25 plus 105 Arbeitstage
Für eine Entscheidung hat die EU-Kommission im Grundsatz in der ersten Phase 25 Arbeitstage und bei einer ggf. nötigen weiter gehenden Prüfung bis zu 105 weitere Arbeitstage Zeit. Eine Anmeldepflicht nach der FSR kommt grundsätzlich in den folgenden Konstellationen in Betracht:
- Fusion vorher unabhängiger Unternehmen
- Erwerb von Kontrolle über ein anderes Unternehmen
- Schaffung eines sogenannten Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens
Außerdem muss eines der Unternehmen in der EU niedergelassen sein und dort im letzten Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von 500 Millionen Euro oder mehr erzielt haben. Schließlich müssen alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen von Drittstaaten in den letzten drei Geschäftsjahren finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Millionen Euro erhalten haben.
Rechtsunsicherheit bei M&A
Auch unterhalb der genannten Schwellenwerte kann die EU-Kommission anordnen, dass die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen eine fusionskontrollrechtliche Anmeldung nach der FSR einreichen müssen. Ausreichend hierfür ist der bloße Verdacht, dass drittstaatliche Subventionen im Spiel sind. Angesichts der besonderen Weite des Begriffs der drittstaatlichen Subvention wird dies die Rechtsunsicherheit bei M&A-Transaktionen erheblich erhöhen.
Öffentliche Vergabe
Die FSR gilt auch bei öffentlichen Vergabeverfahren, wenn der geschätzte Auftragswert mindestens 250 Millionen Euro beträgt. Ab dieser Schwelle müssen Unternehmen beim Einreichen eines Angebots oder einer Teilnahme an einem öffentlichen Vergabeverfahren dem Auftraggeber entweder alle drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen, die sie in den drei Jahren erhalten haben, nennen oder erklären, dass sie keine Subventionen erhalten haben. Die Meldepflicht gilt auch für wichtige Unterauftragnehmer und Lieferanten. Als wichtig gelten diese, wenn der Anteil ihres Beitrags wesentlich ist bzw. 30 Prozent des geschätzten Auftragswerts übersteigt.
Bis zu 200 Tage
Der öffentliche Auftraggeber soll die Meldung der Unternehmen unverzüglich an die EU-Kommission weiterleiten. Bei Versäumnis kann die Kommission auf eigene Initiative eine Prüfung einleiten. Nach Eingang der Meldung führt die Kommission zunächst eine Vorprüfung durch. Dafür steht ihr ein Zeitraum von 60 Tagen zur Verfügung. Hält sie eine eingehende Prüfung für erforderlich, hat sie diese regelmäßig innerhalb von 200 Tagen nach Eingang der Meldung abzuschließen. Vor Ablauf der Frist darf der Auftraggeber zwar das Vergabeverfahren (z. B. die Angebotswertung) fortsetzen, er darf aber keinen Zuschlag erteilen.
Autor:innen: Dr. Nils Gildhoff, Susanne Müller-Kabisch