Nachtaufnahme der HYBRIT-Pilotanlage von SSAB, LKAB und Vattenfall zur Speicherung von fossilfreiem Wasserstoffgas

Klimaschutzvertrag: Wie die Bundesregierung energieintensive Unternehmen unterstützt

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Energieintensive Unternehmen können sich die höheren Kosten einer emissionsarmen Produktion erstatten lassen. Das Antragsverfahren läuft.


Überblick

  • Das Ministerium hat ein zweistufiges Bewerbungsverfahren gestartet.
  • Die Mehrkosten ändern sich über die Laufzeit ändern und die Auszahlungssummewird  jährlich neu kalkuliert.
  • Der Klimaschutzvertrag soll die Mehrkostenlücke zwischen konventionellem und transformativem Verfahren schließen.

Bei der ökologischen Transformation will die Bundesregierung energieintensive Unternehmen unterstützen, indem der Staat die höheren Kosten einer klimaneutralen Produktion übernimmt. Dazu bereitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein neues Förderinstrument vor. Die „Klimaschutzverträge“ sollen nach dem Konzept der CCfDs (Carbon Contracts for Difference) funktionieren. Inzwischen hat das Ministerium ein zweistufiges Bewerbungsverfahren gestartet. Im ersten Schritt müssen alle Unternehmen, die sich am ersten Förderaufruf beteiligen möchten, bis zum 7. August zunächst an einem vorbereitenden Verfahren teilnehmen. 

Wie Hedging-Verträge

Nach dem Konzept von CO2-Differenzverträgen sollen durch Klimaschutzverträge die Mehrkosten von Unternehmen ausgeglichen werden, die durch die Errichtung (Investitionsausgaben, engl. Capital Expenditures, kurz CapEx) und den Betrieb (Betriebsausgaben, engl. Operational Expenditures, kurz OpEx) klimafreundlicherer Anlagen im Vergleich zu herkömmlichen entstehen. Die Klimaschutzverträge werden privatwirtschaftlichen Hedging-Verträgen nachempfunden und sollen den Unternehmen hinsichtlich bestimmter Preisentwicklungen, beispielsweise für Wasserstoff, finanzielle Planungssicherheit geben. Über einen Zeitraum von 15 Jahren werden Unternehmen so vor Preisrisiken geschützt. Aufgrund der geplanten Doppelwirksamkeit des Projekts ist vorgesehen, dass bei zunehmender Wirtschaftlichkeit des transformativen Verfahrens eine entsprechende Überschusszahlung zurück an den Fördermittelgeber erfolgt.

Grafik: Foerderhoehe pro Produkteinheit im Zeitverlauf, in EUR (vgl. Klimaschutzvertraege, Vorstellung des neuen Foerderprogramms zur Transformation der Industrie)

Wer ist antragsberechtigt?

Im Fokus der geplanten Klimaschutzverträge stehen klar Projekte zur Transformation der energieintensiven Branchen wie Glas, Keramik, Grundstoffe, Zement, Kalk und Stahl. Unternehmen, die im Gebotsverfahren ein Gebot abgeben möchten, müssen am vorbereitenden Verfahren teilnehmen. Dabei muss das Projekt im Laufe der Förderung 90 Prozent mehr CO2 einsparen als die derzeit emissionseffizienteste konventionelle Anlage gemäß dem EU-Emissionshandelssystem (EU ETS). Hinzu kommt eine bestimmte Projektmindestgröße: Anlagen, die nach EU-ETS-Referenz weniger als 10 Kilotonnen CO2-Äquivalente im Jahr ausstoßen, sind nicht antragsberechtigt. Die förderwürdigen Projekte sollen – nach heutigem Wissensstand – 36 Monate nach Erhalt des Zuwendungsbescheids in Betrieb gehen (Verlängerung auf 48 Monate möglich).

Wie werden die Fördergelder vergeben? 

Die Fördermittel in Form von Klimaschutzverträgen werden im Gebotsverfahren auf Projektebene vergeben. Ein solches Projekt darf nur durchgeführt werden, wenn nicht alle Bieter einen vollen Zuschlag erhalten, sodass nicht das Risiko einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs besteht. 

Der Antragsteller (in diesem Fall: der Bieter) berechnet seine Förderlücke, indem er die betriebswirtschaftlichen Kalkulationen der transformativen und der konventionellen Referenzanlage vergleicht. Die dabei maßgeblichen Bewertungskriterien umfassen die Fördermitteleffizienz in Euro pro Tonne CO2-Äquivalent und die relative Treibhausgasemissionsminderung im Vergleich zum konventionellen Referenzsystem. 

Wer erhält den Zuschlag?

