Metaverse-Konzept

Wie neue Technologien zukünftig die Anlagegrenzprüfung tangieren

Verwandte Themen

Von KI bis Blockchain: Vor welchen Herausforderungen Asset-Manager in Zukunft bei der Anlagegrenzprüfung stehen werden.


Überblick

  • Asset-Manager, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Verwahrstellen sollten sich mit den neuen IT-Trends auseinandersetzen.
  • Denn diese neuen Technologien können dazu beitragen, die Erfassung der Anlagegrenzen und die Überwachung von Portfolios zu automatisieren.
  • Zwar verringern KI & Co. das Risiko menschlicher Fehler, aber sie haben Grenzen und können die Beurteilung durch Menschen nicht vollständig ersetzen.

Für Anleger bieten Investmentfonds im Vergleich zu Einzelinvestitionen die Möglichkeit der Risikostreuung ihrer Anlagen und der Investition in Themenschwerpunkte wie zum Beispiel Anteilklassen (Aktien-, Renten-, oder Mischfonds), Länder, Branchen oder Nachhaltigkeit. Diese Schwerpunkte werden durch Anlagegrenzen wie Regelungen zu erlaubten Wertpapierarten, Aktien-/Rentenquoten, Mindestratings oder Einsatz von Derivaten umgesetzt und finden sich zusammen mit gesetzlichen Anlagegrenzen (zum Beispiel Grundsatz der Risikomischung) in den Verkaufsprospekten oder Anlagebedingungen. Außerdem können Fondsmanager interne Grenzen und Ausschlüsse für Wertpapiere bestimmen, beispielsweise den grundsätzlichen Ausschluss von Streubombenherstellern.

Die Nichteinhaltung der Anlagegrenzen kann zu Schadensersatzforderungen von Anlegern oder zu behördlichen Sanktionen führen und die Reputation schädigen. Außerdem können hohe Kosten durch die Korrektur der entsprechenden Wertpapiergeschäfte entstehen. Daher müssen Anlagegrenzen im Investitionsprozess nicht nur berücksichtigt, sondern auch entsprechend überwacht werden.

Herausforderungen bei der Umsetzung und Überwachung von Anlagegrenzen

Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG), Verwahrstellen und Asset-Manager betreuen und managen in der Regel eine Vielzahl von Mandaten. Die Mandate beinhalten wiederum selbst eine große Anzahl unterschiedlichster Restriktionen. Um diese Restriktionen zu überwachen und einzuhalten, werden sie in speziellen, IT-gestützten Compliance-Systemen implementiert.
Die Verfügbarkeit und die Nutzbarkeit der Daten durch diese Systeme haben Einfluss auf die Umsetzung der Anlagegrenzen. Um diese Daten zu überprüfen, werden bestimmte Datenfelder der Wertpapierinstrumente herangezogen. Diese unterscheiden sich von Datenanbieter zu Datenanbieter. Die Qualität der Daten und die Fähigkeiten des eingesetzten Systems haben Einfluss darauf, ob die Anlagegrenzen genau geprüft, gar nicht geprüft (nicht codierbare Restriktionen) oder nur teilweise geprüft (restriktiver umgesetzt, sogenannte False Positives) werden.

Eine besondere Herausforderung bei allen Datenanbietern und eingesetzten Systemen besteht bei Neuemissionen. Hier werden anfangs die entsprechenden Daten geschätzt. Ergeben sich hinterher jedoch Abweichungen und passen diese Instrumente nicht mehr ins Anlageuniversum, müssen die Instrumente gegebenenfalls wieder verkauft werden.


Eine besondere Herausforderung bei allen Datenanbietern und eingesetzten Systemen besteht bei Neuemissionen. Hier werden anfangs die entsprechenden Daten geschätzt. Ergeben sich hinterher jedoch Abweichungen und passen diese Instrumente nicht mehr ins Anlageuniversum, müssen die Instrumente gegebenenfalls wieder verkauft werden.


Da die Einhaltung der Anlagebedingungen durch verschiedene Parteien bestimmt beziehungsweise überwacht wird, ergeben sich schon vor der Implementierung Fragen bezüglich der auszuwählenden Datenfelder. Für Anlageuniversen gibt es zwar grobe Definitionen, diese unterscheiden sich aber in Einzelheiten und müssen vor der Implementierung geklärt werden.

