Windturbinen-Silhouette auf dem Berg bei Sonnenuntergang

REMIT II – (k)eine Zeit für Veränderungen

Bei REMIT stehen in den kommenden Monaten viele Neuerungen an. Doch die Anpassung der Prozesse lohnt sich schon jetzt.


Überblick

  • REMIT reguliert den europäischen Energiemarkt und sorgt für dessen Transparenz und Integrität.
  • Die Novelle „REMIT II“ bringt neue Pflichten für Unternehmen, erweitert den Zuständigkeitsbereich der Aufsichtsbehörde ACER und wird das Berichtswesen fundamental erneuern.
  • Die Einführung erfolgt in Stufen, aber schon jetzt zeichnet sich der Veränderungsbedarf für Unternehmen klar ab.

Seit gut einem Jahrzehnt gelten die Vorgaben der unter „REMIT“ bekannten europäischen Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts für die Produktion, den Handel und den Transport von Strom und Gas in der EU. Nun steht eine Reihe von Veränderungen an. Die grundlegend überarbeitete Nachfolgeregelung REMIT II wurde bereits im Frühjahr 2024 veröffentlicht. In der darauffolgenden Konsultationsphase wurden Anregungen aus der Industrie gehört. Die Durchführungsverordnung, die weitere Details zu den erforderlichen Anpassungen konkreter ausformuliert, wird am 8. Mai 2025 folgen. 

Anpassungsbedarf durch REMIT II direkt angehen

Doch große Energieversorgungsunternehmen, Stadtwerke, Rohstoffhandelshäuser, Broker oder energieintensive Industrieunternehmen, die verpflichtet sind, nach den REMIT-Regeln zu melden, sind gut beraten, nicht bis zur Veröffentlichung zu warten. Im Gegenteil: REMIT II wird für zahlreiche Marktteilnehmer einen erheblichen Anpassungsbedarf mit sich bringen. Die nötigen Änderungen sind signifikant und komplex. Um die Herausforderungen bestmöglich zu meistern, ist es sinnvoll, so früh wie möglich mit den Vorbereitungen zu starten. Um eine fristgerechte Umsetzung gewährleisten zu können, lohnt es sich, Unterstützung durch Fachleute in Erwägung zu ziehen – umso mehr, da ein Großteil der Neuerungen bereits feststeht oder sich zumindest sehr konkret ableiten lässt.


 „Es ist wichtig sicherzustellen, dass Verbraucher und andere Marktteilnehmer den Strom- und Gasmärkten vertrauen können, dass die Preise auf den Großhandelsmärkten fair und wettbewerbsfähig durch Angebot und Nachfrage entstehen und dass niemand durch Marktmissbrauch Gewinne erzielt.“


Aus der Einleitung zur REMIT

 

Eingeführt wurde REMIT im Dezember 2011 als Reaktion auf die Finanzkrise der späten 2000er-Jahre. Ziel ist es, Transparenz und Stabilität in Europas Energiemärkten sicherzustellen und die Gefahren von Marktmanipulationen und Insiderhandel im Strom- und Gasmarkt zu adressieren. Unter anderem sind seither bei grundlegenden Ereignissen, die den Markt und damit die Preise beeinflussen, direkte und öffentliche Mitteilungen notwendig, die „Urgent Market Messages“, kurz UMM. Auch Derivate auf Energieprodukte sind von den REMIT-Regelungen betroffen.

„Es ist wichtig sicherzustellen, dass Verbraucher und andere Marktteilnehmer den Strom- und Gasmärkten vertrauen können, dass die Preise auf den Großhandelsmärkten fair und wettbewerbsfähig durch Angebot und Nachfrage entstehen und dass niemand durch Marktmissbrauch Gewinne erzielt“, heißt es in der Einleitung zur ersten REMIT-Fassung.

 

REMIT hat gute Dienste geleistet – jetzt sind Anpassungen nötig

Nach über einem Jahrzehnt sind indes angesichts eines Marktes, der sich schnell bewegt und weiterentwickelt, Anpassungen notwendig. Zuerst veröffentlicht wurden die neuen Regeln im April 2024 und traten de facto am 7. Mai 2024 in Kraft. Hierdurch ergab sich der Handlungsbedarf für die zuständige Behörde Agency for Cooperation of Energy Regulators (ACER), das Regelwerk nun auch entsprechend zu operationalisieren. REMIT II erweitert den Geltungsbereich der ursprünglichen Verordnung, um mehr Transparenz und Effizienz bei der Datenerhebung und Marktüberwachung zu schaffen.

 

Grundlegende Veränderungen betreffen vor allem fünf Bereiche:

  • Künftig rückt der algorithmische Handel in den Blick der Aufseher. Marktteilnehmer, die hier tätig sind, müssen zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um ihre Handelsgeschäfte zu überwachen und ihre Systeme resilient zu machen.
  • Allgemein erweitert REMIT II die Anforderungen an die Überwachung der eigenen sowie fremden Handelsgeschäfte, insbesondere für Personen, die professionell Energiegroßhandelsgeschäfte vermitteln oder selbst ausführen.
  • Angepasst und deutlich erweitert wird ferner der Umfang der Transaktionsberichterstattung. Zu Energieprodukten im Großhandel gehören künftig auch Verträge und Derivate für die Speicherung von Energie. Auch Transaktionen, die aus Day-Ahead oder Intraday-Coupeling resultieren, fallen unter die Regeln, LNG (Flüssiggas) wird explizit aufgenommen und Wasserstoff wird künftig ebenfalls erfasst.
  • Darüber hinaus werden die Ende 2022 im Zuge der drohenden Gasknappheit eingeführten Echtzeit-Meldungen zu Flüssiggastransaktionen unter REMIT II dauerhafter Bestandteil des Transaktionsmeldewesens.
  • Schließlich müssen Marktteilnehmer aus Drittländern künftig einen Vertreter innerhalb der EU benennen und registrieren. Er dient als Ansprechpartner für ACER sowie die zuständigen nationalen Regulierungsbehörden. 