Für die beiden genannten Kriterien einer möglichst hohen Fördermitteleffizienz, also möglichst wenig Euro pro eingesparter Tonne CO2-Äquivalent und für die relative Treibhausgasminderung, werden jeweils Punkte vergeben. Die Projekte werden absteigend nach Punktzahl sortiert. Am Ende ausgewählt werden – beginnend mit den Projekten mit höchster Punktzahl – jene Projekte, deren addierte maximale Fördersummen noch innerhalb des für den Förderaufruf vorgesehenen Auktionsvolumens liegen. Dem Fördermittelgeber bleiben bei der konkreten Ausgestaltung des Förderaufrufs hohe Freiheitsgrade. Sie sollen die Anpassungsfähigkeit des Förderinstruments an die Anforderungen der verschiedenen Industriezweige garantieren.

Zunächst ein vorbereitendes Verfahren

Zur Vorbereitung führt das BMWK ein sogenanntes vorbereitendes Verfahren durch, um das eigentliche Gebotsverfahren effektiv und bedarfsgerecht zu gestalten. Unternehmen, die am späteren (d. h. dem folgenden) Gebotsverfahren teilnehmen möchten, sind verpflichtet, zuerst das vorbereitende Verfahren zu durchlaufen. Das BMWK hat hierzu am 6. Juni 2023 die Bekanntmachung im Bundesanzeiger veröffentlicht, mit Abgabefrist zum 7. August 2023. Im Zuge des vorbereitenden Verfahrens sind unter anderem Angaben zum beantragenden Unternehmen, zu dem zu fördernden Vorhaben (inkl. bereits beantragter/beschiedener Förderung) und zur Erfüllung der Fördervoraussetzungen sowie eine Darstellung der zu erwartenden Kosten und Erlöse einzureichen. Die erforderlichen Dokumente (basierend auf spezifischen Templates des BMWK) beinhalten auch die Möglichkeit, bestimmte Details des Förderprogramms, wie z. B. den veröffentlichten Muster-Klimaschutzvertrag, nochmals zu kommentieren. Dies verfolgt das Ziel, den folgenden Förderaufruf zum Gebotsverfahren optimiert zu gestalten. Im Anschluss an dieses Verfahren und nach finaler Abstimmung und Verabschiedung der Förderrichtlinie werden die teilnehmenden Projekte/Unternehmen voraussichtlich mittels Förderaufruf zum eigentlichen Gebotsverfahren eingeladen. 

Grafik: Veranschaulichung der Foerderhoehe, Beispiel zur Berechnung der jaehrlichen Foerdersumme (vgl. Klimaschutzvertraege, Vorstellung des neuen Foerderprogramms zur Transformation der Industrie)

Fakten zur Industrie

Die Industrie zeichnet für etwa 22 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich – und hat einen Anteil von gut 20 Prozent an der Bruttowertschöpfung bei 7,5 Millionen Beschäftigten. Daher kann das Ziel einer Klimaneutralität bis 2045 bei gleichzeitigem Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des Wohlstandes in Deutschland nur gemeinsam mit der Industrie erreicht werden. 

Notwendig sind sogenannte transformative Verfahren, bei denen es sich um grundlegende technologische Änderungen konventioneller Produktionsverfahren handelt, die den Ausstoß von Treibhausgasen erheblich senken. Entscheidend sind der Ersatz fossiler Energieträger und Rohstoffe beispielsweise durch grünen Wasserstoff als Grundstoff der chemischen Industrie, Reduktionsmittel beim Stahl oder die Abscheidung nicht vermeidbarer CO2-Emissionen mittels „Carbon Capture and Usage“-Anlagen. Jedoch ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt für viele Unternehmen eine Umstellung auf transformative Produktionsprozesse noch zu teuer. Eine Umstellung ginge mit massiven Wettbewerbsnachteilen einher.

Zu den stärksten Preis- bzw. Kosteneinflussfaktoren werden – neben den direkten Energiekosten – die fortschreitende Reduktion der CO2-Zertifikate und der dadurch getriebene CO2-Preis gehören. 

EU ETS: Wie stark steigen die CO2-Preise bis 2030?

Co-Autorin: Sophie Doll

Fazit

Grundsätzlich soll der Klimaschutzvertrag die Mehrkostenlücke zwischen konventionellem und transformativem Verfahren schließen. Da sich diese Mehrkosten über die Laufzeit ändern, wird die Auszahlungssumme jährlich neu kalkuliert. Der Zuwendungsbescheid legt die maximale jährliche Fördersumme sowie die maximale gesamte Fördersumme fest. Dabei ist die finale Höhe der Auszahlung stets an den sogenannten Basis-Vertragspreis gekoppelt, der im Rahmen des Antragsverfahrens berechnet wird. 

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