Hier ein Beispiel für deutsche Aktien:

  • Wird das Herkunftsland über das Land des Emittenten oder des Konzerns bestimmt?
  • Was fällt unter den Aktienbegriff? Welche Ausprägungen (zum Beispiel Stammaktien, Vorzugsaktien, Depository Receipts) gehören dazu?
  • Gibt es Definitionen von der Gesetzgebung (bei internationalen Asset-Managern)?

Die Verhinderung der aktiven Anlagegrenzverletzungen (also nicht solcher, die durch die Bewegungen der Marktpreise, Änderungen des Kreditratings der Emittenten usw. bedingt sind) stellt für Asset-Manager eine große Herausforderung dar. Falls Kunden im Rahmen des Investitionsprozesses ein Schaden entstanden ist, müssen Asset-Manager die Verletzung zum Beispiel durch den Verkauf des unerlaubt gekauften Titels beheben und dabei den Verlust dem Kunden gegenüber kompensieren. Die Höhe des Verlusts hängt von der Größe der betroffenen Position, den Preisschwankungen bei dem relevanten Finanzinstrument und der Dauer der Verletzung ab. Beispielsweise kann eine nicht gemäß den Anlagerichtlinien gekaufte Position von 1 Million Euro bei einem um 1 Prozent fallenden Preis für Asset-Manager einen Schaden von 10.000 Euro verursachen.

Bei der Überwachung gilt es stets im Auge zu behalten, ob die Anlagegrenzen ausreichend implementiert wurden oder ob die False Positives tatsächlich keine Anlagegrenzverletzungen sind. Die Auswertung erfolgt anhand der Analyse der potenziellen Grenzverletzungen, die im System gespeichert werden. Außerdem sollten dabei auch Erweiterungen im System (also die Möglichkeit der Codierbarkeit) oder neue gesetzliche Anforderungen berücksichtigt werden.

 

Anlagegrenzen: Auf aktuelle Trends reagieren

Durch das regulatorische Umfeld und Markttrends müssen die Anlagegrenzen stets aktualisiert werden. Die Integration der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) beinhaltet die „Principle Adverse Impact Indicators“ (PAIs), also die Indikatoren für negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren. Diese können in der Anlagegrenzprüfung direkt über die Faktoren mit entsprechender Datenanbindung integriert werden oder über entsprechende Positiv- oder Negativlisten. Das Gleiche gilt für die EU-Taxonomieverordnung, die die Investitionen in eine klimafreundliche Anpassung der Wirtschaftssektoren lenken soll. Hier unterstützen Anlagegrenzen den Portfoliomanager bei der Berücksichtigung dieser Faktoren.


Mit der Erweiterung des § 284 im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) durch das im Juni 2021 verabschiedete Fondsstandortgesetz (FoStoG) sind nun Kryptowerte zulässige Vermögensgegenstände für Spezial-AIF und müssen in den Anlagegrenzen berücksichtigt werden.


Mit der Erweiterung des § 284 im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) durch das im Juni 2021 verabschiedete Fondsstandortgesetz (FoStoG) sind nun Kryptowerte zulässige Vermögensgegenstände für Spezial-AIF und müssen in den Anlagegrenzen berücksichtigt werden. Herausforderungen für die Überwachung der Kryptowerte sind hier die Verfügbarkeit der Daten und die Abbildbarkeit im entsprechenden Anlagegrenzprüfungssystem. Bei etablierten Kryptowerten sind inzwischen tagesaktuelle Daten verfügbar und damit bewertbar. Die gleiche Herausforderung besteht auch für konventionelle alternative Investments. Während Immobilien inzwischen gut abgebildet werden können, müssen Möglichkeiten der automatischen Verarbeitung für Private Equity, Private Debt und Darlehen verbessert werden. Da die Daten bei diesen Anlageinstrumenten individuell sind, ist ein manueller Prozess notwendig. Die Integration neuer Module oder Systeme wird auch die Anlagegrenzprüfung erleichtern.

