, wenn ein Unternehmen von wettbewerbsverzerrenden drittstaatlichen Subventionen profitiert, sich aber verpflichtet, diese Verzerrungen zu beseitigen,
  • die Auftragsvergabe an ein Unternehmen untersagen, wenn dieses keine Verpflichtungen anbietet oder die Verzerrung dadurch nicht beseitigt werden kann, oder
  • beschließen, keine Einwände zu erheben.

Bei Verstößen gegen die Meldepflicht bei öffentlichen Aufträgen drohen den betroffenen Unternehmen Geldbußen. Im Fall unrichtiger oder irreführender Angaben kann sich die Geldbuße auf bis zu 1 Prozent des Gesamtumsatzes belaufen, bei Nichtangabe von Subventionen sogar auf bis zu 10 Prozent.

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