Neue Definitionen und zusätzliche Autorisierungsprozesse für RRMs und IIPs

Zu einem Anpassungsbedarf bei den betroffenen Unternehmen, von Energieversorgern über Broker bis hin zu Energiebörsen, können ferner die geänderten Definitionen von Marktmanipulation und Insiderinformation führen. Auch zusätzliche Autorisierungsverpflichtungen und -verfahren für Registered Reporting Mechanisms (RRM) und Inside Information Platforms (IIP) müssen die Anbieter im Blick behalten.

Die zuständige EU-Behörde ACER erhält weitere Kompetenzen. Sie kann künftig bei grenzüberschreitenden Verdachtsfällen – in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden der betroffenen Länder – selbst tätig werden.
 

Zahlreiche Anpassungen bei Transaktionsmeldungen und UMM

Signifikanter Anpassungsbedarf entsteht auch bei Transaktionsmeldungen und UMM. Gleich in mehrfacher Hinsicht können diese Neuerungen Marktteilnehmer vor Herausforderungen stellen.

So wird die Meldepflicht noch einmal ausgeweitet: Einige bisher nicht meldepflichtige Transaktionen müssen bald ebenfalls regelmäßig berichtet werden. Dazu gehört unter anderem der gesamte Komplex der Energiespeicher. Betroffene Unternehmen, die mit Speicherverträgen zu tun haben, sollten möglichst rasch klären, wo im Unternehmen die für die Meldungen der Transaktionen notwendigen Daten abgelegt sind. Was noch in Papierform erfasst wird, sollte digitalisiert werden. Wichtig ist es auch, die Daten für diese Transaktionsmeldungen zu zentralisieren und stets auf dem aktuellen Stand vorzuhalten.

Bei zahlreichen schon bisher REMIT-relevanten Transaktionen werden zusätzliche Merkmale meldepflichtig. Neue Datenfelder müssen gefüllt werden, teilweise verändert sich dadurch auch die Logik bestehender Datenfelder. Mit Anpassungen in den bestehenden Handels- und Risikomanagementsystemen (C/ETRM) sowie in der Middleware lassen sich diese Veränderungen bereits heute in Teilen vorbereiten. In jedem Fall werden hier weitreichende Änderungen im Zusammenspiel von Prozessen und IT notwendig werden, die eine ausreichende Vorbereitung unabdinglich machen.
 

Nicht zögern – besser die komplexe Umstellung schnellstmöglich angehen

Bei UMM werden künftig potenziell mehr Informationen abgefragt, unter anderem zum der UMM zugrunde liegenden Ereignis und zum durch die Insiderinformationen betroffenen Lastgang. Unweigerlich wird das die Komplexität der Meldungen erhöhen. Anpassungen der Prozesse sowie der Datensammlung und -speicherung werden nötig, um die erforderlichen Informationen fristgerecht bereitzustellen.

Auch wenn eine Reihe von Details für die künftige Durchführung der Verordnung noch offen sind, sollten Unternehmen möglichst rasch mit einer Bestandsaufnahme beginnen. Dabei gilt es festzulegen, in welchen Bereichen das für die bisherige REMIT-Version vorhandene Gerüst ergänzt werden muss und wo Bereiche ganz neu abgedeckt werden. Hier müssen neue Datenquellen identifiziert und Prozesse etabliert werden. 



Auch wenn eine Reihe von Details für die künftige Durchführung der Verordnung noch offen sind, sollten Unternehmen möglichst rasch mit einer Bestandsaufnahme beginnen.



Für die Implementierung eignet sich dann ein breit angelegtes Projekt. Unterschiedliche Fachbereiche müssen dabei eingebunden werden, unter anderem IT, Frontoffice, Backoffice, Compliance sowie das Senior-Management. Sinnvoll kann es sein, dabei auf externe Beratung und spezialisierte Unterstützung zurückzugreifen. Klar ist: Schon heute liegen ausreichend viele Details vor, sodass Unternehmen wertvolle Zeit verlieren, wenn sie die Umsetzung von REMIT II auf die lange Bank schieben. 

Fazit

Mit der Implementierungsverordnung zur REMIT II am 8.Mai 2025 wird die Regulierung von Energieproduktion, -handel und -transport grundlegend überarbeitet. Für betroffene Unternehmen bedeutet das, bestehende Prozesse zu prüfen, anzupassen und relevante Veränderungen vorzunehmen.

Die betroffenen Bereiche, von IT über Compliance und Frontoffice bis zur Unternehmensführung, sollten dabei eng zusammenarbeiten. Die Komplexität der Veränderung und der anspruchsvolle Zeitplan werden sonst rasch unterschätzt. Und wer das Gefühl hat, der Umsetzung von REMIT II nicht oder nicht schnell genug Herr zu werden, sollte auf die Hilfe von Fachleuten zurückgreifen.

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