Potenzial neuer Technologien nutzen

Neue Technologien wie beispielsweise Blockchain können die Anlagegrenzprüfung in verschiedenen Bereichen effizienter gestalten. Eine allgegenwärtige Herausforderung in der Anlagegrenzprüfung ist die aktuelle Portfoliozusammensetzung. Asset-Manager kennen nur die ungefähre Portfoliozusammensetzung, denn der Stand über das Settlement der Trades und die aktuellen Cash-Quoten werden in der Regel einmal pro Tag von der Depotbank übermittelt. Durch die Nutzung der Blockchain-Technologie (Distributed Ledger) können Transaktionen in Echtzeit bestätigt werden und alle Parteien (zum Beispiel Asset-Manager, Depotbank, KVG, Portfoliomanager, Anlagegrenzprüfung) haben stets den gleichen Stand über die zur Verfügung stehenden Assets, Cash, erfolgte Transaktionen und damit die aktuellen Auslastungen der entsprechenden Limits. Ebenso wäre es möglich, Intraday Trading zu überwachen. Sollte es im Laufe des Tages zu einem Verstoß gegen eine Anlagegrenze kommen und diese noch am gleichen Tag korrigiert werden, würde es die Depotbank und die KVG (bei ausgelagerten Mandaten) gegenwärtig nicht merken, da die Prüfung nur einmal pro Tag durchgeführt wird. Sollte regulatorisch entschieden werden, dass die Überwachung durch die Depotbank fortlaufend zu erfolgen hat, könnte die Blockchain-Technologie dafür eingesetzt werden und damit die Lücke im Intraday Trading schließen.

„Straight Through Processing“ (STP) zielt darauf ab, die Geschwindigkeit und Effizienz von Transaktionen zu verbessern und gleichzeitig das operative Risiko zu minimieren und die Konzentration auf Kernaufgaben der Teams zu ermöglichen. Bei Spezialfonds kann die Erfassung der Anlagegrenzen durch Eingabe über die Nutzeroberfläche – zum Beispiel per Tablet – mit dem Vertrieb, dem Kunden und dem Portfoliomanager erfolgen. Über das gleiche System können Dokumente gespeichert und verwaltet werden. Mit der Einbindung der KVG können die Anlagegrenzen standardisiert und vereinfacht und an den Kunden kommuniziert werden. Die verschiedenen involvierten Facheinheiten haben gleichzeitig Zugriff auf die für sie relevanten Informationen.


Aber auch Trends wie künstliche Intelligenz (KI) können die Anlagegrenzprüfung unterstützen. Anlagegrenzen können durch die KI automatisch aus den Anlagebedingungen ausgelesen, normalisiert und ins System übertragen werden.


Aber auch Trends wie künstliche Intelligenz (KI) können die Anlagegrenzprüfung unterstützen. Diese können durch die KI automatisch aus den Anlagebedingungen ausgelesen, normalisiert und ins System übertragen werden. Bei Änderungen in den Anlagebedingungen können die Grenzen automatisch im System angepasst werden. Portfoliomanager können die KI heranziehen, um bei der Portfoliomodellierung die Grenzen effektiv auszunutzen. Kommt es dann bei Transaktionen im System zu Meldungen, dass ein Verstoß gegen die Restriktion vorliegt, kann die KI es ermöglichen, anstatt stichpunktartiger und kryptischer Nachrichten dem Portfoliomanager einen genaueren Text zur Anlagegrenzverletzung anzuzeigen. Beispiel: Es gibt einen Verstoß gegen eine Restriktion, die ein Limit für europäische Aktien beinhaltet. Die KI generiert einen Text, welche Wertpapiere gegen diese Restriktion verstoßen beziehungsweise wie das Limit korrigiert werden kann. Außerdem kann sich der Portfoliomanager durch einen Verweis direkt auf den entsprechenden Abschnitt in den Anlagegrenzen, den Anlagebedingungen oder sogar auf den Passus im Gesetz über den Grund der Meldung informieren. Bei der Überwachung unterstützt die KI das Anlagegrenzprüfungsteam bei der Analyse. Insbesondere die False Positives können in der Überwachung und Bewertung bei großen Asset-Managern zu vielen Einträgen in der Datenbank führen. Die KI kann sich wiederholende Muster auslesen und die Fälle für das Anlagegrenzprüfungsteam hervorheben, die noch einmal geprüft werden müssen. Außerdem kann die KI dafür eingesetzt werden, passive Überschreitungen in den Portfolios durch die Analyse von Marktdaten, Trends und den Portfoliozusammensetzungen und der entsprechenden Anlagegrenzen vorherzusehen.

Fazit

Für die Zukunft bedeuten diese Trends für Asset-Manager, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Verwahrstellen eine Auseinandersetzung mit ihren Prozessen und IT-Kapazitäten. Neue Technologien können dazu beitragen, die Erfassung der Anlagegrenzen und die Überwachung von Portfolios zu automatisieren, was Zeit spart und das Risiko menschlicher Fehler verringert. Sie haben jedoch Grenzen und können die menschliche Beurteilung oder Aufsicht nicht vollständig ersetzen.

Mehr zum Thema

    Über diesen Artikel