Das Einwandererkind wird bei der Bewerbung um einen Praktikumsplatz aussortiert, in der Büroküche fallen derbe Witze über Homosexuelle, die weibliche Führungskraft in der Männerrunde wird zum Kaffeeholen geschickt: Diskriminierende Situationen, die immer noch zu unserem Alltag gehören, lassen andere spüren, dass sie nicht dazugehören. Dabei ist eine Arbeitsumgebung, in der alle Mitarbeitenden respektiert und wertgeschätzt werden, nicht nur eine moralische Verpflichtung, sie bietet auch strategische Vorteile. Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion (Diversity, Equity & Inclusion, DE&I) sind zudem ein integraler Bestandteil des S (= Soziales) in ESG-Nachhaltigkeitskriterien und der Unternehmensführung. Beide Themen zusammen zu betrachten ist der naheliegende Schluss.
Vorteile von Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion in Unternehmen
Dem Einsatz für mehr Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion haftet oft der Makel des Feigenblattes an: schön für die Optik, aber wirkungslos. Dabei profitieren Unternehmen mit diversen Teams und einer inklusiven Kultur in vielfacher Weise:
- Innovation und Kreativität fördern: Vielfältige Teams sind kreativer und innovativer, weil sie neue Blickwinkel und Ideen einbringen. Sie sind eher in der Lage, Trends zu setzen und Chancen zu erkennen. Eine inklusive Kultur beinhaltet auch eine positive Fehlerkultur, die zu besseren Entscheidungen führt
- Kundenerwartungen entsprechen: Verschiedene Kulturen und Regionen haben unterschiedliche Vorlieben. Diversität und Inklusion in der Belegschaft spiegeln sich in der Vielfalt der Produkte wider, angepasst an die jeweiligen Kundenwünsche.
- Reputation stärken: Ein starkes Engagement für Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion kann als Zusatzeffekt ein positives Image schaffen – vorausgesetzt es ist authentisch und wird wirklich gelebt. Kunden, Investoren und andere Stakeholder schätzen dies.
- Talente gewinnen und binden, Motivation und Produktivität stärken: In Zeiten von Fachkräftemangel sind Unternehmen mit einer inklusiven Kultur für junge Talente, Quereinsteigende oder Eltern in Teilzeit attraktiver. Mitarbeitende, die sich in ihrer Arbeit wertgeschätzt und gefördert fühlen, sind motivierter und produktiver.
- Risikomanagement verbessern: Entsprechend dem Risikoprofil des Unternehmens müssen Werte wie Vielfalt und Ethik in den Geschäftspraktiken verankert sein und gelebt werden.
- Gesetzliche Vorgaben einhalten: In Deutschland und in vielen anderen Ländern gibt es eine Reihe von gesetzlichen Vorgaben gegen Diskriminierung. Darüber hinaus existieren zahlreiche freiwillige Regelungen zur Förderung von Vielfalt und Inklusion.
Während viele Unternehmen den Wandel zu einem umweltbewussteren, nachhaltigeren, sozialeren und ethischeren Wirtschaften strategisch angehen, beschränken sie sich beim Thema DE&I oft auf unzusammenhängende Einzelmaßnahmen. Die Chancengleichheit wird mit einer Quotenregelung auf dem Papier ad acta gelegt, ohne zu schauen, warum sich so wenige Frauen für Führungspositionen bewerben und wie sich das ändern ließe. Wenn Menschen mit Behinderung zwar ihren Arbeitsplatz erreichen, nicht aber mit den Kolleg:innen in der Kantine zu Mittag essen können, bleiben sie ausgegrenzt. Verpflichtende Schulungen über Inklusion werden oft als lästige Pflicht angesehen und können durch einen negativen Ton die Stereotype verstärken, die sie beseitigen sollen. Ironischerweise haben viele Diversitätsbemühungen unbeabsichtigt neue Ausgrenzungen zur Folge. So hat der Fokus auf mehr Frauen in Führungspositionen bei vielen Männern das Gefühl hervorgerufen, ausgeschlossen zu sein und in ihrer Karriere ausgebremst zu werden. Eine inklusive Kultur dagegen sieht Vielfalt als Stärke an, fördert die individuellen Fähigkeiten und Beiträge jeder einzelnen beschäftigten Person und macht Unternehmen zu einem besseren Ort für alle.